Youtube kündigt Zensur nach Bundestagswahl an Google-Tochter zieht Daumenschrauben weiter an

Das zum Google-Konzern gehörende Video-Plattform-Unternehmen Youtube hat angekündigt, nach der Bundestagswahl am Sonntag strikt zu zensieren. Hier im Wortlaut die Erklärung von Youtube, die viele Nutzer bekommen haben – ich eingeschlossen: 

Hallo Boris Reitschuster,

Zur Richtlinie von YouTube, die sich mit Fehlinformationen über Wahlen befasst, geben wir dir ergänzend einige aktuelle Hinweise. Wir werden unsere Richtlinie zur Rechtmäßigkeit von Wahlen und Wahlergebnissen auf Fehlinformationen zum Ausgang der Bundestagswahl anwenden, sobald die endgültigen Ergebnisse vom Bundeswahlleiter bestätigt wurden.

Wichtige Hinweise im Zusammenhang mit der Richtlinie zur Rechtmäßigkeit von Wahlen und Wahlergebnissen:

– Inhalte, in denen fälschlich behauptet wird, dass der Ausgang der Bundestagswahl in Deutschland durch weit verbreitete Betrugsfälle, Fehler oder Pannen beeinflusst worden sei, werden von YouTube entfernt. Dies gilt für Fehlinformationen zum Ausgang der Bundestagswahl, zur Bildung der neuen Regierung oder zur Wahl und Ernennung des nächsten Bundeskanzlers.

– YouTube-Videos, die auf Inhalte mit Fehlinformationen zum Wahlausgang außerhalb von YouTube verweisen (z. B. auf einer externen Videoplattform), werden ebenfalls entfernt.

– Diese Richtlinie gilt nur für Videos, die am oder nach dem Tag, an dem der Bundeswahlleiter das endgültige Ergebnis bestätigt hat, auf YouTube hochgeladen werden.

– Damit Creator sich auf die Änderung vorbereiten können, werden Videos, die gegen diese Richtlinie verstoßen, im Zeitraum von 30 Tagen nach dem Tag, an dem die Ergebnisse bestätigt werden, zwar entfernt, aber der dazugehörige Kanal erhält hierfür keine Verwarnung.

Weitere Hinweise, die die Richtlinie zu Fehlinformationen über Wahlen betreffen, findest du zusammengefasst in diesem Artikel in der YouTube-Hilfe.

Das ist bemerkenswert und eine neue Form der Zensur. Die besonders deshalb schwer wiegt, weil Youtube nach deutscher Rechtssprechung als faktischer Monopolist an die Grundrechte gebunden ist und nicht frei nach Gusto unter Berufung auf ein Hausrecht zensieren darf.

Bei vielen Wahlen kam es in der Vergangenheit in Deutschland zu Fehlern und Pannen – wie man pikanterweise ausgerechnet bei Google in Erfahrung bringen kann, zu dem ja auch Youtube gehört. Die Richtlinie ist sehr zweideutig formuliert: Bezieht sich die Beschreibung „weit verbreitete“ nur auf Betrugsfälle, oder auch auf Fehler und Pannen? 

Wer entscheidet, ob Behauptungen über Fehler und Pannen „fälschlich“ sind oder nicht? Hat Youtube hier eine Wahrheitsinstanz? Steuersubventionierte so genannte „Faktenchecker“?

Wo beginnt eine „Fehlinformation zur Bildung der neuen Regierung“?

Und dass der Bundeskanzler „ernannt“ wird, wie Youtube schreibt, ist zwar formal richtig. Tatsächlich erfolgt eine Ernennung durch den Bundespräsidenten – aber eben erst nach der Wahl durch den Bundestag. Und einzig und allein die ist entscheidend. Wenn sich Youtube hier auf den formellen Prozess der Ernennung beschränkt, klingt das ein bisschen nach mangelnder politischer Bildung. 

Wie kommt es zu der zeitlichen Staffelung? Einmal ist davon die Rede, die neue Richtlinie gelte nur für Videos an den ersten beiden Tagen. Dann ist von 30 Tagen die Rede.

Aber es gehört wohl zu Zensur dazu, dass ihre Regeln schwammig sein müssen.

Warum ist Youtube so nervös? Oder genauer gesagt, warum sind die Kräfte, denen gegenüber Youtube vorauseilenden (oder doch nicht vorauseilenden, sondern echten) Gehorsam übt, so nervös? Die Politik hat soziale Medien wiederholt unter Druck gesetzt, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Insbesondere durch das „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“. Kritiker sprechen von einem gefährlichen „Deal“: Die Politik akzeptiere die zweifelhafte Monopolstellung der Internet-Giganten, und diese würden im Gegenzug für die Politik zensieren: Die Meinungsfreiheit als zentrales Element des Grundgesetzes werde so via „Outsourcing“ erwürgt. 

Fragen über Fragen.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

 

Bild: Shutterstock/Ekaterina Quehl Sergei Elagin
Text: br
 

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