Journalismus lebt von seinen Lesern. Und darum ist es mir immer wieder ein Anliegen, auch Berichte von diesen eins zu eins wiederzugeben. Der folgende Insider-Bericht von Sascha Nachtmann, Chemikant und Ingenieur, hat mich persönlich sehr beeindruckt – nüchtern schildert der 1995 Geborene darin seine Erlebnisse im deutschen Universitätsalltag. Sie lesen sich wie aus einem absurden Roman, man möchte gleichzeitig lachen und heulen. Hier der ungekürzte Text von Sascha Nachtmann:
Wie bereits in Aldous Huxleys Roman Schöne neue Welt kommen immer mehr die Fassaden eines Kastensystems auf, in denen speziell junge Menschen aus eher ärmeren Verhältnissen keine Stimme oder Chance mehr bekommen.
Es ist geschafft! Damit bin ich der erste in meiner Familie mit einem abgeschlossenen Studium und das, obwohl mich die Studienberatung aufgrund von finanziellen Aspekten davon abhalten wollte, – ich habe trotz rechtlicher Grauzonen in meinem Vollzeitberuf weitergearbeitet. Viel wichtiger ist aber die Tatsache, wieder meine eingeschränkte Meinung wiedergeben zu können. Man kann sich nämlich gut denken, dass in einem umwelttechnischen Studiengang eine politische und ideologische Herangehensweise inzwischen zum Alltag wird. Dies wird aber nicht nur von den Professoren vorgelebt, sondern auch von den Studierenden, mehrheitlich aus Akademikerhaushalten, umgesetzt (21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW) veröffentlicht | ArbeiterKind.de), welche sich in ihrem Leben wahrscheinlich nie Gedanken machen mussten, wie sie ihre Miete noch bezahlen können.
Im Studium zeigt es sich am ehesten, dass die gesellschaftliche Pluralität unerwünscht ist und zu einem Einheitsbrei konditioniert werden soll. Transformation heißt hierbei das schöne Wort, welches aber eher an den Pawlowschen Hund erinnert.
Wir, diejenigen die nicht aus einem privilegierten Elternhaus stammen, mussten uns dabei von Anfang an auf einen rauen Wind einstellen. Man versuchte, uns wie auch an anderen Universitäten das Gendern einzutrichtern. Selbst meine Kommilitonen haben am Tag einer Klausur meine Präsentationsfolien nachgegendert, aus Angst, eine schlechtere Gruppennote zu bekommen. Meine wissenschaftliche Arbeit und Meinung über Atomkraft haben zu einer schlechteren Bewertung und einem diffamierenden Feedback meines Professors geführt. Auch politische Aussagen durfte ich mir von einzelnen Professoren anhören – ein Trauerspiel. Der Campusalltag war meist von kleinen Nickeligkeiten geprägt, sofern man nicht der richtigen Meinung war. Themen wie Fleischverzicht, Mobilität, erneuerbare Energien waren der absolute Hit, solang man nicht kontroverse Diskussionen startete.
Das größte Kopfschütteln meinerseits passierte allerdings in meinem letzten Modul. Hierbei ging es gezielt um das Thema Nachhaltigkeit und es zeigte einmal mehr, wie realitätsfern und von oben herab Kommilitonen und Gastautoren ihre Themen präsentierten. Natürlich gab es auch Meinungsverschiedenheiten, jedoch zeigte es sich auch hier, dass man seine eigenen Standpunkte im Sinne der Wissenschaft und Leistungsbewertung auch gerne mal vergräbt.
Es wurde von Empathie für die Welt gesprochen, aber der normale Handwerker, Friseur oder auch Schichtarbeiter soll verzichten und „gezwungen werden“, nachhaltiger zu agieren.
Wer sich kein Elektroauto leisten kann, soll zu Fuß gehen, – wer sich keine nachhaltige Kleidung leisten kann, soll seine alte „vergammelte Kleidung“ weitertragen, da Kleidung ja nur ein Statussymbol ist. Fleisch soll unbezahlbar für den kleinen Mann werden, da es ja nicht anderweitig geht. Auch fünf Minuten lang duschen muss für jeden ausreichen. Ein Schlag ins Gesicht für jeden Menschen, der verdreckt und verschwitzt aus der Arbeit kommt.
Egal, ob Industriemechaniker, Informatiker, Maschinenbautechniker, Einzelhandelskauffrau, Postbote, Maurer oder Krankenschwester, – viele von uns haben eins gemeinsam: Wohlstand ist ohne großes Erbe selbst mit harter Arbeit ein kaum noch erreichbares Ziel in diesem Land. Speziell, wenn man mit der eigenen Meinung gegen die Politik ist, – wir werden gezwungen uns anzupassen, zu verzichten, unser kleines Freizeitgeld im Sinne des Klimas für teure Energiepreise aufzuheben und geben gerne bessere Jobs an eines der 100 neuen Geschlechter ab.
Wir fahren gerne vier Stunden mit dem Zug täglich zur Arbeit, da uns eh kein Geld mehr übrig bleibt, um Freizeitaktivitäten nachzugehen. Wir versuchen uns auf härteren Wegen weiterzubilden, um zumindest ein kleines Stück Kuchen abzubekommen. Wir sind die Fachkräfte, die Deutschland doch so dringend benötigt, aber wir sind schweigsam, still, aufgearbeitet und im Falle von mir auch bereit, dieses Land zu verlassen.
Selbst wenn wir uns äußern, werden wir nicht gehört und wenn wir gefragt werden, trauen wir uns nicht mehr, unsere Meinung zu sagen. Die öffentlich-rechtlichen Medien sind hierbei das Werkzeug, welches die Mehrheitsmeinung durch „Experten“ bestätigen lässt oder durch Umfragen dem Volk weismachen will, was die Mehrheit denkt – ein Mix aus Milgram und Konformitätsexperiment von Asch. Dabei geht unsere Stimme komplett verloren. Wer weiß, ob wir in Deutschland nochmal aufwachen.
Hier mein aktueller Livestream:Endlich einmal gute Neuigkeiten – ausgerechnet von Facebook und YouTube
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Sascha Nachtmann (Jahrgang 1995), ist gelernter Chemikant und Ingenieur. Er ist ein „großer Kritiker der deutschen Politik“ und sieht „die grüne, linksliberale Ausrichtung als das Fundament für die Zerstörung des deutschen Wohlstandes“.
Bild: ShutterstockText: Gast