„Wir machen auf“ in Tschechien Wirte öffneten ihre Lokale

„Deutsche Revolutionäre besetzen einen Bahnhof erst nach Kauf einer Bahnsteigkarte“, spottete einst der russische Kommunistenführer Lenin. Damit nahm er den Hang zur Ordnung und zum Gehorsam auf die Schippe, die den Deutschen nachgesagt wird. Ob er damit wirklich so ganz Unrecht hatte? „Widerstand gegen den Lockdown: Selbstständige organisieren sich im Internet mit dem Ziel, ab dem 11. Januar auch dann ihre Läden zu öffnen, wenn die strikten Corona-Maßnahmen verlängert werden“ – das schrieb ich hier am 3. Januar in einem Beitrag. Später wurde die Aktion auf den 18. Januar verschoben. Inzwischen haben wir eine Verschärfung und Verlängerung des Lockdowns – doch außer den Ankündigungen noch kein „Wir machen auf“ in der Bundesrepublik.

Ganz anders in Tschechien. Dort haben am Samstag Restaurants und Kneipen einfach ihre Türen für Gäste geöffnet – obwohl sie dort offiziell genauso schließen müssten wie bei uns. „Mitgemacht haben aber weniger als erwartet – die Polizei führte landesweit Kontrollen durch“, schreibt SPON und spricht von einigen Dutzend Teilnehmern. Die Aufmüpfigen sind einem Aufruf der Bürgerinitiative »Chcipl pes« gefolgt. Übersetzt heißt das so viel wie „Der Hund ist verreckt“. Die Losung geht zurück auf das tschechische offizielle Corona-Warnstufensystem Pes (Hund). Die Bürgerinitiative setzt sich für eine Rückkehr zur Normalität ein und hält den Kurs der Regierung für falsch.

Auch in Tschechien war der Mut zum Verstoß gegen die staatlichen Verbote, der ja empfindliche Strafen mit sich bringt, nicht so hoch wie erwartet. Regelbrechern drohten laut Prager Stadtverwaltung Strafen von bis zu 20.000 Tschechischen Kronen (765 Euro). Im Internet hatten noch hunderte Wirte angekündigt, sich den Vorschriften zu widersetzen und ihre Lokale zu öffnen. Zumindest nach den Angaben der tschechischen Nachrichtenagentur CTK waren dann aber doch nicht viele Lokale offen. Allerdings beruft sich die CTK nur auf Stichproben. Wie repräsentativ diese sind, bleibt offen. Tschechische Medien nennen keine Zahlen, aber dem Tenor der tschechischen Presse zufolge haben nicht allzu viel Restaurants geöffnet. „Obwohl mehrere Unternehmen in der Hauptstadt den Protest unterstützen, öffneten sie entweder nur ein Servicefenster oder hatten Protestplakate oder tschechische Flaggen an verschlossenen Türen“, schreibt lidovky.cz.

Laut Jakub Olbert vom Prager Restaurant Šeberák, das trotz der Maßnahmen der Regierung wiederholt in Betrieb war, geht es bei dem Protest nicht darum, Geld zu verdienen, sondern zu überleben. Olbert gab an, in Tschechien gebe es 30 bis 50 gastronomische Unternehmen, die ihre Lokale lange Zeit offen gelassen hätten. Hunderte weitere hätten zeitweilig gegen die staatliche Vorschriften verstoßen.

Nach einer fünfwöchigen Pause eröffnete etwa Martin Macek seine Restaurants „U Macků“ und „U Maci“ in Svatý Kopeček bei Olomouc am Samstagmorgen. „Ich habe mich dem Protest angeschlossen, weil ich denke, dass die Regierungsverordnung und das, was sie uns in den letzten fünf Monaten angetan hat, falsch ist. Es ist zu sehen, dass die Zahl der Krankheiten immer noch steigt, obwohl die Restaurants seit Oktober mehr oder weniger geschlossen sind“, sagte Macek laut dem Portal novinky.cz. Die Eröffnung seiner beiden Restaurants erregte dann jedoch die Aufmerksamkeit der örtlichen Polizei. Nach Maceks Angaben kam gegen 13 Uhr eine Patrouille: „Wir haben vereinbart, für heute zum Verkauf durch das Fenster zurückzukehren. Ich werde über mein weiteres Vorgehen nach Rücksprache mit einem Anwalt entscheiden“, sagte Macek.

Vertreter der Initiative hatten bereits auf einer Pressekonferenz am Dienstag angekündigt, dass sie die politische Bewegung „Öffnet Tschechien – Chcipl pes“ gründen wollen. Demnach sollen Restaurants zu politischen Versammlungsorten werden und somit offen bleiben, da laut Initiative politische Veranstaltungen im Rahmen epidemiologischer Beschränkungen eine Ausnahme darstellen. Der tschechische Innenminister Jan Hamáček lehnt eine solche Auslegung der Corona-Regeln jedoch ab.

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Bild: Kichigin/Shutterstock (Symbolbild)
Text: red

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