Wollten die USA Julian Assange entführen und ermorden? Kriegspläne („War“) der USA gegen Wikileaks-Gründer

Von Alexander Wallasch

Was macht eigentlich Wikileaks-Gründer Julian Assange? Einst angetreten, mittels Investigativ- und Enthüllungsjournalismus die Welt besser zu machen und gegen Kriegsverbrechen und Korruption vorzugehen, war der Whistleblower über Jahre so etwas wie Staatsfeind Nr.1 in den USA.

Nachdem Assange ab 2012 für sieben Jahre in der Botschaft von Ecuador in London politisches Asyl und die ecuadorianische Staatsbürgerschaft bekam, entzog Ecuador ihm 2019 den Asylstatus und die Staatsbürgerschaft.

Assange wurde verhaftet und sitzt seitdem im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Südosten von London, weil die USA einen Auslieferungsantrag gestellt haben. Das Ersuchen wurde zwar bereits abgewiesen, aber die USA sind dagegen in Berufung gegangen.

Was jetzt allerdings über das Verhältnis der USA zum Anfang Juli dieses Jahres fünfzig Jahre alt gewordenen, gebürtigen Australier bekannt geworden ist, mag niemanden mehr verwundern, aber es ist deshalb nicht weniger verstörend:

Hochrangige Beamte der CIA und der Trump-Administration sollen auf höchster Ebene ernsthaft diskutiert haben, den Wikileaks-Gründer ermorden zu lassen.

Schon früh hatte Assange Angst, ermordet zu werden

Schon 2015 äußerte Assange, dass er in Sorge sei vor einem Attentat gegen ihn. Jetzt, fünf Jahre später, wird klar, dass das alles andere war als die Spinnerei eines Bedrängten, der so möglicherweise auf seine fatale Situation in der Botschaft Ecuadors aufmerksam machen wolle.

Ende September 2021 hatten die Reporter Zach Dorfman, Sean D. Naylor und Michael Isikoff für das Internetportal Yahoo von den Attentatsplänen berichtet.

Als Kronzeuge für die Behauptung wird auch „ein ehemaliger hochrangiger Beamter der Spionageabwehr“ genannt, der zur geplanten Vorgehensweise der Ermordung von Assange sagte: “There seemed to be no boundaries“ (Es schien keine Grenzen zu geben).

Ein weiteres Ziel der CIA soll es gewesen sein, auch die Wikileaks-Mitarbeiter umfangreich auszuspionieren, Zwietracht unter den Mitgliedern der Gruppe zu säen und ihnen ihre elektronischen Geräte zu entwenden. Yahoo schreibt von einem Krieg gegen Assange („war against him“).

Auslöser für die Mordpläne sollen die Wikileaks-Veröffentlichungen gewesen seien, die unter der Bezeichnung „Vault-7“ bekannt geworden waren und zum „größten Datenverlust in der CIA-Geschichte“ wurden. Hier ging es laut Bericht von Yahoo News um Rache an Assange, von keinem Geringeren durchdacht als von Mike Pompeo, dem von Trump eingesetzten CIA-Direktor und späteren Außenminister der Vereinigten Staaten.

Pompeo war ein Hardliner, er setzte sich sowohl gegen die Schließung von Guantanamo ein, als auch gegen die Schließung der sogenannten „Black Sites“, weiterer geheimer Gefängnisse außerhalb der USA.

2017 ließ Pompeo Wikileaks als “non-state hostile intelligence service“ (nichtstaatlichen feindlichen Geheimdienst) einordnen, was weitaus härtere Maßnahmen der CIA gegen die Gruppe zuließ.

Yahoo News hat es sich nicht leicht gemacht: Die verstörenden Informationen zu den Attentatsplänen gegen Assange sollen auf Informationen von mehr als dreißig ehemaligen US-Beamten basieren – von denen acht unabhängig voneinander Details zu den Vorschlägen der CIA zur Entführung von Assange beschrieben hatten.

Die Attentatspläne wurden nie genehmigt

Barry Pollack, der Anwalt von Julian Assange, erklärte gegenüber Yahoo News:

„Als amerikanischer Staatsbürger finde ich es absolut empörend, dass unsere Regierung erwägt, jemanden ohne Gerichtsverfahren zu entführen oder zu ermorden, nur weil er wahrheitsgemäße Informationen veröffentlicht hat“.

Es gibt zwar keine Hinweise darauf, dass die Attentatspläne je genehmigt wurden, aber eine Reihe von Verwaltungsbeamten sollen sich u.a. an Kongressabgeordnete und den Geheimdienstausschuss des Senats gewandt haben, weil sie so beunruhigt von den Plänen waren.

Die Situation eskalierte, als die Geheimdienste meinten, Wind davon bekommen zu haben, dass Assange 2017 aus der Botschaft nach Russland fliehen wollte. Die Aufregung soll so weit gegangen sein, „dass jeder Mensch im Umkreis von drei Blocks für einen der Geheimdienste arbeitete – egal ob Straßenkehrer, Polizist oder Sicherheitspersonal“, schreibt Yahoo News weiter.

Christian Jakob berichtete für die Tageszeitung (taz) von den Mordplänen gegen Julian Assange:

„Entführung, Vergiftung, Mord – all das sollen der US-Geheimdienst CIA und höchste Angehörige der Trump-Regierung 2017 als Vorgehen gegen den Wikileaks-Gründer Julian Assange im Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London erwogen haben.“

Assanges Anwalt verglich die Maßnahmen, mit denen Assange ins Visier genommen wurde, gegenüber Yahoo News mit denen, die die Nixon-Regierung gegen Daniel Ellsberg wegen des Durchsickerns der Pentagon-Papiere eingesetzt hatte, und stellte fest, dass die Anklagen gegen Ellsberg letztendlich ebenfalls abgewiesen wurden.

Übrigens war es schon der neugewählte Präsident Joe Biden, der mit dem Auslieferungsantrag in Berufung ging, nachdem der Antrag in London zunächst abgelehnt wurde.

Der Spiegel berichtete, dass laut Yahoo News die CIA so wütend über die Veröffentlichung der Dokumente durch Wikileaks gewesen sei, dass hochrangige Beamte nach „Skizzen“ oder „Optionen“ fragten, wie man Assange töten könne.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine.

Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger und betreibt den Blog alexander-wallasch.de. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann) schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster“.

Bild: Shutterstock
Text: wal

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