Von Alexander Wallasch
Folgt nun bald der Hausarrest? Tests für Ungeimpfte sollen statt 48 nur noch 4-8 Stunden gültig sein. Aber was ist mit der sogenannten Viruslast bei Geimpften? Neusprech wird’s schon richten.
Ach was, wir nennen es jetzt einfach mal Propaganda. Politische Propaganda! Denn was soll das schon anderes sein, wenn es Regierung und Alt-Medien gemeinsam anschieben, dass in irgendwelchen Umfragen eine Mehrheit der Bürger nichts dabei findet, dass Ungeimpfte, die sich im Discounter ums Eck ihre Semmel und die Bildzeitung am Morgen holen, jetzt einen kostenpflichtigen Test beibringen sollen.
Gerade erst hetzte der Vorsitzende der Bundestagsfraktion (CDU/CSU), Ralph Brinkhaus, die Menschen aufeinander, jetzt geht die Hetzjagd schon weiter.
Von immer neuen Restriktionen an den Regalen vorbeigescheucht kaufen diejenigen ein, deren kostenpflichtiger Test seinem Zeitfenster nach möglicherweise noch für den Supermarkt reicht, aber nicht mehr für die Apotheke oder den Friseur. Also was ist wichtiger? Das Mittagessen, die Frisur oder die Medikamente? Aber Geld ist ja eh keines mehr da, der Job weg, Ungeimpfte werden bald gefeuert. Sozialamt? Ohne Impfung kein Zutritt? Also keine Leistungen, also Mittellosigkeit, Obdachlosigkeit. Wird es so kommen?
Beispielsweise im NDR-Sommerinterview befürwortet Dirk Kienscherf, Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion, kostenpflichtige Corona-Tests und teilt dort mit, er vermisse die Begeisterung für das Impfen. Inwieweit aber soll Begeisterung hier als Emotion eine Rolle spielen und worüber? Denn selbst wenn diese Impfungen schwere Krankheitsverläufe verhindern würden, wie ja angepriesen wird, so sind die Risiken der Impfung doch gegenwärtig – niemand kann sagen, darüber wäre nicht berichtet worden.
Pervers gedacht
Wer sich also in einem schwierigen Abwägungsprozess „Für und Wider“ Impfung dafür entscheidet, soll das nun noch mit Luftsprüngen und einem debilen Dauergrinsen begleiten bzw. über sich ergehen lassen? Eigentlich pervers gedacht vom Sozialdemokraten.
Parallel meldet der NDR, dass der Börsenwert der Biontech-mRNA-Impfaktie gerade die 100 Milliarden-Dollar-Marke geknackt hätte.
Und weil das alles so grotesk erscheint, weil herkömmliche Begriffe nicht mehr taugen, den Irrsinn zu erzählen, werden wieder neue lanciert. Jens Spahn schickt aus dem Gesundheitsministerium sein „Flatten the curve 2.0“ herüber. Damit will er Deutschland schon jetzt prophylaktisch durch einen befürchteten Corona-Winter retten. Eines macht ein neues Konzeptpapier von Anfang an klar: „Einige Einschränkungen werden uns länger erhalten bleiben als viele vielleicht dachten.“
„Maskenpflicht ade dank Impfung?“, fragt RTL. Leider nicht möglich, denn ein Geimpfter oder Genesener soll das Virus immer noch übertragen können. Das Ministerium geht jetzt davon aus, „dass die Maskenpflicht bis ‚ins Frühjahr 2022‘ – insbesondere im öffentlichen Nah- und Fernverkehr sowie im Einzelhandel – erhalten bleibt“.
Besagtes Konzeptpapier hält weitere erhebliche Einschnitte bereit: „Daher sollte unabhängig von der Inzidenz ab Anfang/Mitte September 2021 die Teilnahme an bestimmten Veranstaltungen in ganz Deutschland generell nur unter Einhaltung der 3G-Regel (3G: geimpft, genesen oder getestet) möglich sein.“
Schummrige Glaskugel statt Sachverstand
Ungeimpfte werden damit rechnen müssen, so das Papier, dass für sie bei steigenden Zahlen andere Regeln gelten als bei Geimpften. Das Papier sieht hier ausdrücklich „Kontaktbeschränkungen“ vor. Und weil die Inzidenzwerte endlich als untauglich erkannt wurden, soll es eine Mix-Bewertung geben, die naturgemäß für den Laien dann noch weniger nachzuvollziehen ist, wo sich schon Experten darum streiten. Mit einbezogen werden sollen Impfquote, Inzidenz (nach Altersgruppen) und die Covid-Hospitalisierungsquote. Wie, in welchem Verhältnis, von wem und wann – alles bewegt sich jenseits einer nachvollziehbaren Berechenbarkeit, die schummrige Glaskugel ersetzt endgültig den Sachverstand.
Wieder die nächste Ministerpräsidentenkonferenz und noch einmal eine mit der Bundeskanzlerin, sollen darüber entscheiden, wie es gehandhabt wird – Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, sonst gern mit großer Geste und Klappe, spielt dann halt wieder seine stummgeschaltete Session Candy-Crush und tauscht sich mit 13-jährigen Antifa-Novizen oder wer da sonst noch mit virtuellen Bonbons spielt darüber aus, welcher Spitzname („Merkelchen“) am besten zur Bundeskanzlerin passt.
