Von reitschuster.de
Jeder PR-Manager weiß: Negative Schlagzeilen sind besser als gar keine. Das scheint man sich auch in Köln gedacht zu haben, wo jetzt seit Jahresbeginn auffällig viele Bußgeldbescheide wegen angeblicher oder tatsächlicher Verstöße gegen Corona-Auflagen verschickt werden. Die meisten dieser Verbote und Gebote waren erstens Schwachsinn, wie man nicht erst seit heute weiß, und die jetzt geahndeten Ordnungswidrigkeiten liegen zweitens in vielen Fällen schon knapp zwei Jahre zurück.
Knapp zwei Jahre, auf diese Betonung kommt es an dieser Stelle ganz besonders an. Denn: Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung, die damals nicht nur in der Domstadt galt, können bis zu zwei Jahren nach deren Feststellung noch geahndet werden. So wie unter anderem gegen Clara-Marie Becker. Die Kollegin schreibt für die „Bild“ und ging jetzt mit einem schier unglaublichen Fall an die Öffentlichkeit, der im Frühjahr 2023 wie aus der Zeit gefallen wirkt.
78,50 Euro für einen Salat
Becker flatterte Ende Februar ein Bußgeldbescheid des Ordnungsamtes ins Haus. Darin heißt es: „Am 02.03.2021 um Uhr wurden Sie in 50679 Köln, Kennedy Ufer, und somit in einem Bereich angetroffen, in dem laut der zur Kontrollzeit geltenden Allgemeinverfügung der Stadt Köln eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung bestanden hat. Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen, da Sie keine Mund-Nase-Bedeckung getragen haben. Sie haben somit ordnungswidrig gehandelt.“
Es handelt sich hier nicht um einen Zitierfehler. Die Angabe der genauen Uhrzeit fehlt in dem Schreiben tatsächlich und wurde offenbar vergessen. Ob und inwieweit die fehlende Angabe der genauen „Tatzeit“ für die Gültigkeit des Bescheids eine Relevanz hat, müssen freilich Juristen beurteilen.
Das Vergehen: Laut eigener Aussage setzte sich Becker auf die am „Tatort“ befindlichen Rheintreppen, um dort einen Salat zu essen – offenbar aber nicht schnell genug. Denn kurz darauf tauchten Mitarbeiter des Ordnungsamtes vor ihr auf und wiesen die Kollegin auf ihr angebliches Fehlverhalten hin. Sie säße in einer Zone, in der Maskenpflicht bestehe, weshalb sie nun ein Bußgeld in Höhe von 50 Euro bezahlen müsse, zahlbar sofort oder später nach Erhalt des entsprechenden Bescheids.
Becker argumentierte, dass sie gerade esse und präsentierte als „Beweisstück“ die noch halbvolle Salatbox. Das ließen die eifrigen Beamten freilich nicht gelten: „Wir haben Sie fünf Minuten beobachtet. Sie haben die Gabel in dieser Zeit nicht zum Mund geführt.“ Da sich die Kollegin gegen die Barzahlung vor Ort entschieden hat – was an sich schon ein ungewöhnliches „Angebot“ der Beamten ist – wurde ihr die Zustellung des Bußgeldbescheids innerhalb der nächsten sechs bis acht Wochen angekündigt.
Doch es kam keine Post, zumindest nicht aus dem Rathaus. Einige Monate später zog Becker dann von Köln nach Berlin und vergaß den Vorfall am Kennedy Ufer. Bis sie mit Schreiben vom 23. Februar 2023, also wenige Tage vor Ende der Verjährungsfrist, doch noch zur Zahlung des Bußgelds aufgefordert wurde. Dieses hatte sich inzwischen auf 78,50 Euro erhöht, da das Ordnungsamt eine „Mahngebühr“ in Höhe von 28,50 Euro aufrief. Auch hier könnte sich zumindest die Frage der Verhältnismäßigkeit stellen.
Tausende Bußgeldbescheide seit Jahresbeginn
Die Salat-Posse vom Rheinufer ist in der Domstadt offenbar kein Einzelfall. Nach „Bild“-Recherchen wurden in Köln allein im Januar und Februar insgesamt noch 2.102 Bußgeldbescheide wegen Verstößen gegen die Corona-Schutzverordnung verschickt. Zum Vergleich: In den Jahren 2021 (4.362 Bescheide) und 2022 (4.282 Bescheide) wurden in einem Zeitraum von jeweils 12 Monaten nur etwas mehr als doppelt so viele Bußgelder verhängt. Soll hier auf den letzten Metern nochmal richtig Kasse gemacht werden, ehe die Verjährungsfrist abläuft?
Becker übte sich in Diplomatie und hakte im Rathaus nach. Die Corona-Auflagen im Freien hätten sich in der Zwischenzeit als völlig überzogen herausgestellt, so eines der Argumente. Selbst Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat die meisten dieser Maßnahmen inzwischen als etwas bezeichnet, das „man heute nicht mehr machen“ würde.
Doch mit den Paragrafen-Reitern in der Domstadt ist nicht gut Kirschen essen. Die Behörden teilten mit: „Unabhängig davon, ob bestehende Corona-Regelungen in der Nachbetrachtung für unangemessen oder nicht zielführend bewertet wurden, waren dies geltende sowie rechtmäßig erlassene Rechtsvorschriften, die von allen zu beachten waren. Es wird in der Angelegenheit […] an einer entsprechenden Ahndung festgehalten.“
Rein formaljuristisch mag die Stadt Köln damit auf der sicheren Seite stehen. Dennoch hat die mit Jahresbeginn und gleichzeitig kurz vor Ende der Verjährungsfrist einsetzende Flut an Bußgeldbescheiden mehr als nur einen faden Beigeschmack.
Es mag für die Kollegen zwar ein schwacher Trost sein, aber: Der „teuerste Salat meines Lebens“, wie sie ihre Mahlzeit selbst bezeichnet, war noch ein echtes Schnäppchen. Hätte sie zur selben Zeit im März 2021 auf einer Parkbank in Bayern gesessen und sich dabei noch in Begleitung einer haushaltsfremden Person befunden, so wären 250 Euro fällig geworden.
Ausschreibung zur Fahndung durch die Polizei, Kontenkündigungen, Ausschluss aus der Bundespressekonferenz: Wer in Deutschland kritisch berichtet, sieht sich Psychoterror ausgesetzt. Und braucht für den Spott der rot-grünen Kultur-Krieger nicht zu sorgen. Ich mache trotzdem weiter. Auch, weil ich glaube, dass ich Ihnen das schuldig bin. Entscheidend fürs Weitermachen ist Ihre Unterstützung! Sie ist auch moralisch sehr, sehr wichtig für mich – sie zeigt mir, ich bin nicht allein und gibt mir die Kraft, trotz der ganzen Schikanen weiterzumachen! Ganz, ganz herzlichen Dank im Voraus für Ihre Unterstützung, und sei es nur eine symbolische!
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