Von Mario Martin
Vergangenen Mittwoch fand im Paul-Löbe-Haus eine Expertenanhörung des Gesundheitsausschusses statt. Die Fachverbände sind sich plötzlich einig: Die Begründungen für die sektoralen Impfpflicht lassen zu wünschen übrig. Im Mittelpunkt der Anhörung standen zwei Anträge: Einer der CDU/CSU-Fraktion mit dem Namen „Einrichtungsbezogene Impfpflicht jetzt solide vorbereiten“ (BT-Drucksache 20/687). Zum anderen ein Antrag der Abgeordneten René Springer, Martin Sichert, Carolin Bachmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD unter dem Titel „Verschärfung des Fachkräftemangels im Gesundheitssektor verhindern – Einrichtungsbezogene Impflicht abschaffen“ (BT-Drucksache 20/699)
Eine Reihe von Sachverständigen sprachen sich gegen die Weiterführung der “sektoralen Impfpflicht” aus. Allerdings gab es auch Gegenstimmen. Der Deutsche Städtetag plädierte für die Weiterführung und die härtere Umsetzung der Regelungen. Die CDU sprach sich für die Weiterführung aus, die AfD dagegen. Da Christian Drosten scheinbar nicht zur Verfügung stand, durfte Prof. Leif Erik Sander die Regierungslinie in der Anhörung vertreten. Am Donnerstag folgte Drostens Rückzug aus dem Corona-Maßnahmen-Gremium, da eine Evaluation wegen fehlender Daten angeblich nicht möglich sei, was Gesundheitsminister Lauterbach auf Twitter als „schweren Verlust“ bezeichnete, denn „niemand könne es besser“.
Leider hat mir gerade @c_drosten mitgeteilt, dass er die Auswertung des Infektionsschutzgesetzes für die Bundesregierung und das Parlament nicht weiter begleitet. Das ist ein schwerer Verlust, weil niemand könnte es besser.
— Prof. Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) April 28, 2022
Auch während der Anhörung des Gesundheitsausschusses wird deutlich, warum einige Kreise mit der Behandlung des Themas und der Klärung der wissenschaftlichen Grundlagen nicht gewinnen können und dies daher zu vermeiden suchen.
Prognose: In Kürze kippt die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht. // @welt
— Tim Röhn (@Tim_Roehn) April 29, 2022
DKG fordert sofortige Aussetzung
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) erklärte, man habe die einrichtungsbezogene Impfpflicht nur unter der Maßgabe unterstützt, dass eine allgemeine Impfpflicht als zweiter und nötiger Schritt zwingend folgen würde. Da diese Voraussetzung nicht erfüllt wurde, sei den Angestellten die Aufrechterhaltung der Impfpflicht nicht mehr vermittelbar. Man fordere daher das sofortige Aussetzen der sektoralen Impfpflicht.
Etwas weniger deutlich gab sich der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). Die sektorale Impfpflicht gehöre auf den Prüfstand, denn ein “wirksamer Schutz vulnerabler Menschen in Pflegeeinrichtungen wäre erst dann sichergestellt, wenn alle Kontaktpersonen über einen wirksamen Impfschutz verfügen“.
Was dann doch sehr nach Schadensbegrenzung klingt. Ein wirksamer Schutz würde schließlich auch nicht vorliegen, wenn alle Kontaktpersonen geimpft sind, da die Wirksamkeit der Impfung schlecht ist und ohnehin bald verloren geht. Weiterhin ist die bpa-Aussage im geltenden Impf-Paradigma unlogisch, da ja bekanntlich jede Impfung hilft, “dich und andere zu schützen”. Folgt man diesem Leitgedanken, wäre die sektorale Impfpflicht weiterhin ein wirksames Mittel. Da diese aber nun über Bord geworfen werden soll, impliziert dies, dass die bpa dem offiziellen Narrativ scheinbar nicht mehr traut.
Caritas klagt über Falschinformationen, Städtetag über Schlupflöcher
Der deutsche Caritasverband äußerte sich dann auch zur Wirksamkeit der Impfung. Zwar schütze die Impfung nicht verlässlich vor einer Infektion, jedoch schütze sie “zuverlässig” vor einem schweren oder gar tödlichen Verlauf. Zudem wolle man Falschinformationen im Bezug auf die Impfung entgegentreten. Aber wer im Glashaus sitzt, der soll ja bekanntlich nicht mit unwirksamen Spritzen impfen.
