Von Kai Rebmann
Berlin kommt einfach nicht mehr aus den Schlagzeilen. Nachdem auch die Wahlwiederholung in der Hauptstadt mehr schlecht als recht geklappt hat, wurde der schier endlos erscheinenden Liste der Pleiten, Pech und Pannen jetzt ein weiteres unrühmliches Kapitel hinzugefügt. Seit vergangenem Mittwoch befindet sich der Sexualstraftäter und Totschläger Hans-Joachim F. auf der Flucht. Der 64-Jährige hatte eine 21-jährige Frau und ein elfjähriges Mädchen missbraucht und eine weitere Frau getötet, weshalb er zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt worden war. Seit dem Ende seiner Haftzeit im Jahr 2017 sitzt der als „Sadist von Nauen“ in Sicherheitsverwahrung – oder besser gesagt saß, bis vergangenen Mittwoch eben.
Untergebracht war Hans-Joachim F. zwar in Brandenburg an der Havel, entkommen ist er jetzt aber in Berlin, der Hauptstadt des Grauens. Den Angaben des Justizministeriums zufolge soll der Vergewaltiger während eines Toilettengangs im Europa-Center am Breitscheidplatz in unmittelbarer Nähe der Gedächtniskirche in Charlottenburg getürmt sein. Die umgehende Einleitung einer Fahndung sowie weiterer „polizeilicher Maßnahmen“ blieben bisher erfolglos. Von dem als Gefahr für die Bevölkerung eingestuften Sexualstraftäter fehlt weiterhin jede Spur.
Ermittlungen gegen Bewacher
Die Polizei setzt bei der Suche nach Hans-Joachim F. inzwischen auf die Mithilfe der Öffentlichkeit. Als auffälligste Merkmale des Brillenträgers nennen die Behörden eine Stirnglatze sowie ein „deformiertes Ohr“. Am Tag seines Verschwindens habe der Gesuchte eine blaue Hose, einen grünen Pullover sowie eine graue Jacke getragen. Hans-Joachim F. sei 167 cm groß, von „schlanker Gestalt“ und habe „seitlich kurze blonde Haare“, wie es in der offiziellen Personenbeschreibung heißt.
Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Das Justizministerium Brandenburg teilt dazu mit, dass dem Insassen im Rahmen seiner Sicherungsverwahrung „mindestens vier Ausführungen pro Jahr“ zugestanden hätten. Diese seien in der Vergangenheit allesamt ohne Zwischenfälle verlaufen. Das Bundesverfassungsgericht habe im Jahr 2011 in einem allgemein gehaltenen Urteil entschieden, „dass Ausführungen nur dann unterbleiben können, wenn sie trotz der Beaufsichtigung des Untergebrachten zu schlechthin unverantwortbaren Gefahren führen“, so das Ministerium weiter.
Solche Gefahren wurden bei dem jetzt Flüchtigen offenbar nicht gesehen. Vielmehr sei im vorliegenden Fall ein „kriminalprognostisches Gutachten eines externen Sachverständigen“ zu dem Schluss gekommen, dass es „keine Bedenken gegen Ausgänge in Begleitung von Vollzugsbediensteten“ gebe.
So kann man sich täuschen. Am vergangenen Mittwoch sei Hans-Joachim F. von seinen Begleitern „für kurze Zeit aus den Augen gelassen“ worden. Diese Gelegenheit nutzte der „Sadist von Nauen“ gegen 13:15 Uhr dann offenbar zur Flucht. Gegen die beiden Justizbediensteten seien inzwischen „dienst- und arbeitsrechtliche Schritte“ eingeleitet worden, wie das Justizministerium mitteilt.
Und täglich grüßt das Murmeltier
Der subjektive Eindruck mag täuschen, aber gefühlt vergeht kaum mehr eine Woche, ohne dass irgendwo in Deutschland einem wegen Kapitaldelikten verurteilten Straftäter die Flucht gelingt – oder diese aus formalen Gründen ganz offiziell in die Freiheit entlassen werden. Als wären diese Symptome eines in sich erodierenden Justizapparates nicht schon schlimm genug, scheinen auch die Maßstäbe der einst unabhängigen Justitia immer weiter aus dem Lot zu geraten.
Während Mörder, Vergewaltiger und Kinderschänder oft schon nach wenigen Jahren wieder frei kommen – oder von vorneherein auf Bewährung davonkommen – wird Querdenken-Gründer Michael Ballweg ohne Prozess und Chance auf ein faires Verfahren über Monate hinweg hinter Schloss und Riegel gehalten. Diese Zustände erinnern an lang zurückliegende Zeiten und (scheinbar) weit entfernte Systeme. Und sie werfen die Frage auf: Wie groß muss in diesem Land die Angst vor diesen regierungskritischen Geistern und ihrer Meinung sein?
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog. Bild: ShutterstockMehr von Kai Rebmann auf reitschuster.de