Der „Great Reset“ und was dahinter steckt Wie die Kulturkrieger unser Leben und unsere Kultur "transformieren" wollen

Erleben wir eine Wiederkehr des Sozialismus oder nicht? Was steckt hinter den riesigen Veränderungen in unserer Gesellschaft und im öffentlichen Leben, mit denen wir fast täglich konfrontiert sind – die aber keinen Namen haben. Mit dieser Frage habe ich mich in meinem aktuellen Wochenbriefing beschäftigt. Viele Leser haben angeregt, ich möchte es online stellen – was ich in Auszügen hier gerne tue. Abonnieren können Sie das Wochenbriefing kostenlos und jederzeit kündbar hier. Mein Tagesbriefing, eine tägliche Übersicht aller neuen Texte, ist hier unverbindlich und unentgeltlich zu bestellen.

Eine Leserin schrieb mir – neben allerlei motivierenden Worten – folgende Kritik: „Ihr immerwährender Bezug auf den ‚Sozialismus‘ und der Vergleich mit dem ‚Sozialismus‘ nervt. Im deutschen Sozialismus haben Sie doch gar nicht gelebt. Das, was jetzt in Deutschland und auf der Welt stattfindet, hat eine völlig neue Dimension und ist mit nichts vergleichbar. Sie finden bzw. haben bestimmt ein neues Wort, welches all das beinhaltet, was das Derzeitige treffend beschreibt…“

Ich habe ab 1990 in der Sowjetunion gelebt. Von daher bin ich mit dem Sozialismus und seinen Folgen aus nächster Nähe vertraut. Und ich würde nie sagen, dass unsere heutige Realität mit dem „real existierenden Sozialismus“ gleichzusetzen ist. Im Gegenteil. Was wir aktuell erleben, ist eine Wiedergeburt der alten Ideen, die auch zum Sozialismus führten, in einem völlig neuen Gewand. In völlig neuer Konstellation.

Besitz der Wahrheit

Große Teile der Wirtschaft bzw. der wirtschaftlichen Elite – man nehme als beispielhaft das Weltwirtschafts-Forum und die Internet-Giganten – wollen im Schulterschluss mit linken Aktivisten die Welt umbauen. WEF-Chef Schwab nennt das „Great Reset“. Sie fühlen sich geradezu berufen für diesen Umbau, weil sie sich im Besitz einer „Wahrheit“ glauben, und eines Auftrags, die Welt zu retten.

Genau das verbindet sie mit den Sozialisten bzw. Kommunisten. Genau deshalb nenne ich sie Lenins Urenkel. Natürlich wollen sie nicht den alten Sozialismus wieder errichten. Aber die Grundzüge – der Wahn von kleinen Gruppen, sie müssten die anderen belehren, umerziehen und die Welt in eine bessere Zukunft führen – das ähnelt sich. Und das sind Züge, die auch dem Nationalsozialismus, also den nationalen Sozialisten, innewohnten. Auch dessen Anhänger waren ja in ihrem eigenen Verständnis nicht – wie heute in infantiler Schwarz-Weiß-Wahrnehmung viele glauben – für das Böse, sondern auch sie erlagen dem Irrglauben, sie seien im Besitz der Wahrheit und müssten die Menschheit retten und vor den vermeintlich Bösen schützen. In welche Katastrophe das führte, ist uns allen schmerzlich bekannt.

Insofern ist es einerseits vielleicht wirklich irreführend, wenn man das Phänomen, das wir heute erleben, vereinfachend als „Sozialismus“ bezeichnet. Andererseits ist die Wesensverwandtschaft in den Grundideen eben groß.

Eine der verbindendsten und gefährlichsten Eigenschaften ist das Ausblenden der Realität. Was nicht in die eigene Ideologie und das Weltbild passt, was den Plänen für eine „strahlende Zukunft“ im Wege steht, das darf nicht sein. Gewalt-Probleme mit Zuwanderern aus fremden Kulturkreisen und Krisengebieten werden deshalb als Phantasien von „Nazis“ verdrängt. Ebenso wie die Tatsache, dass es eben genau zwei biologische Geschlechter gibt. Oder das offensichtliche Scheitern der Energiewende.

Sowjetische Langzeitstrategie

Wir haben es in der westlichen Hemisphäre mit einer Kulturrevolution zu tun, die genau dem entspricht, was Überläufer aus den sozialistischen Geheimdiensten als die sowjetische Langzeit-Strategie bezeichnet haben. Einer Gehirnwäsche, die sämtliche Werte der westlichen Welt unterspült und die meisten Menschen orientierungslos zurücklässt. Auch wenn ich nicht glaube, dass KGB & Co. stark genug waren, das selbst durchzusetzen – unser Jetzt-Zustand gleicht sehr dem, was Überläufer wie Ex-Agent Yuri Bezmenow als Ziel des KGB beschrieben (anzuhören auf Deutsch hier).

