Von Josef Kraus
Die SPD von Mecklenburg-Vorpommern strebt nach der Landtagswahl vom 26. September (sie hatte am gleichen Tag wie die Bundestagswahl stattgefunden) eine Koalition mit der „Linken“ an. Das Merkel-Stammland wird damit erstmals seit November 2006 nicht mehr von einer SPD/CDU-Koalition regiert, sondern dunkelrot. Eine CDU-geführte Landesregierung gab es ohnehin schon lange nicht mehr, eine solche war von 1990 bis 1998 installiert gewesen. Erfahrung hat die SPD mit einem dunkelroten Koalitionspartner 1998 bis 2006 sammeln können. Damals hieß die „Linke“ noch PDS.
Nun also macht die seit 2017 amtierende und demnächst wieder amtierende Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD, Jahrgang 1974) einen Salto mortale zurück in DDR-nostalgische Zeiten. Soeben hat sie angekündigt, mit der Linkspartei koalieren zu wollen. Sie hatte für die SPD 39,6 Prozent und damit 34 Landtagssitze eingefahren. Für eine Fortsetzung der SPD/CDU-Regierung hätte es locker gereicht. Die CDU hatte mit 13,3 zwar ein miserables Ergebnis eingefahren, damit aber immer noch mehr Wähler hinter sich scharen können als die Linkspartei mit 9,9 Prozent. Schwesig will also lieber mit 43 Abgeordneten der SPD und der Linkspartei regieren als mit 46 Abgeordneten der SPD und der CDU. Die Mehrheit im Landtag beginnt mit 40 von 79 Sitzen.
Warum tut sie das? Und das auch noch mit einem geschlossenen Votum ihrer SPD-Gremien? Weil es, wie Frau Schwesig sagt, mit der Linken größere Gemeinsamkeiten gebe als mit der CDU. Mit der Linken könne man das Land „stabil und verlässlich“ voranbringen, so Schwesig. Zum Beispiel mit einer Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre, mit neuen Lehrerstellen, mit einem kostenlosen Seniorenticket, neuen Jobs in der Industrie und dem Ausbau erneuerbarer Energien.
Ist das der wahre Grund? Wohl kaum. Denn Manuela Schwesig ist in der Wolle rot gefärbt. Sie hat keinerlei Berührungsängste gegenüber der namentlich mehrfach gehäuteten Nachfolgepartei der SED. Und sie hat auch keinerlei Scheu, selbst Linksextremismus zu bagatellisieren. Im Juni 2014 meinte sie etwa als Familienministerin (eines Merkel-Kabinetts), der Linksextremismus sei ein „aufgebauschtes Problem“. Bereits im Juni 2014 hatte sie die sogenannte Extremismusklausel ihrer Vorgängerministerin Kristina Schröder (CDU) abgeschafft. Mit dieser – dann von Manuela Schwesig gekappten – Klausel war allen Stiftungen und Vereinen, die Gelder für den Kampf gegen politischen Extremismus beantragt hatten, auferlegt worden, dass sie sich schriftlich zum Grundgesetz bekennen. Ab 2014 war das nicht mehr notwendig. Kommentar überflüssig!
Das ließ damals schon tief blicken. Aber Manuela Schwesig scheint politisch und medial über aller Kritik zu stehen: damals und heute. Selbst gegnerische Parteien und zumal die arrivierten Medien schonen sie, ja machen aus ihr eine Sympathieträgerin. Gegen eine Frau, die telegen aufzutreten vermag, die zweifache Mutter ist und die ihre Krebserkrankung inkl. Heilung öffentlich gemacht hat, sind alle Beißhemmungen intakt.
Und wenn es nicht noch ein gewaltiges Beben in diesem unserem Lande gibt, wird die Linkspartei trotz der dürftigen 4,9 Prozent von der Bundestagswahl zukünftig nicht nur in drei, sondern in vier Landesregierungen sitzen: sehr wahrscheinlich wieder in Berlin, in Bremen und in Thüringen ohnehin (dort führend), nun auch wieder in Mecklenburg-Vorpommern.
Da haben ja all jene, die sich im politisch-medialen Komplex bei der Bundestagswahl eine Mehrheit für Rot-Dunkelrot-Grün erhofft hatten, ein Trostpflaster. Das wird die SPDisten Olaf Scholz, Saskia Esken und alle Kevin-Kühnert-Jusos sehr freuen. Denn wieder einmal wächst zusammen, diesmal erneut freiwillig, was offenbar zusammengehören will.
Josef Kraus (*1949), Oberstudiendirektor a.D., Dipl.-Psychologe, 1987 bis 2017 ehrenamtlicher Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, 1991 bis 2013 Mitglied im Beirat für Fragen der Inneren Führung beim Bundesminister der Verteidigung; Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande (2009), Träger des Deutschen Sprachpreises 2018; Buchautor, Publizist; Buchtitel u.a. „Helikoptereltern“ (2013, auf der Spiegel-Bestsellerliste), „Wie man eine Bildungsnation an die Wand fährt“ (2017), „Sternstunden deutscher Sprache“ (2018; herausgegeben zusammen mit Walter Krämer), „50 Jahre Umerziehung – Die 68 und ihre Hinterlassenschaften“ (2018), „Nicht einmal bedingt abwehrbereit – Die Bundeswehr zwischen Elitetruppe und Reformruine“ (2019, zusammen mit Richard Drexl)
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Text: Gast