Keine Zuschüsse für Desiderius-Erasmus-Stiftung AfD zieht vor das Bundesverfassungsgericht

Von reitschuster.de

Im Rahmen der Verabschiedung des Gesetzesentwurfs zum Bundeshaushalt 2022 wurde im Haushaltsausschuss des Bundestags unter anderem über zwei Anträge zur künftigen Verteilung der Fördergelder für die parteinahen Stiftungen entschieden. Die schon länger im Bundestag vertretenen Fraktionen von SPD, Grünen, FDP, CDU/CSU und Linke hatten eine Erhöhung der Förderung ihrer parteinahen Stiftungen um mehr als 15 Millionen Euro auf insgesamt rund 147 Millionen Euro beantragt, während die AfD eine Beteiligung der Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) sowie eine Senkung der insgesamt ausgeschütteten Zuschüsse auf 79 Millionen Euro beantragt hatte, um den Bundeshaushalt wenigstens ein bisschen zu entlasten. Hierzu sollten nach dem Willen der AfD die bisherigen Zuschüsse der anderen Parteien um jeweils die Hälfte gekürzt werden und der DES erstmalig eine Förderung in Höhe von 7,854 Millionen Euro zugestanden werden. Wie nicht anders zu erwarten, wurde der Antrag der AfD abgelehnt und der gemeinsame Antrag der anderen Parteien angenommen. Die aus dem Bundeshaushalt finanzierten Zuschüsse sind im Einzelplan des Bundesinnenministeriums enthalten und hatten ursprünglich eine Förderung der parteinahen Stiftungen (mit Ausnahme der DES) in Höhe von rund 132 Millionen Euro vorgesehen.

David
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Demnach erhalten die parteinahen Stiftungen im Haushaltsjahr 2022 die folgenden aus Steuergeldern finanzierten Zuschüsse: Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU) 45,6 Millionen Euro, Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD) 41 Millionen Euro, Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP) 16 Millionen Euro, Rosa-Luxemburg-Stiftung (Linke) 15,7 Millionen Euro, Heinrich-Böll-Stiftung (Grüne) 15,6 Millionen Euro und Hanns-Seidel-Stiftung (CSU) 13 Millionen Euro. Darüber hinaus können die parteinahen Stiftungen noch mit weiteren Zuschüssen aus den Haushaltsbudgets des Außenministeriums und des Entwicklungshilfeministeriums rechnen, wobei die DES auch von diesem Geld keinen Cent sehen wird.

Formal würde der AfD-nahen DES eine Beteiligung an dem millionenschweren Kuchen zustehen, da sie einerseits die hierfür geltenden Bestimmungen erfüllt und andererseits keine Ausschlussgründe vorliegen. Zu einer Zeit, als der Rechtsstaat noch funktionierte und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) noch nicht zu einer Stempelmaschine der Bundesregierung verkommen war, hatte Karlsruhe entschieden, dass eine parteinahe Stiftung spätestens nach dem zweiten Einzug in Fraktionsstärke der betreffenden Partei in den Deutschen Bundestag „angemessen zu beteiligen“ ist. Darüber hinaus hat die Bundesregierung bereits im März 2021 festgestellt, dass die DES „rechtlich, personell, organisatorisch und finanziell unabhängig von der AfD ist und […] kein Beobachtungsobjekt des Bundesamtes für Verfassungsschutz“.

Juristen werten Ausschluss der Desiderius-Erasmus-Stiftung als verfassungswidrig

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die schon länger im Bundestag vertretenen Parteien mit Taschenspielertricks gegen die AfD zur Wehr setzen. Im Jahr 2017, als sich der erstmalige Einzug der AfD in den Bundestag abzeichnete, brachen die Parlamentarier mit der jahrzehntelangen Tradition, wonach die erste Sitzung des neuen Bundestags mit einer Rede vom nach Lebensjahren ältesten Abgeordneten eröffnet wird. Dies wäre damals der AfD-Abgeordnete Wilhelm von Gottberg gewesen. Stattdessen einigte man sich kurzerhand darauf, dass die Rolle des Alterspräsidenten vom dienstältesten Abgeordneten eingenommen werden soll. Ebenso wird der AfD seit knapp fünf Jahren die laut Geschäftsordnung eigentlich allen im Bundestag vertretenen Fraktionen zustehende Stellung eines Vizepräsidenten erfolgreich verweigert. Auch hierbei verabschiedete man sich von einer seit jeher gepflegten Praxis.