Diese Kulturrevolution, die weniger hausgemacht ist, als dass sie aus den USA zu uns überschwappte, hat zu einem Kulturkampf geführt, der gerade in den USA eskaliert. Mit aller Gewalt versucht die neue, woke „Linke“ dort, eine Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus zu verhindern. Aus der gleichen, immer gut informierten Quelle, die mir fast auf den Tag genau im Dezember 2021 Putins Überfall auf die Ukraine vorausgesagt hat, bekam ich jetzt eine Prognose für die USA für Ende dieses Jahres, die so düster ist, dass ich mich nicht traue, sie hier wiederzugeben. Und inständig hoffe, dass die Quelle diesmal irrt.

Wir müssen uns bewusst sein, dass es ein Angriff auf die Grundlagen unserer Kultur ist. Insbesondere die Traditionen, und hier vor allem wiederum die Familie. Es geht – wieder einmal – um die Schaffung eines neuen Menschen. Dazu müssen die kulturellen, religiösen, ja und vor allem auch die geschlechtlichen Wurzeln des Einzelnen aufgebrochen werden – um ihn zu einer Biomasse zu machen, aus der sich der neue Mensch formen lassen kann. Wer daran auch nur ansatzweise Kritik übt, wer sich an der Auflösung etwa der Familie oder traditioneller Geschlechterbilder auch nur stört, wird als „Rechts“ bzw. „Neurechts“ diffamiert und entmenschlicht.

Passende Pandemie

Corona passt da wunderbar ins Szenario. Hätte es das Virus nicht gegeben – man hätte es erfinden müssen. Wie sonst hätte der Staat so massiv in intimste Bereiche des Lebens der Bürger eingreifen können?

George Orwell hat all das vorhergesagt. War er ein Prophet? Nein. Nur ein kluger Beobachter. Denn in der Sowjetunion unter Stalin und gab es einen ähnlichen Bauplan zu besichtigen – wenn auch mit ganz anderer Fassade. Und nicht nur die internationalen Sozialisten bastelten an einem neuen Mensch – aber lassen wir das…

Langer Rede kurzer Sinn: Die Welt, wie wir sie kennen, ist bedroht. Unsere Kultur. Sie soll einem von oben diktierten, künstlichen Gesellschaftsbild weichen. Mit Hilfe der Konstruktion einer virtuellen Realität, in der alle Menschen gleich sind (statt, was völlig richtig wäre, gleiche Rechte und Chancen bei aller Unterschiedlichkeit zu haben), in der Wind und Sonne allein für genügend Energie sorgen können, in der es über 60 Geschlechter gibt, die man sich frei aussuchen kann, in der alle Menschen von Haus aus friedlich sind, in der alle Kritiker der Regierung „Nazis“ sind.

Ohne eine konstruierte Wirklichkeit und Negierung der Realität wäre diese ideologische Kunstwelt nicht aufrechtzuerhalten – sie würde an ihren Widersprüchen kläglich scheitern und der Lächerlichkeit preisgegeben. Denn wie soll etwa die Quote zur freien Wahl des Geschlechts passen?

Gnade uns Gott, wenn die Kulturkrieger ihre Mission erfolgreich zu Ende führen. Wir werden dann wirklich leben wie in einem Orwell-Roman. Allzu weit davon entfernt sind wir nicht mehr.

Nun noch zu einem zweiten Leserbrief. Als Reaktion auf meinen Beitrag über Ralf Schuler, den Bild-Redaktionsleiter, der kündigte, weil er sich nicht zum Sprachrohr von Queer-Propaganda machen lassen will, schrieb mir ein Leser, Schuler sei russlandfeindlich.

Ich finde: Wenn Kritik an Putin russlandfeindlich wäre, dann wäre Kritik an Scholz und Merkel deutschlandfeindlich. Ich bin überzeugt: Es ist im Hinblick auf Bewohner eines jeden Landes immer freundlich, wenn Journalisten ihre Regierung kritisch beäugen. Leider haben manche diese Binsenweisheit aus den Augen verloren. Einige wünschen sich zwar – völlig zu Recht – in Deutschland Journalisten, die die Regierung kritisieren. Im Falle Putins finden sie aber toll, wenn Journalisten zu 100 Prozent (oder manche sogar zu 150 Prozent) auf der Linie der (russischen) Regierung sind. Finde den Widerspruch!

Ein anständiger Journalist hat jeder Regierung gegenüber kritisch zu sein. Ob das die deutsche ist, die russische, die US-amerikanische oder die ukrainische.

Wenn ein Journalist auch nur einer dieser Regierungen, egal welcher, völlig nach dem Mund redet, wenn auf manchen Portalen fast nur noch die Verteidigung einer bestimmten Regierung zu lesen ist, sollte sich jeder kritische Mensch seinen Teil dabei denken.

