Können Hersteller für Impfschäden jetzt doch haftbar gemacht werden? Klage gegen Astrazeneca

Von Kai Rebmann

Carlos A. Gebauer ist Jurist, Buchautor und Mitglied der FDP. Im Gespräch mit Boris Reitschuster wies der Liberale erst vor wenigen Wochen auf einen Umstand hin, der die hundertfach vor deutschen Gerichten angestrengten Zivilklagen auf Entschädigung wegen eines erlittenen Impfschadens in eine ganz neue Richtung lenken könnte. Gebauer deutete in diesem Video-Interview an, dass die behandelnden Ärzte – zumindest fallweise – unzureichend oder gar nicht über mögliche Risiken und Nebenwirkungen aufgeklärt haben könnten.

Doch jetzt könnte auch den Herstellern dieser Stoffe neues Ungemach drohen. Und zwar aus genau den Gründen, die der FDP-Politiker bereits genannt hatte. Vor dem Oberlandesgericht Bamberg wird aktuell die Berufung einer Klägerin verhandelt, die von Astrazeneca Schmerzensgeld und Schadensersatz in Höhe bis zu 600.000 Euro verlangt.

In erster Instanz hat das Landgericht Hof diese Forderung noch zurückgewiesen. Die Richter in Bamberg scheinen den Fall nun aber zumindest in Teilen anders zu bewerten. Anstatt der Frage, ob der Impfstoff „fehlerhaft“ war oder ist, stellt das Gericht in einem sogenannten Hinweisbeschluss einen anderen Aspekt in den Mittelpunkt. Das Fachportal „LTO“ zitiert daraus wie folgt: „Der Senat geht derzeit davon aus, dass die Klägerin nicht mit dem Impfstoff der Beklagten geimpft worden wäre, wenn das Risiko einer Darmvenenthrombose in der Fachinformation der Beklagten dargestellt gewesen wäre.“

Impfschaden bereits offiziell anerkannt

Die Vorgeschichte: Ramona Klüglein bekam im März 2021 das Präparat aus dem Hause Astrazeneca injiziert. Kurz darauf erlitt die Klägerin eine Darmvenenthrombose, fiel ins Koma und musste sich drei Meter Darm entfernen lassen. Ihr Anwalt Volker Loeschner machte in der ARD geltend, dass Astrazeneca vor der sogenannten Impfung „unzureichend über die damit verbundenen Risiken aufgeklärt“ habe, was das Unternehmen nach Ansicht des Juristen aber hätte tun müssen.

Mein Lesetipp

Eine Einschätzung, die jetzt offenbar auch das Oberlandesgericht Bamberg teilt, was die Chancen der Klägerin zumindest nicht schmälern dürfte. Darüber hinaus wurde Klügleins Fall von der zuständigen Stelle, dem „Zentrum Bayern Familie und Soziales“ bereits offiziell als Impfschaden anerkannt. Die Richter in Bamberg bejahen ebenfalls, dass „die Impfung kausal für die Gesundheitsschäden war“, wie „LTO“ schreibt.

Eine gemähte Wiese also für Ramona Klüglein und ihren Anwalt? Nicht ganz, denn die entscheidende Frage lautet für die Richter, „ob eine Darstellung in der Fachinformation nach dem damaligen wissenschaftlichen Stand geboten war.“

STIKO und EMA mit teils widersprüchlichen Empfehlungen

Konnte – oder musste – Astrazeneca bereits im März 2021 von dem Risiko einer Darmvenenthrombose mit potenziell tödlichem Ausgang wissen? Diese für den Fortgang des Verfahrens ganz wesentliche Frage soll nun durch ein Gutachten von Sachverständigen geklärt werden. „LTO“ geht davon aus, dass dabei auch die zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Empfehlungen der STIKO und EMA eine gewisse Relevanz haben werden.

„Noch einen Tag, nachdem Klüglein geimpft worden war, kam die EMA zu dem Schluss, dass Thrombosen unter geimpften Personen nicht häufiger aufträten als in der Gesamtpopulation“, heißt es in dem Bericht. Eine Fehleinschätzung, wie schon kurz darauf klar wurde. Darüber hinaus habe die STIKO die Impfung mit dem Vakzin auch dann noch empfohlen, als „vorliegende Daten zu den thromboembolischen Ereignissen“ bereits auf ein „Sicherheitssignal“ hinwiesen. In einer Mitteilung vom 19. März 2021 sei die vorliegende Evidenz als „derzeit begrenzt“ bezeichnet worden.

Trotzdem vergingen noch weitere Wochen, ehe die STIKO Anfang April ihre Einschätzung änderte und die Astrazeneca-Impfung nur noch für Personen über 60 Jahre empfahl. Die EMA ihrerseits hielt an der uneingeschränkten Empfehlung fest, riet den Herstellern aber dazu, „das Risiko von ungewöhnlichen Blutgerinnseln in Verbindung mit Thrombozytopenie als eine sehr seltene Nebenwirkung aufzuführen“.

Gericht sieht positives Risiko-Nutzen-Profil

Unter Würdigung aller für und gegen die Argumente der Klägerin sprechenden Punkte macht das Oberlandesgericht Bamberg keinen Hehl daraus, dass der gesamtgesellschaftliche Nutzen der Impfung seiner Meinung nach das damit verbundene individuelle Risiko überwiege.

Mit anderen Worten: Es ist – zumindest im vorliegenden Fall – hinzunehmen, dass die Impfung im Einzelfall einen tödlichen Ausgang nimmt. Die Kollegen übersetzen das juristische Fach-Chinesisch der Richter in Bamberg so: „Weil der Impfstoff so wirksam zur Bekämpfung der Pandemie war, sind eben auch derart schwere Folgen hinzunehmen.“

Rechtsanwalt Volker Loeschner bescheinigt dem vorliegenden Hinweisbeschluss aus Bamberg aber schon jetzt eine gewisse Signalwirkung: Gerichte könnten künftig auch in ähnlich gelagerten Fällen nicht mehr ohne Gutachten entscheiden, so die Einschätzung des Juristen. Für das Oberlandesgericht Bamberg wird es bei der Urteilsfindung vor allem um diese Frage gehen: Wurde die Patientin vor der Impfung hinreichend informiert?

„LTO“ merkt an, dass Astrazeneca eine Übernahme der Haftung bislang ebenso strikt ablehne wie einen Vergleich. Dies kann jedoch kaum überraschen, da sich die Hersteller in Bezug auf etwaige Forderungen nach Schmerzensgeld und/oder Schadensersatz bisher in Sicherheit wiegen und auf den Staat als möglichen Zahlmeister verweisen konnten. Warum also sollte man sich ohne Not vergleichen und damit den Eindruck eines auch nur teilweisen Schuldeingeständnisses erwecken?

Ob die entsprechenden Klauseln in den Beschaffungsverträgen, die ferner auch die Übernahme aller anfallenden Prozess- und Verfahrenskosten durch den Staat vorsehen, aber auch bei nachweislich unterlassener Aufklärung durch die Hersteller greifen, ist eine bisher noch wenig diskutierte Frage.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Tobias Arhelger/Shutterstock

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