Und als wären das nicht schon genug Stimmen für die Regierungspolitik der Kanzlerin, meldet sich jetzt auch noch der nächste Funktionär zu Wort, um anzuzeigen und zu bekunden, dass er seinen Verein selbstverständlich auf Regierungslinie führt: Der Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), Klaus Müller, hält es gegenüber der Funke Mediengruppe für gerechtfertigt, zukünftig Schnelltests kostenpflichtig zu machen: „Der Staat muss sein Geld für die Aufgaben einsetzen, die wirklich notwendig sind und das sind nicht kostenlose Tests für Leute, die sich nicht impfen lassen wollen, obwohl sie es könnten.“
Überteuerte Schnelltests
Aber was für ein Fass über wirklich notwendige Ausgaben will der Verbandschef da eigentlich aufmachen, nachdem der Staat gerade hunderte von Millionen Euro für vollkommen überteuerte bis hin zu gar nicht stattgefundenen betrügerisch abgerechneten Schnelltests verschleudert hat? Mit hoher Wahrscheinlichkeit wären diese Tests ohne das Kontrollversagen des Gesundheitsministeriums bis ins späte Frühjahr hinein kostenfrei möglich gewesen – wenn man sich nur nicht so übers Ohr hätte hauen lassen.
Jetzt soll der ungeimpfte Bürger für diese ruinöse Schlamperei, für das Unvermögen aus dem Hause Spahn geradestehen? Einfach weil man es polit-medial schon hinreichend verbreitet hat, dass der Ungeimpfte sowieso der Paria ist, der Aussätzige? Was fehlt da nun noch? Unangenehmer soll es werden für Impfverweigerer.
Ein weiterer neuerlicher Eingriff in die Rechte von Bürgern, die sich aus individuellen und/oder gesundheitlichen Gründen (noch) nicht impfen lassen, war hier eingangs nur kurz angesprochen worden: Tatsächlich sollen nach NDR-Berichten die Zeiten der offiziell anerkannten Gültigkeit von Schnelltests zusätzlich zur neuen Kostenpflichtigkeit empfindlich reduziert werden von bisher 48 Stunden auf nunmehr nur noch vier bis acht Stunden Gültigkeit.
Aus nicht genannter Quelle – später im Text des NDR wird Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher zu einer anderen Sache zitiert – heißt es beim Sender:
„Schnelltests könnten künftig nicht mehr 48 Stunden lang gültig sein. Stattdessen könnte die Gültigkeit auf nur noch vier oder acht Stunden reduziert werden. Denn je aktueller der Test, desto aussagekräftiger ist er. Ungeimpfte könnten sich also erst kurz vor einem Theater-Besuch testen lassen.“
Was für ein unfassbares Durcheinander! Wer also Wagner mit Überlänge bucht, muss sich so zeitnah wie möglich an die Aufführung herantesten, sonst wird man nach dem zweiten Akt nach Hause geschickt, wie ein ungezogenes Kind mit Rotznase, als bestände etwa die Möglichkeit, während der Aufführung infiziert worden zu sein.
Aber von wem? Etwa von einem Geimpften, der keinen Test machen muss? Diese Ansteckung wäre allerdings auch passiert, wenn sich der Nichtgeimpfte alle zehn Sekunden getestet hätte.
Die andauernde Kritik an den Inzidenzwerten wurde über mehr als ein Jahr von den Verantwortlichen ignoriert. Jetzt kommt diese eingangs erwähnte Mix-Bewertung.
Auffälliger Unsinn
Und schon folgt der nächste selbst dem interessierten Laien auffällige Unsinn: Denn wenn Geimpfte ebenso Überträger sind, müssten sie ja gleichermaßen getestet werden. Die Kostenpflicht wäre also noch weniger vertretbar. Das Versprechen übrigens, dass Geimpfte bald Teile der allen Bürgern entzogenen Rechte zurückerhalten würden, erodiert ebenfalls. Muss ja – jedenfalls in der Folgerichtigkeit der Maßnahmen – in sich zusammenbrechen, wenn Geimpfte mit sogenannten Impfdurchbrüchen zu kämpfen haben.
Neusprech überall. Und Bürger, die nur noch ihre Ruhe haben wollen, die also die neuen Vokabeln brav lernen, sich impfen lassen, obwohl ihre Fragen unbeantwortet blieben. Und die zuletzt dann Druck auf ihre ungeimpften Nachbarn ausüben, weil etwa ein Ralph Brinkhaus das so eingefordert hat.
Die Verrohung der Gesellschaft wird legitimiert, die wohlhabenden Impfkritiker bleiben noch eine Weile ungeimpft, weil sie sich die partiell sinnlosen, aber bald stündlich eingeforderten Tests noch leisten können und das impfkritische Prekariat wird unsichtbar, taucht bald im Alltag nicht mehr auf, insbesondere der ungeimpfte Osten der Republik bekommt Hausarrest.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger und betreibt den Blog alexander-wallasch.de. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann) schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“ Seit August ist Wallasch Mitglied im „Team Reitschuster.“
Bild: CorinnaL/ShutterstockText: wal