Von Kai Rebmann
Bereits vor gut einer Woche kam bei reitschuster.de exklusiv ein Insider zu Wort, der über die allgemeinen Missstände bei der Berliner Feuerwehr auspackte. Dieser Weckruf ist offenbar auch bei einigen unserer Kollegen im Mainstream nicht ungehört geblieben. Am Tag vor Heiligabend veröffentlichten „Tagesspiegel“ und „Focus“ ein gemeinsames Interview mit Manuel Barth, in welchem der Feuerwehr-Gewerkschafter in dieselbe Kerbe schlägt.
Barth nimmt dabei kein Blatt vor den Mund, wirft Innenministerin Nancy Faeser (SPD) unter anderem Tatenlosigkeit und falsche Prioritätensetzung vor und beschreibt, mit welchen Szenarien Polizei und Feuerwehr in Berlin zum Jahreswechsel wohl rechnen müssen.
Nach den bürgerkriegsähnlichen Bildern aus dem Vorjahr wurde seitens der Politik viel versprochen. Doch geschehen ist offenbar wenig bis nichts. Manuel Barth sagt, dass „zehn, elf Monate verplempert“ worden seien, in denen man sich hätte vorbereiten können: „Erst 16 Tage vor Silvester gab uns die Polizei Handlungsempfehlungen zu Gefahrenlagen, worauf wir bei der Anfahrt achten müssen, auf Rückzugsmöglichkeiten, wo man abdrehen und wenden kann.“ Entsprechende Trainings oder Übungseinsätze habe es aber bis heute nicht gegeben, klagt der Gewerkschafter.
‚Machen ist wie Sagen – nur viel cooler‘
Und Nancy Faeser? Hatte die Innenministerin nach den bürgerkriegsähnlichen Zuständen nicht ein konsequentes Handeln der Politik angekündigt? Auf die medienwirksamen Bilder der SPD-Politiker bei einem Besuch in der Feuerwache Neukölln angesprochen, reagiert der Floriansjünger mit Sarkasmus: „Sich mit der Feuerwehr fotografieren zu lassen, ist wie mit Welpen, es sieht schön aus.“
Apropos Neukölln: Faesers ganz aktuelle Warnung, der Nahostkonflikt könne die Situation an Silvester gegenüber dem Vorjahr noch einmal verschärfen, sieht Barth sehr kritisch. „Das strahlt doch aus“, befürchtet der Feuerwehrmann und wirft Faeser vor, mit solchen Aussagen „die Lunte anzuzünden“.
Statt jetzt vorhersehbare Szenarien an die Wand zu malen, nur um nachher sagen zu können, man habe ja davor gewarnt, ist wohl nicht nur aus Sicht der Gewerkschaft deutlich zu wenig. Die Frage sei vielmehr, was in den letzten 12 Monaten getan worden sei. Und dabei stellt Barth der Innenministerin kein gutes Zeugnis aus: „Machen ist wie Sagen, nur viel cooler. Es wurde aus Kostengründen nicht einmal geschafft, Gehörschutz zu besorgen.“
Auch bei der strengeren Regulierung des Verkaufs insbesondere von Schreckschusspistolen ist es lediglich bei Ankündigungen geblieben. Faeser habe eine Erlaubnis einführen wollen, stattdessen seien diese Waffen weiter frei verkäuflich, klagt Barth.
Darüber hinaus plädiert die Gewerkschaft für eine Obergrenze für den Böllerverkauf, ohne diese jedoch genau zu definieren. Nur so wie bisher soll es nach dem Willen der Feuerwehr nicht weitergehen: „Jeder Depp kann sich den Kofferraum vollladen“, kritisiert Barth und verweist auf das Jahr 2020, als es dem Staat wichtig erschienen war, den Kauf von Klopapier zu rationieren.
Rettungsdienst im Ausnahmezustand
Traurig, aber wahr: Wer sich auf die politisch Verantwortlichen verlässt, der ist im „besten Deutschland aller Zeiten“ und seiner Hauptstadt offenbar verlassen. Und so bleibt Manuel Barth und seinen Kollegen zu Silvester in Berlin nur noch die Hilfe von oben: „Ich hoffe, dass es Hunde und Katzen regnet. Bei schlechtem Wetter ist weniger los. Die Angst vor der Eskalation ist groß.“
Tatsächlich bereiten sich Polizei und Feuerwehr auf den wohl größten Silvester-Einsatz der vergangenen Jahrzehnte vor. Intern soll von „häuserkampfähnlichen Szenen“ die Rede sein, Innenministerin Faeser erwartet eigenen Angaben zufolge „sinnlose Gewalt“ und „blinde Wut“ auf die Einsatzkräfte in Berlin zukommen.
Die sind dafür aber denkbar schlecht ausgerüstet, wie sowohl unser jüngster Insider-Bericht als auch Manuel Barth offenlegen. So muss die Berliner Feuerwehr immer öfter auch einfache Kranken- oder Rettungstransporte übernehmen, da die Hilfsorganisationen (Malteser, ASB etc.) „mit weniger Rettungswagen am Start“ seien.
Allein im Jahr 2023 habe sich das auf rund 17.000 zusätzliche Einsätze summiert, wie Barth vorrechnet: „Wir haben überalterte, kaputte Autos, Reparaturen sind fällig, aber wir finden keine Werkstätten, kein Personal.“
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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