Vielleicht fragt man bei der Caritas mal in Israel nach, wie dort die Lage beurteilt wird, um die “Zuverlässigkeit” der eigenen Informationen zu prüfen: “Zwischen siebzig und achtzig Prozent der schweren Fälle sind geimpft. Der Impfstoff hat also keine Bedeutung für schwere Erkrankungen.”, erklärte der Leiter der Coronaabteilung des Ichilov-Krankenhauses Tel Aviv, Giris Jacob, noch Anfang Februar.
Auch der Deutsche Städtetag hält die einrichtungsbezogene Impfpflicht weiterhin für richtig, aber in der Umsetzung hapere es, was im Wesentlichen der CDU-Linie entspricht. Weiterhin sei nicht nachvollziehbar, warum gerade kleinere Betriebe die Impfpflicht für Pflegekräfte leichter umgehen können als größere. Dass kleinere Betriebe potenzielle Personalausfälle wesentlich schlechter kompensieren können, scheint beim Deutschen Städtetag nicht zu interessieren. Ebenfalls wurden die nicht ausgesprochenen Betretungsverbote beklagt. Mit diesen sei vor dem Sommer nicht zu rechnen. Der Städtetag forderte eine neue Debatte über die Sektor-Impfpflicht und gegebenenfalls eine Verlängerung der Regelung über das Jahr 2022 hinaus.
Gunter Frank: “Ignorieren sie nicht weiter die Wirklichkeit”
In die Anhörung war ebenfalls Dr. Gunter Frank geladen. Der Heidelberger Arzt erläuterte ein weiteres Mal eindringlich den Sachverhalt und bezog eindeutig Stellung gegen die Weiterführung der Impfpflicht. Diese sei abzuschaffen und die persönliche Entscheidung der Pflegekräfte sei zu respektieren. Weiterhin wies Frank entschieden auf die häufig auftretenden, schweren Nebenwirkungen hin. Seinen lesenswerten Erfahrungsbericht zu seiner persönlichen Anhörung finden Sie bei den Kollegen der Achse des Guten:
In seinem Resümee gab Frank zu Protokoll: “Für eine Impfpflicht mit den neuartigen Covid-Impfstoffen gibt es somit keine wissenschaftlichen Argumente, weder allgemein noch einrichtungsbezogen. Es gibt stattdessen massive offene Sicherheitsfragen. Mit all meiner ärztlichen Erfahrung appelliere ich nochmals an Sie: Ignorieren Sie nicht weiter die Wirklichkeit. Der gesundheitliche Schaden wird nur größer und es droht ein Contergan-Skandal hoch 10. Stellen sie sich endlich ihrer Verantwortung als Gesetzgeber für dieses menschliche Drama und stoppen sie die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Vielen Dank.”
Dem widersprach der Impfforscher Prof. Leif Erik Sander, der bekräftigte, die Impfung hätte keine Übersterblichkeit verursacht und eine Untererfassung der Impfschäden gebe es überhaupt nicht. Konkret sagte Sander, es halte sich in “sozialen Medien teilweise auch in anderen Medien, dass die Einführung der Impfung oder gar der Booster-Impfkampagne und ähnliches zu einer Übersterblichkeit geführt hätten, dass wir eine massive Untererfassung von Impfkomplikationen und Impfschäden in Deutschland oder weltweit hätten. Das Gegenteil ist der Fall”.
Anträge der CDU und AfD
Die CDU-Fraktion kritisierte die Bundesregierung für die mangelnde Vorbereitung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Man hätte die Pflegestellen in der Luft hängen lassen. Grundsätzlich halte man das Vorgehen jedoch für richtig. Im Antrag heißt es daher auch, die Impfpflicht für Pflegekräfte “ist und bleibt richtig. Besonders in Lebensbereichen, in denen Menschen notwendigerweise und häufig unvermeidbar Kontakt miteinander, aber vor allem mit vulnerablen Bevölkerungsgruppen haben, ist eine umfassende Impfung der Beschäftigten zentral”.
Die AfD argumentiert in ihrem Antrag, es sei eine verstärkte Abwanderung qualifizierter Pflegekräfte in andere Berufe oder ins Ausland zu befürchten, wenn die sektorale Impfpflicht nicht zurückgenommen werde. Es drohe der Zusammenbruch des Gesundheitswesens, sollten die Sanktionen greifen und Betretungsverbote tatsächlich ausgesprochen werden. Zudem werde die außerordentliche Belastung der Gesundheitsämter durch die bürokratisch aufwendigen Einzelfallprüfungen erhöht. Man fordere daher den Verzicht auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht.
Die komplette Anhörung des Gesundheitsausschusses können Sie hier nachverfolgen:
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Mario Martin ist Ökonom und arbeitet als Software-Projektmanager in Berlin.
Bild: Youtube / Bundestag https://www.youtube.com/watch?v=HEKnkhyvbkUText: mm