Von Kai Rebmann
Die Nachricht schlug in Bremen ein wie eine Bombe: In den Kitas der Hansestadt sollen künftig auch ungelernte Hilfskräfte zum Einsatz kommen und zwar dauerhaft und zeitlich unbefristet. Wie um die ganze Absurdität ihrer Pläne zu unterstreichen, brachte Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) exemplarisch Musiker und Gärtner ins Spiel, denen Eltern ihre Kinder anvertrauen sollen.
Im Kern sieht der Entwurf eine Absenkung der Regelbetreuung durch pädagogisch voll ausgebildete Erzieherinnen auf nur noch vier Stunden pro Tag vor. Der Rest soll durch Quereinsteiger abgedeckt werden, die „außer einem polizeilichen Führungszeugnis“ über keinerlei Qualifikation verfügen, wie selbst Miriam Strunge (Linke) vom Koalitionspartner der SPD gegenüber dem „Weser.Kurier“ moniert.
Dieses Statement belegt, dass es sich bei dem Vorstoß von Aulepp offenkundig um einen Alleingang handelt, der im Vorfeld weder innerhalb der eigenen Regierung abgesprochen war, noch die zuständigen Fachverbände vorher angehört wurden. Die reagieren nämlich verärgert bis empört auf die Pläne aus Bremen.
Kita-Fachkräfteverband geht auf die Barrikaden
Der Kita-Fachkräfteverband Niedersachsen-Bremen e.V. stellt in einer Pressemitteilung zunächst klar: „Kinder werden nicht nur 4 Stunden am Tag, sondern im Durchschnitt 6 bis 8 Stunden pro Tag in einer Fremdbetreuung untergebracht. Die Eltern geben uns ihr bestes Gut und möchten auch verstanden wissen, dass dieses nicht nur gut betreut, sondern auch gefördert wird.“
Sascha Aulepp möchte allem Anschein nach ein in Niedersachsen schon seit einiger Zeit praktiziertes Modell auf Bremen ummünzen. Dieses wird dort aber ganz anders umgesetzt, wie es jetzt im Stadtstaat geplant ist, worauf auch der Fachkräfteverband hinweist:
Zur Entlastung der pädagogischen Fachkräfte gebe es dort in den Kitas bereits eine Deckelung der Randzeiten mit zwei pädagogischen Assistenzkräften. Darüber hinaus kämen im Nachbarland in Ausnahmefällen, etwa bei hohen Krankenständen des Fachpersonals, auch „geeignete Personen“ als Hilfskräfte zum Einsatz. Dies erfolge aber, und anders als in Bremen jetzt geplant, „nicht standardisiert“ und „zeitlich begrenzt“.
Klar sei dabei aber auch: das Niedersachsen-Modell könne angesichts der „momentanen Situation“ zwar als „gerechtfertigt“ angesehen werden, dürfe aber gleichzeitig nur eine „notgedrungene temporäre Übergangslösung“ darstellen, die unter Inkaufnahme von Qualitätsverlusten in der frühkindlichen Bildung einhergehe.
Bildungspolitik seit Jahren im Würgegriff rot-grüner Ideologen
Weiter müssen sich die Senatorin und ihre SPD den Vorwurf gefallen lassen, dem wahrlich nicht neuen Fachkräftemangel insbesondere im Kita-Bereich viel zu lange mehr oder weniger taten- und planlos zugesehen zu haben. „Es wurde jahrelang versäumt, eine Ausbildungsoffensive seitens der Landesregierung auf den Weg zu bringen“, lamentiert der Fachverband in seiner Mitteilung.
Zur Erinnerung: Bremen wird seit dem Jahr 2007 durchgehend von Rot-Grün regiert, seit der Bürgerschaftswahl 2019 sitzen auch die Linken noch mit auf der Regierungsbank.
Anstatt jetzt Gärtner und Musiker dauerhaft mit der Betreuung und Förderung von Kindern zu betrauen, braucht es nach Ansicht des Fachverbands den Ausbau und die Erweiterung der Finanzierung von Plätzen für eine praxisintegrierte Ausbildung. In eben diese Kerbe haut auch der FDP-Bildungspolitiker Fynn Voigt: „Eine derart massive Lockerung der Qualifikationsanforderungen lehnen wir entschieden ab. Quereinsteiger können eine Bereicherung für die frühkindliche Bildung sein, aber nur wenn sichergestellt ist, dass die Betreuungsstandards nicht langfristig und derart empfindlich abgesenkt werden.“
Tatsächlich belegt Bremen im Bildungsvergleich der Länder seit Jahren fast schon traditionell einen der letzten, häufig sogar den letzten Platz. Hierfür maßgeblich sind zwar die schulischen Leistungen, zu einer besseren Förderung schon im Kindergarten dürften die Aulepp-Pläne aus offensichtlichen Gründen freilich nicht gerade beitragen.
Tiefe Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Entsprechend deutlich fasst der Verband seine Kritik an der in Bremen betriebenen Bildungspolitik zusammen. Familien brächten ihre Kinder mit dem Anspruch auf eine fachgerechte und zielgerichtete Betreuung durch adäquates und qualifiziertes Fachpersonal in den Kindergarten. Assistenzkräfte könnten diese Erwartungen „schlichtweg nicht erfüllen“. Mit Blick auf die Pläne der Senatorin schreibt der Verband der SPD-Politikerin deshalb folgenden Satz ins Poesiealbum: „Kitas sind Bildungseinrichtungen und keine Verwahranstalten!“
Es ist nur ein weiteres Beispiel von Politikern und Parteien, die jahrelang an ihrer durch und durch von Ideologie getriebenen Politik festhalten, dann aber eines Tages in der Realität aufwachen und schließlich in heillosen Aktionismus verfallen.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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