Es sind Nachrichten, da fällt man fast vom Stuhl: Neben den Jüngeren haben vor allem die Alten massiv unter der Corona-Politik gelitten. Faktische Isolation und Vereinsamung in den Heimen waren dabei nur die Spitze des Eisbergs. Das Leiden traf die Menschen, die mit ihrer Lebensleistung den Wohlstand geschaffen haben, von dem wir heute zehren und den die linksgrünen Kulturkrieger gerade gegen die Wand fahren. Ausgerechnet diese Generation muss nun weiter leiden. Im konkreten Fall im Elmshorner Senioren- und Pflegeheim „Haus Thomsen“.
Kaffeemaschine – verboten. Ventilator – untersagt. Auch Eierkocher, Wasserkocher und Kühlschränke dürfen die Bewohner auf ihren Zimmern ab dem 1. September nicht mehr benutzen. Das hat die Heimleitung angeordnet. Begründung: Die Einrichtung will in der Krise Strom sparen. Und um dieses Ziel zu erreichen, greifen die Verantwortlichen knallhart durch“, schreibt der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (SHZ) in einem Artikel, der leider hinter einer Bezahlschranke versteckt ist. Damit können ihn nur sehr wenige Menschen lesen – obwohl er eigentlich Pflichtlektüre für Sie sein sollte. Ein aufmerksamer Leser hat ihn mir zugeschickt – wofür ich ganz herzlich danke.
„Wir werden zum 28. August alle genannten Geräte Stromfresser – einsammeln und einlagern oder an die Angehörigen zur Verwahrung geben“, heißt es in einem Schreiben von Heimleiter Burkhard Herrmann. Pikanterweise formiert das Heim im Internet unter „Pfege familiär“; es rühmt sich eines „familiären Umgangs“ mit den Bewohnern.
Gebühren sollen abschrecken
In diesem Brief lässt „der Heimleiter keinen Zweifel daran aufkommen, dass er sein Elektrogeräte-Verbot auch gegen Widerstände von Bewohnern oder Angehörigen durchsetzen werde. So droht er damit, bei fehlender Unterstützung beim Amt für Soziales monatliche Nutzungsgebühren für die verbotenen Geräte zu beantragen – in Höhe von 30 bis 60 Euro pro Gerät im Monat“, heißt es in dem SHZ-Bericht. „Herrmanns Argument in dem Info-Brief: ‘Ja, die Gebühren sollen abschrecken, weil die egoistische Nutzung von Zusatzgeräten die Heimkostenerhöhung Dritter nach sich zieht, unsolidarisch ist und die Gesamtanstrengungen der Gesellschaft hinsichtlich Energieeinsparung ignoriert.“
Dem Text zufolge sollen maximal zehn Bewohner Zusatzgeräte nutzen – und sich damit, so die Heimleitung, unsolidarisch verhalten. Weil die Stromkosten auf alle Bewohner umgelegt werden. TV-Geräte, Computer, Radios und Telefone dürfen die Insassen – sorry, ich meinte natürlich Bewohner, aber es ist ein Freudscher Verschreiber – behalten. Wie großzügig.
Nach der Anfrage durch den SHZ rudert die Heimleitung jetzt zurück. Auf einmal ist nur noch von einem Appell die Rede, von einer „Bitte“ und von Einzelgesprächen. In dem Brief klang das noch ganz anders. Und auch so kann der soziale Druck auf die alten Menschen massiv werden.
Recht auf ein selbst bestimmtes Leben
„Stromsparen auf Kosten von pflegebedürftigen Menschen: Das ist perfide, abscheulich und verachtenswert. Dieses Elmshorner Pflegeheim verletzt die Würde der Senioren. Es nimmt ihnen nicht nur Wasserkocher und Kaffeemaschine. Es nimmt ihnen das Recht auf ein selbst bestimmtes Leben, auf eigene Entscheidungen, auf ein wichtiges Stück Freiheit und Individualität. Es nimmt ihnen ihr Eigentum weg. Damit das Haus am Ende ein paar Euro bei den Energiekosten einsparen kann – bei 10 Bewohnern. Unfassbar“, schreibt der Kollege Christian Bramesberger in einem Kommentar für den SHZ, der zeigt, dass es auch in den großen Medien noch gute journalistische Arbeit gibt. „So verachtenswert wie das Elektrogeräte-Verbot ist der Umgang mit den Bewohnern und Angehörigen. Die werden erpresst und beschimpft, als egoistisch und unsolidarisch gebrandmarkt, wenn sie den Stromsparkurs der Heimleitung nicht unterstützen. Unfassbar.“
Genau das ist es. Und es zeigt, wie stark der Hang zum Fanatismus im BeDaZ („besten Deutschland aller Zeiten“) ist. Ob das die Corona-Maßnahmen waren, wo die Übertreibungen und der Eifer hierzulande viele Menschen im Ausland unglaublich zurücklassen. Oder nun eben eine ähnliche unheimliche Energie, ein Hang zum Fanatismus, wenn es um Energiesparen geht. Ideologie und die von dieser geprägte „Energiewende“ haben Vorrang. Auch wenn bereits offensichtlich ist, dass sie gescheitert sind – man bleibt an seinem (Irr-)Glauben hängen ohne Rücksicht auf Verluste.
PS: Zu erreichen ist das Heim unter 04121-47770 oder per E-Mail: [email protected]
Bild: ShutterstockText: br
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