Bitte um Ohrfeigen

Sollte ich irgendwann einmal einem politischen Virus erliegen, und auf meiner Seite permanent irgendeine Regierung loben (außer in begründeten Ausnahmefällen) oder deren Kurs ständig verteidigen, dann bitte ich darum, mir Erste Hilfe zu leisten in Form von „verbalen Ohrfeigen“.

Selbst in der Ukraine-Politik kritisiere ich die Linie unserer Regierung scharf. Ich halte sie für völlig verlogen und weise auf die Widersprüche hin. Während sich die Mainstream-Presse stramm hinter sie stellt. Wie bei allen wichtigen politischen Fragen.

Eine weitere Leserin fragte mich, ob sich meine Einstellung zu Putin verändert habe, weil ich so wenig über ihn schreibe. Nein, sie hat sich nicht verändert. Ich finde nur, dass ich als Journalist meine Leser nicht belehren und missionieren soll. Meine Einstellung zu Putin habe ich sehr klargemacht. Ich will sie nicht gebetsmühlenartig wiederholen. Und niemanden bekehren. Ich respektiere auch andere Meinungen – erwarte diesen Respekt aber umgekehrt auch für meine Position. Wie es sich in einer Demokratie gehört.

Journalistische Solidarität

Warum wir kritischen Journalisten uns nicht zusammentun, fragte mich ein Leser. Eine schöne Idee, aber in der Realität wohl leider nicht umsetzbar. Ex-Bild-Chef Julian Reichelt hat auf meine freundlichen Anfragen nicht mal geantwortet. Leider ticken viele in der Branche so. Mit der „Achse des Guten“, Klaus Kelle („The Germanz“), Vera Lengsfeld, Dushan Wegner, Milena Preradovic, Gunter Weißgerber arbeite ich gut und freundschaftlich zusammen. Auch Dieter Stein von der „Jungen Freiheit“ ist ein Vorbild für journalistische Solidarität.

Doch leider sind das eher die Ausnahmen. Andere – ich nenne bewusst keine Namen – pinkeln einem öffentlich ans Bein wegen Flüchtigkeitsfehlern, oder betreiben ganz offen und gezielt Verleumdung. Und finden das noch toll. Dass der Mainstream uns kritische Journalisten wegen jeder Kleinigkeit anfeindet, ist klar. Aber Kollegen, die eigentlich Mitstreiter sein sollten? Das ist sehr bitter. Aber auch die Antwort darauf warum offenbar die Teamfähigkeit bei vielen eher bescheiden ist.

Eine andere Leserin schrieb mir, als ich am Wochenende wieder einmal eine Nachtschicht einlegte, ich arbeite zu viel. Ich antwortete ihr, dass ich in der Tat seit zweieinhalb Jahren keinen wirklich freien Tag mehr hatte. Und ein 18-Stunden-Tag eher Regel als Ausnahme ist. Dass ich mich aber nicht beklage und in meiner Arbeit völlig aufgehe. Und glaube, dass ich damit vom Schicksal mehr verwöhnt bin als jemand, der acht Stunden am Tag eine Arbeit macht, die ihm nicht zusagt.

Bloß keine Abhängigkeit

Umgekehrt bin ich mir aber sehr wohl bewusst, dass Applaus und das Gefühl der Wichtigkeit wie eine Droge wirken können. Man sieht das bei Politikern, aber auch Journalisten, die nicht loslassen können. Sich dieser Gefahr bewusst zu sein, ist zumindest schon einmal der erste Schritt bei der Prophylaxe einer solchen Abhängigkeit. Ich habe vor, dass ich mich zu gegebener Zeit, wenn das Schlimmste überstanden ist, weitgehend zurückziehe. Und dann auch die verpasste Freizeit nachhole. Und pralles Leben.

Ich weiß, so ein hehrer Vorsatz schreibt sich leicht, und lässt sich dann umso schwerer umsetzen, wenn es so weit ist. Aber mein großer Vorsatz ist, aus dem Hamsterrad irgendwann auszusteigen. Und auch dann noch hin und wieder für Sie zu schreiben oder mal ein Video zu machen – aber eben hin und wieder, und nicht im Dauerbetrieb bis in die Morgenstunden wie jetzt. Aus der dritten, oder noch besser vierten Reihe.

Aber ich fürchte, so nahe ist der Moment nicht, in dem das Schlimmste vorüber ist. Und bis dahin wäre ein Rückzug unverantwortlich.

Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie in diesen schweren Zeiten bei mir sind. Als Leser, als Kommentaren und Leserbriefschreiber, als Unterstützter, und auch als Kritiker (wir alle brauchen Kritik, sonst rosten wir ein).

Ich freue mich auf viele neue Begegnungen mit Ihnen und sende
beste Grüße

Ihr
Boris Reitschuster

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Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!
Bild: Shutterstock
Text: br

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