Spektakuläre Bauchlandung beim Diffamieren Offener Brief an einen Kollegen auf Abwegen

Sehr geehrter Kollege Dose,

auch Diffamieren will gelernt sein. Man kann dabei nämlich sonst nur allzu leicht unglaublich peinliche Eigentore schießen. Und sich selbst entlarven. 

Als Redakteur, ja sogar Chef vom Dienst, einer großen deutschen Regionalzeitung sollten Sie Ihr Handwerk eigentlich gelernt haben.

Sie liefern mit Ihrem offenen Brief an Til Schweiger, der auf der Seite des Südkuriers schamhaft hinter einer Zahlschranke versteckt und mit der Bezeichnung „Pamphlet“ noch sehr diplomatisch charakterisiert ist, eine faszinierende Selbstentlarvung ab. Unter anderem werfen Sie Schweiger, weil er Zweifel an der Impfung für Kinder anführt, vor: „Ihre Haltung ist umso gefährlicher, da das Thema tatsächlich umstritten ist.“ Eine sehr fragwürdige Auffassung von Pluralität. Darf man im Umkehrschluss bei „umstrittenen Themen“ keine Kritik üben?

Sie manipulieren in Ihrem Artikel fröhlich drauflos. Unter anderem werfen Sie Schweiger seine Aussage vor, Corona sei „absolut harmlos“ für Kinder. Widerlegen wollen Sie das mit folgender Aussage: „Zum Fachlichen, in aller Kürze: Derzeit werden elf Menschen unter 18 Jahren in Deutschland mit Corona auf einer Intensivstation behandelt, 23 Heranwachsende bis 19 starben im Bund bisher mit oder an der Krankheit. Nicht viele. Aber würden Sie den Eltern dieser Kinder ins Gesicht sagen, dass das Virus total harmlos ist?“ Herr Dose, ist Ihnen nicht bekannt, dass Kinder Mädchen und Jungen bis einschließlich 13 sind, alle ab dem 14. Lebensjahr dagegen Jugendliche? Warum vermischen Sie hier die Begriffe und führen die Leser so in die Irre?

Screenshot Südkurier

„Wo war der Bruch, was ist passiert?“, fragen Sie Schweiger weiter unter der Zwischenüberschrift „So sind Sie nicht der Denker, der Sie wohl gerne wären“. Können Sie in Schweigers Kopf sehen und wissen, was er gerne wäre? Ich beispielsweise weiß das nicht, obwohl ich ihn doch etwas kenne. Erstaunlich, Ihre Ferndiagnose. Dann fahren sie fort an Schweiger: „Schon in der Flüchtlingskrise 2015 fielen Sie auf. Aber nein, nicht mit rechten Parolen, wie jetzt manch einer denken mag, für den Impfskeptiker gleich Nazis sind.“ Geschickt geframet. Man zitiert Dritte. Das ist so, als wenn ich schreiben würde, dass Journalisten wie Sie für manchen – setzen Sie ein beliebiges Diffamierungswort ein – sind. Nachdem Sie Schweiger zuerst in die Nazi-Ecke trieben, kommt dann die Absolution, zu der Sie sich offenbar berechtigt fühlen: „Sie sind also kein Rechter, kein Verschwörungstheoretiker – aber mit solchen Aussagen wie den oben zitierten auch nicht der geniale Vordenker, der sie wohl gerne wären.“

Besonders lachen musste ich, wie Sie sich mit der Erwähnung meiner Wenigkeit blamieren in Ihrem Brief. Sie schreiben: „Dass Sie den selbsternannten Journalisten Boris Reitschuster, ein Idol der Querdenker, neulich als ‚Helden‘ bezeichneten, macht es nicht besser.“

Was für eine Entlarvung! In der Journalisten-Ausbildung haben wir als heiligste Pflicht gelernt zu recherchieren. Hätten Sie das gemacht, hätten Sie festgestellt, dass ich früher öfter mal für Ihre Zeitung, den Südkurier, geschrieben habe. Druckt Ihre eigene Zeitung also Artikel von „selbsternannten Journalisten“ ab? Ein Blick in Wikipedia oder auf meine Webseite hätte gereicht, um festzustellen, dass ich eine solide journalistische Ausbildung habe. Doch das alles ist geschenkt. Das Schlimmste und Entlarvendste an Ihrer Aussage ist, dass sie damit offenbaren, Journalisten sollten „ernannt werden“. Jeder Journalist lernt in seiner Ausbildung, dass als Reaktion auf den Nationalsozialismus, als Hitler und seine Schergen bestimmen wollten, wer Journalist ist oder nicht, also Journalisten „ernannten“, genau das heute nicht mehr geschieht. Und sich jeder Journalist nennen darf. Wenn ich so polemisch wäre wie Sie, würde ich jetzt schreiben, dass Sie ein Denken aus den 1930er Jahren offenbaren. Ich schreibe das aber nicht – ich denke eher an eine Bildungslücke.

Journalisten wie Sie sind es, die mit solchen Methoden und solcher Unkenntnis dafür sorgen, dass das Vertrauen in unseren Berufsstand heute extrem gesunken ist.

Der einzige Trost: Offenbar war jemand beim Südkurier, den ich bislang sehr schätzte, klug genug, Ihren Beitrag hinter einer Bezahlschranke zu verstecken. Das macht Hoffnung.

Mit freundlichen Grüßen

Boris Reitschuster  

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Bild: Shutterstock
Text: br

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert