Drei Jahre alt – und schon unter Dauerbeschuss Meine Seite hat heute Geburtstag – das will ich mit Ihnen feiern!

Kinder sind mit drei Jahren aus dem Gröbsten raus. Ich hoffe, dass es mit meiner Seite auch so ist. Sie wird heute drei Jahre alt. Am 3. Dezember 2019 startete sie. Fast aus Zufall. Geburtshelfer wider Willen war ausgerechnet ARD-Chef-Faktenfinder Patrick Gensing, der inzwischen ausgeschieden und zum FC St. Pauli gewechselt ist als Pressesprecher. Meine Seite hat ihn journalistisch überlebt. Unten noch einmal die ganze unglaubliche Geschichte.

Was von null begann, wuchs in erstaunliche Höhen: Heute ist meine Seite die meistgelesene unter den sogenannten „alternativen Medien“. Mit bis zu 7,3 Millionen Besuchern, die bis zu 53,7 Millionen Klicks machen: im Monat. Zu Kopfe gestiegen ist mir all das nicht. Nur etwas über den Kopf gewachsen. Und an die Nerven gegangen: Die große Aufmerksamkeit führt zu massivem Hass und Hetze. Zu Schikanen, Diffamierung und Ausgrenzung. Zu Konten-Kündigungen, Polizeibesuchen und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Nein, keine Angst, ich werde jetzt nicht wieder alles aufzählen. Allein es zu lesen, ist zermürbend. Aber glauben Sie mir: All das zu durchleben ist noch weniger angenehm.

Aber ein Geburtstag ist ein Anlass zum Feiern, nicht zum Klagen. Und ich möchte mich heute bei Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, bedanken. Sie haben mir geholfen, in diesen verrückten drei Jahren nicht verrückt zu werden. Nicht den Glauben an meinen Verstand zu verlieren, an die Logik, und an die Menschheit, zumindest ihren deutschen Teil. Sie waren das Kontrastprogramm zu all den Schrecken in Politik und Medien, das mir Halt gegeben hat, und Zuversicht. Und aus vielen Zuschriften weiß ich – das beruht in vielen Fällen auf Gegenseitigkeit. Was könnte es Schöneres geben?

Kein Sprachrohr sein!

Ich denke, wir sind zusammengewachsen in diesen drei Jahren. Und dazu gehören auch Reibungen. Ich weiß, dass manche sich an meiner kritischen Einstellung zu Putin stoßen. Ich akzeptiere und respektiere das. Doch ich würde meinen Beruf und meine Seele verraten, wenn ich meine Überzeugung verraten würde. Und zu der gehört, jede Regierung zu kritisieren. Egal, ob die deutsche, die amerikanische, die ukrainische oder eben auch die russische, die ich aus 16 Jahren in Moskau bestens kenne. Journalisten, die sich mit einer Regierung gemein machen – egal mit welcher, die deren Position übernehmen, und sich lesen wie Sprachrohre einer bestimmten Regierung, sind mir suspekt.

So wenig ich meine Überzeugungen verraten werde, so wenig werde ich – wie so viele Journalisten bei den großen Medien – versuchen, Sie zu belehren, zu erziehen oder Ihnen eine bestimmte „Haltung“ aufzudrängen. Zum Journalismus gehören Respekt und Achtung für andere Meinungen. Und ich freue mich besonders, dass die meisten Leser das auch umgekehrt hochhalten – und eben nicht von mir erwarten, dass ich ihnen nur nach dem Mund rede. Mit Meinungsverschiedenheiten nicht nur leben können, sondern verstehen: Sie sind für eine Demokratie nötig wie die Luft zum Atmen. Und genau die schneiden uns die großen Medien und die Politik ab mit ihrem „Haltungs-Terror“. Umso wichtiger ist es, dass wir als aufrichtige Demokraten diesen Fehler nicht machen.