Doch dieses Mal könnten sich die schon länger dem Bundestag angehörenden Parteien ein klassisches Eigentor geschossen haben. Der Deutschlandfunk zitiert Claus-Dieter Classen, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Greifswald, wie folgt: „Nach jetziger Rechtslage ist es schwer begründbar, die Desiderius-Erasmus-Stiftung von einer Förderung auszuschließen.“ Ähnlich sieht das auch Michael Koß, der die im Haushaltsausschuss des Bundetags gefundene „Lösung“ als „politisch und wahrscheinlich auch juristisch hochproblematisch“ bewertet. Auffällig an den gegenüber dem Deutschlandfunk getätigten Äußerungen des Parteienforschers ist allerdings, dass er die Altparteien nicht etwa für ihr mutmaßlich verfassungswidriges Handeln kritisiert, sondern ihnen vorwirft, keine „bessere Alternative“ für die Begründung gefunden zu haben.

SPD, Grüne, FDP, Union und Linke hatten in einem sogenannten Haushaltsvermerk darauf hingewiesen, dass „Zuschüsse nur politischen Stiftungen gewährt (werden), die nach ihrer Satzung und ihrer gesamten Tätigkeit jederzeit die Gewähr bieten, dass sie sich zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten“. Dies könne laut der schon länger im Bundestag vertretenen Parteien für die Friedrich-Ebert-Stiftung, Friedrich-Naumann-Stiftung, Konrad-Adenauer-Stiftung, Hanns-Seidel-Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung und Rosa-Luxemburg-Stiftung angenommen werden. Es mutet fast wie Realsatire an, dass die Altparteien sich das Recht herausnehmen können, zu beurteilen, bei welchen Stiftungen die oben genannten Voraussetzungen „angenommen werden“ können und bei welcher nicht. Den bei den Qualitätsmedien angestellten Journalisten scheint dieser Klamauk jedenfalls nicht aufgefallen zu sein. Vielleicht sind sich die schon länger im Bundestag vertretenen Parteien inzwischen aber auch zu sicher geworden, dass das BVerfG auf Geheiß der Bundesregierung schon das passende Urteil liefern wird – es wäre nicht das erste Mal!

Dr. Dagmar Enkelmann und ihr gestörtes Verhältnis zur Demokratie

Wenn die schon länger im Bundestag vertretenen Parteien schon eine so genaue Definition des Anforderungsprofils einer für Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt berechtigten parteinahen Stiftung formulieren, dann lohnt sich ein Blick auf die bisher und zukünftig begünstigten Empfänger natürlich umso mehr. Aus einem unerklärlichen Instinkt heraus fällt einem da zuerst die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) der Linken ein. An deren Spitze steht seit dem 1. Dezember 2012 Dr. Dagmar Enkelmann. Anfang 2012, also schon knapp ein Jahr vor ihrer Wahl zur Vorsitzenden der RLS, wurde bekannt, dass Enkelmann unter der Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz steht. Bereits im Juli 2008 antwortete Enkelmann bei Anne Will auf die Frage, ob sie mit der Art und Weise, wie die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert zufrieden sei: „Auch ich finde, diese Demokratie löst die Probleme der Menschen nicht.“ Auf dem Portal Abgeordnetenwatch schob sie in diesem Zusammenhang noch folgende Anmerkung nach: „Bei aller Kritik an dieser, der bundesdeutschen Demokratie ist für mich klar: Die Probleme dieser Welt, seien sie lokal, national oder global, sind allein auf demokratische Art und Weise oder überhaupt nicht lösbar. Ob die bürgerliche Demokratie tatsächlich das Nonplusultra ist oder die Vision eines demokratischen Sozialismus Realität werden könnte, ist eine Frage, die wohl erst in der Zukunft beantwortet wird.“

Die „Probleme dieser Welt“ sind nach Ansicht der RLS-Vorsitzenden „allein auf demokratische Art und Weise“ also nicht lösbar. So kann wohl nur ein echtes Kind der DDR sprechen, das den Fall der Mauer und das Ende der SED-Diktatur bis heute nicht überwunden zu haben scheint. Die Dissertation, die Enkelmann an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED im Jahr 1989 eingereicht hat, trägt den spannenden Titel „Analyse und Kritik des Konzepts bürgerlicher Ideologen der BRD – Identitätskrise der Jugend der DDR“.

Während bei der Desiderius-Erasmus-Stiftung nur „angenommen“, oder besser gesagt unterstellt wird, dass sie eventuell nicht mit beiden Beinen auf dem Boden der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes“ stehen könnte, haben die Altparteien offensichtlich kein Problem damit, dass die seit knapp zehn Jahren amtierende Vorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung der Kaderschmiede der SED entstammt.

Bild: Westlight / Shutterstock
Text: reitschuster.de

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