Gesundheitsministerium: Falsche Angaben zur STIKO-Impfempfehlung für Kinder ab 5 Fahrlässigkeit oder Inkompetenz?

Von Ekaterina Quehl

„Die Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut empfiehlt die Impfung mit einem mRNA-Impfstoff für alle Kinder und Jugendlichen zwischen 5 und 11 Jahren und ab 12 Jahren“, hieß es noch bis vor kurzem auf den Seiten des Bundesgesundheitsministeriums.

Es handelt sich um eine offizielle Meldung der obersten Gesundheitsbehörde im Land, die den Anspruch hat, die Bevölkerung mit zuverlässigen Informationen zur Corona-Erkrankung und zu möglichen Therapien zu versorgen und selbst stets auf Falschmeldungen und Desinformation hinweist. Eine solche Meldung soll demnach als eine Sicherheits-Garantie für diejenigen Eltern dienen, die das Vertrauen in die offiziellen Quellen nicht verloren haben und die ihre kleinen Kinder gegen Corona impfen lassen möchten. Wäre die Meldung falsch, so würden möglicherweise Tausende solcher Eltern ihre Kinder unwissentlich großen gesundheitlichen Risiken aussetzen. 

Doch diese Meldung ist falsch. In der aktuell gültigen Fassung vom 17. Dezember empfiehlt die Ständige Impfkommission nämlich Folgendes:

„Die STIKO empfiehlt allen Kindern und Jugendlichen im Alter von 12-17 Jahren eine COVID-19-Impfung mit dem mRNA-Impfstoff Comirnaty (BioNTech/Pfizer). Zusätzlich empfiehlt die STIKO Kindern im Alter von 5-11 Jahren, die aufgrund von Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der COVID-19-Erkrankung haben, die COVID-19-Impfung mit Comirnaty.“

Mit anderen Worten empfiehlt die STIKO eine Impfung für Kinder ab 5 Jahren nur – und nur mit dem Impfstoff Comirnaty –, wenn sie aufgrund einer möglichen Vorerkrankung einen schweren Corona-Verlauf haben können.

Der Fehler kann so weitreichend sein, dass der STIKO-Chef Thomas Mertens sich sogar öffentlich darüber äußert:

„‚Die Datengrundlage für eine generelle Empfehlung ist im Augenblick aus Sicht der STIKO nicht gegeben.‘ Es gebe wissenschaftlich fundierte Gründe, warum die STIKO keine allgemeine Impfempfehlung für Kinder von fünf bis elf Jahren herausgegeben habe, sondern nur für vorerkrankte Kinder. Es gebe nicht genug Daten über die Sicherheit der Impfstoffe für Kinder“.

Pikant ist, wie das Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage von merkur.de den eigenen Fehler relativiert – als ob es sich um eine Wetterprognose handeln würde, die im Abspann etwas allgemein gehalten und erst weit unten detailliert dargestellt wurde:

„Der Anteasertext auf der Homepage ist möglicherweise etwas ungenau, das schauen wir uns noch einmal an.“

Wegen ihres inkompetenten Umgangs mit Corona-relevanten Informationen ist die Bundesregierung bzw. das Bundesgesundheitsministerium schon häufiger aufgefallen. Unstimmigkeiten bei den Auskünften zu Intensivbetten-Zahlen oder zum Impfstatus von Patienten auf Intensiv-Stationen sind nur jüngste Beispiele. Und nun bei der Empfehlung für Kinder, die verletzlichste Gruppe unserer Gesellschaft, leistet man sich einen fahrlässigen Umgang mit höchst relevanten Informationen und scheint mögliche gravierende Folgen zu ignorieren.

Und die Schluderei geht weiter. Denn nach den Klarstellungen in der Welt.de am 22.12 und im merkur.de am 26.12  hat das Ministerium zwar das Wort „alle“ entfernt, aber immer noch nicht darauf hingewiesen, dass sich die STIKO-Empfehlung auf Kinder mit Vorerkrankungen bezieht. Die teils falsche Meldung bleibt stehen.

 
Merchandising

David gegen Goliath

Namentlich gekennzeichnete Beiträge von anderen Autoren geben immer deren Meinung wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Ekaterina Quehl ist gebürtige St. Petersburgerin, russische Jüdin, und lebt seit über 16 Jahren in Berlin. Pioniergruß, Schuluniform und Samisdat-Bücher gehörten zu ihrem Leben wie Perestroika und Lebensmittelmarken. Ihre Affinität zur deutschen Sprache hat sie bereits als Schulkind entwickelt. Aus dieser heraus weigert sie sich hartnäckig, zu gendern. Mit 27 kam sie nach einem abgeschlossenen Informatik-Studium aus privaten Gründen nach Berlin und arbeitete nach ihrem zweiten Studienabschluss viele Jahre als Übersetzerin, aber auch als Grafik-Designerin. Mittlerweile arbeitet sie für reitschuster.de.

Bild: Shutterstock
Text: eq

Mehr von Ekaterina Quehl auf reitschuster.de