Blick zurück

Vor einem Jahr habe ich hier zum zweiten Wiegenfest geschrieben: „Die große Frage ist: Macht es Sinn, immer weiter zu wachsen? Um den Preis von Dauer-Stress, einem 18-Stunden-Tag, in dem man dann schon mal den Geburtstag vergisst – und selbst vor lauter Organisatorischem nur noch viel zu wenig zum Schreiben kommt? Oder wäre es besser, zu den Anfängen zurückzukehren? Weniger Artikel, weniger Umfang, aber mehr eigene Texte, mehr Analytisches?“

Eine große Mehrheit war mit diesen Vorschlägen einverstanden. Doch ich muss ganz selbstkritisch eingestehen: Aus den guten Vorsätzen, weniger zu arbeiten, ist nichts geworden. Auch in den vergangenen 365 Tagen gab es keinen wirklich freien Tag. Und nicht allzu viele mit unter 18 Stunden Einsatz. Woran das liegt? Ich denke, an den Emotionen, und am Herzblut. Die sind einerseits wichtig. Andererseits aber auch gefährlich. Und so greife ich meinen guten Vorsatz vom letzten Geburtstag wieder auf: Weniger ist mehr!

Lichtjahre entfernt

Zum Geburtstag wünsche ich Ihnen und mir, dass wir wieder in ruhigere Gewässer kommen. Und dass sich die Zustände in unserem Land wieder so normalisieren, wieder so pluralistisch und demokratisch werden, dass eine Seite wie meine überflüssig wird – weil die großen Medien genügend Meinungsvielfalt und Kritik an den Mächtigen bieten. Das ist mein Traum. Und mein großes Ziel. Aktuell sind wir davon leider Lichtjahre entfernt. Doch ich möchte nicht ohne Hoffnung leben, und deshalb lasse ich mir diesen Traum nicht nehmen. Und empfehle das auch Ihnen!

Aber bis dahin haben wir noch eine ordentliche Wegstrecke, die wir hoffentlich gemeinsam zurücklegen. Ich freue mich darauf! Und danke Ihnen noch einmal ganz, ganz herzlich!

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Als kleines Dankeschön an Sie verlosen meine Unterstützer, die den Shop betreiben, gemeinsam mit mir fünf reitschuster.de–T-Shirts. Die neue Kollektion, etwa mit Lieblings-Sprüchen von mir, sowie die Klassiker finden Sie auf der Shop-Seite eine-frage-noch.de. Für die Teilnahme an der Verlosung reicht ein entsprechender Kommentar unter diesen Artikel (gerne schon mit Angabe des gewünschten T-Shirts) bis einschließlich Montag, 5. Dezember. Wenn Sie sich nicht auf das Losglück verlassen wollen, können Sie per Direkt-Bestellung zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Ein schönes Weihnachtsgeschenk bekommen und die Arbeit von meinem Team und mir unterstützen! 1000 Dank!

Und hier nun noch, wie versprochen, die Geschichte meiner Seite – und ihr Credo: 

Am 3. Dezember vor drei Jahren startete sie in ihrer neuen Funktion. „Geburtshelfer“ wider Willen war ausgerechnet ARD-Chef-Faktenfinder Patrick Gensing. Der ging wie aus heiterem Himmel im November 2019 juristisch gegen mich vor, weil ich eine Kachel mit einem Zitat von ihm auf Twitter geteilt hatte (siehe hier). Sein Anwalt nahm gleich auch noch meine Seite hier mit unter Beschuss, die bis dahin ein Schattendasein gefristet hatte mit ein paar hundert (also nicht ganz null) Aufrufen im Monat. Vor dem Amtsgericht Köln scheiterte Gensing schließlich mit seiner Klage (siehe hier). Seine Berufung endete mit einer Bauchlandung. Kurz darauf schied er bei der ARD aus.

reitschuster.de 2014, noch mit dem alten Design von 2006

Aber zurück zum November 2019. Ich stellte meine Seite nach Gensings Attacke sicherheitshalber offline. Und ganz offen gestanden: Ich war kurz davor, sie aufzugeben. Wegen der juristischen Risiken. Doch dann sagte ich mir: Jetzt erst recht! Genau zu dieser Zeit beklagte sich mein guter Freund, der Regensburger Professor für Politikwissenschaft Jerzy Maćków, dass kein Medium seinen neuen Kommentar drucken wollte – selbst bei den „Alternativen“ wurde er abgelehnt. Jerzy war etwas niedergeschlagen. Ich bot ihm spontan Asyl auf meiner Seite, die damals noch niemand kannte. Jerzy störte das nicht. „Danke, gerne“, sagte er spontan.

reitschuster.de im September 2019

So war reitschuster.de in seiner heutigen Form geboren – mit dem Beitrag „Die ‚Große Koalition‘ beschädigt die Demokratie“. Der Artikel wurde viel gelesen. Obwohl die Seite, handgemacht wie sie war, wenig einladend wirkte. Und ich auch einfach nur den Namen meiner alten Homepage übernommen hatte. reitschuster.de war wie ein Fahrrad inmitten vieler schöner Autos und Luxuswagen. Aber dafür schnell, wendig und nicht auf Linie. Die Resonanz ermunterte mich, weiter zu schreiben. Schon im ersten Monat hatte die Seite einige hunderttausend Aufrufe.

reitschuster.de im Mai 2020

reitschuster.de wuchs und wuchs. Immer mehr Autoren hielten es wie Prof. Maćków und suchten bei mir Asyl. Oder einfach nur eine neue Plattform. Aus der handgestrickten Seite aus dem Baukasten wurde binnen einiger Monate ein Medium mit allein im Juli 2020 rund 665.000 Besuchern und mehr als einer Million Aufrufen. Im Oktober 2020 waren es dann schon 3,2 Millionen Aufrufe. Gut ein Jahr später zählte die Seite im Januar 2022 mehr als 53,7 Millionen Aufrufe.

Was da entstanden ist, ist für mich wie ein kleines Märchen. Die Zahl der Besucher wuchs und wuchs. reitschuster.de setzt inzwischen mit Umfragen und exklusiven Geschichten Akzente und Themen. Die Seite schafft es immer öfter in die Rangliste der relevantesten Artikel bei 10000.flies  – Rekord bisher: Platz eins, zwei und drei gleichzeitig. Bevor regelmäßige Zensur und Sperren vor allem bei Facebook oder etwa die Löschung aus „Google News“ dem einen unfairen Riegel vorschoben.

Nein, ich zähle das nicht auf, weil mir Ranglisten wichtig wären oder ich eitel würde (ich werde nach Kräften alles tun, um das zu vermeiden). Sondern weil die großen Medien so oft den Eindruck erwecken, alle würden nur in eine Richtung schwimmen – mit dem Strom. Kritiker seien nicht relevant. Eine kleine Minderheit. Extremisten. Die Zahlen belegen: Viele Menschen sehen das, was in Deutschland passiert, kritisch. Menschen aus der Mitte der Gesellschaft.

Darum ist es mir so wichtig, dass die Seite viele neue Begegnungen mit wunderbaren Menschen brachte, wertvolle Bekanntschaften und auch neue Freunde. Dass sich auch viele Menschen dank der Seite untereinander vernetzt haben. Aus dem Ein-Mann-Betrieb ist eine regelrechte Familie entstanden, ein Team wunderbarer, engagierter, liebenswerter Menschen, die ich aus meinem Leben nicht mehr wegdenken kann, mit Ekaterina Quehl im Zentrum als gute Seele der Seite. Auch Kolleginnen und Kollegen in den großen Medien helfen mit – können nur aus verständlichen Gründen nicht offen in Erscheinung treten. Was sie aus den Redaktionen erzählen, welcher Ungeist dort herrscht, macht mich immer wieder sprachlos.

Zu meinen Büchern

Entscheidende Helfer sind auch Sie, liebe Leserinnen und Leser. Die Zahl der Themen-Anregungen und Hinweise ist überwältigend. Es ist so, als hätte man hundert Ohren und Augen. Wir schaffen es beim besten Willen nicht, auf alles zu antworten – sonst müsste die Seite stillstehen. Aber ohne die vielen Zuschriften wäre alles nichts. Und ohne Ihre Unterstützung, die ermöglicht hat, dass wir Schritt halten mit den Besucherzahlen und auf einen neuen, stabilen Server mit Reserven umziehen konnten (siehe hier). Immer wieder stockt mir der Atem, wenn Menschen schreiben, dass sie von ihren ganz geringen Mitteln noch etwas abzwacken für die Seite. So wichtig Ihre Unterstützung ist: Ich bitte alle, die ohnehin wenig haben, dieses Wenige zu behalten. Umso mehr freue ich mich über die Hilfe derjenigen, denen sie nicht weh tut.

Zum dritten Geburtstag möchte ich mein Versprechen erneuern: Ich werde mich weiter anstrengen. Ich werde mich hüten, Ihnen „Wahrheiten“ zu präsentieren. Ich werde versuchen, alles zu hinterfragen. Auch mich und meine Arbeit. Ich werde immer an Sie appellieren, sich aus verschiedenen Quellen zu informieren, verschiedene Perspektiven und Blickwinkel einzunehmen. Nur so gehen Demokratie und Pluralismus – die momentan bei uns massiv unter Beschuss sind. Was etwa darin zum Ausdruck kommt, dass manche, bis hinauf zum SWR-Intendanten Kai Gniffke, nicht verstehen, dass in einer Medienlandschaft, die sehr einseitig und regierungstreu geworden ist, eine kleine Seite wie meine nur ein Korrektiv sein kann. Und eben nicht in der Lage ist, alle (!) Perspektiven abzudecken und in den Chor einzustimmen von abertausenden Mitarbeitern der gebührenfinanzierten Anstalten. Und der Redaktionen, die Steuermillionen bekommen.

Umgekehrt kann ich mich aber auch nicht verbiegen und beim Thema Russland und Ukraine meine Überzeugungen verraten, nur um im Gegensatz zu anderen Medien zu stehen. Meine 16 Jahre in Moskau haben mich geprägt, ich fühle mich als halber Russe, liebe dieses Land wie eine zweite Heimat, und hadere mit der Führung dort genauso wie mit der hier. Auch, weil Merkel und Putin so viel Ähnlichkeiten haben, die kaum bekannt sind. Weil mich so vieles in Deutschland an das erinnert, was ich in Russland erlebt habe. Während bei uns das Gespenst der DDR wiederaufersteht, ist es in Russland das Gespenst der tragischen 1930er Jahre. So sehr ich hoffe, mich dabei zu irren, und so wenig ich irgendjemanden belehren will – ich werde mich auch bei diesem Thema nicht verbiegen oder gar verleugnen. Positionen zu Putin, die völlig konträr sind, finden Sie auf genügend anderen Medienseiten im Internet. Und ich setze mich vehement dafür ein, diese nicht verstummen zu lassen, wie das viele Journalisten und Politiker fordern. Die Meinungsvielfalt muss auch bei diesen Themen gewährleistet sein. Sollten diese anderen Stimmen abgeschaltet werden, biete ich ihnen trotz aller Meinungsunterschiede „Asyl“ auf meiner Seite an (nach dem Beispiel dieses Beitrags hier).

Hier wird es keine Quote für Regierungs-Bauchpinselei und politische Korrektheit geben. Sollte sich eines Tages dagegen der politische Wind drehen, werde ich versuchen, mich ihm dann von der anderen Seite entgegenzustemmen.

Ich muss Sie warnen, dass mir Fehler passieren werden. Anders geht es leider nicht, vor allem angesichts des Arbeitspensums. Aber mir machen diejenigen, die sich für unfehlbar halten, am meisten Angst. In diesem Sinne: Bleiben Sie meiner Seite treu. Und bleiben Sie trotzdem kritisch mir und allen Beiträgen hier gegenüber!

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