Spott über Grüne jetzt verboten – Hausdurchsuchung bei Unternehmer Justiz soll Angst in der Gesellschaft schüren und Kritik im Keim ersticken

Wäre die Vergangenheitsbewältigung in Deutschland nicht völlig fehlgeschlagen, hätte es statt einer Ritualisierung eine echte Auseinandersetzung mit den Wurzeln des Geistes gegeben, der zur finstersten Zeit in der deutschen Geschichte geführt hat – dann müssten heute bei den Menschen in unserem Land massenhaft alle Alarmglocken klingen.

Doch da sich das Augenmerk der Vergangenheitsbewältigung, die in Wirklichkeit keine war, immer auf die schrecklichsten Auswüchse des Nationalsozialismus konzentriert, statt auf seine Anfänge und seinen Weg zur Macht, sind sehr viele Menschen blind für die Anfänge von totalitären und autoritären Systemen. Sie starren auf vermeintliche „Nazis“ im alten Gewand, die ihnen die neuen Demokratiefeinde als Ablenkungsmanöver ständig vorführen bzw. einreden – und übersehen dabei die Gefährlichkeit genau dieser Demokratiefeinde.

Dabei liefern sie täglich Nachrichten, die jedem aufrichtigen Demokraten, der sich ein wenig mit der Entstehung von autoritären Systemen befasst, die Haare zu Berge stehen lassen.

Die neueste Meldung dieser Kategorie: Weil ein Unternehmer aus Bayern die Grünen verspottete, also die Regierungspartei, hatte er die Polizei in seinen vier Wänden. Sie rückte zu einer Hausdurchsuchung an, wie jetzt bekannt wurde.

Längst sind solche höchst invasiven und oft auch traumatischen Eingriffe in die Privatsphäre zu einem Gängelungsinstrument des Staates geworden. Was in einem funktionierendem Rechtsstaat unmöglich wäre – in unserem Linksstaat aber inzwischen üblich ist. Wie etwa der Rechtsanwalt Josef Hingerl erst kürzlich im Interview mit mir anschaulich darlegte (siehe hier unter dem vielsagenden Titel „Die Regierung hat die Justiz gekidnappt“.)

Im konkreten Fall tat der Unternehmer Michael Much aus Gmund am Tegernsee das, was in einer Demokratie das heiligste Recht jedes Bürger sein müsste: Er verspottete die Regierenden. Konkret die Chefin einer Regierungspartei Ricarda Lang und Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Vor seiner Haustür hatte Much im September 2023 Plakate aufgehängt, die hart mit den beiden sowie Bundesernährungsminister Cem Özdemir und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ins Gericht gingen. Auf einem der Spott-Plakate spießte er die Aussage Habecks auf, dass „Unternehmen nicht insolvent“ gehen, sondern nur „zu produzieren aufhören“, wie die „Bild“ berichtet. Darunter stand: Kann Habeck „überhaupt bis drei zählen“?

Eine Frage, die polemisch sein mag, aber in einem demokratischen Staat völlig legitim ist. „Auch über Ricarda Lang habe sich Much in ähnlicher Weise lustig gemacht“, schreibt der „Focus“.

Man mag das gut oder schlecht finden, witzig oder nicht. Entscheidend ist – es muss in einer Demokratie zulässig sein.

Nicht so im „besten Deutschland aller Zeiten“, in dem der Geist des Totalitarismus fröhliche Urstände feiert.

Die Polizei fand die Plakate nicht lustig und durchsuchte das Haus von Unternehmer Much nach Beweismaterialien. „Da Much schnell zugegeben habe, die Plakate selbst aufgehängt zu haben, habe ihm die Staatsanwaltschaft München II wegen Beleidigung gegen Personen des politischen Lebens 6000 Euro Strafe auferlegt“, schreibt der Focus. Am 21. März soll der Fall nun vor dem Amtsgericht in Miesbach verhandelt werden.

Tatsächlich sind es ausgerechnet die Grünen, die einst für wüste Beschimpfungen der Regierung bekannt waren, die heute mimosenhaft auf Kritik reagieren. Und offenbar wie zur Kaiserzeit überall Majestätsbeleidigung wittern.

So hatte Habeck erst kürzlich einen Bayer verklagt, der ihn auf sozialen Medien mit einem „Vollpfosten“ verglichen hatte, wie der „Focus“ berichtet. SPD-Politiker agieren ähnlich. Erst heute schrieb mir ein Leser, dass er Post von der Staatsanwaltschaft bekam, weil er Innenministerin Nancy Faeser im Internet als „kriminellen Nichtsnutz“ bezeichnete.

Es geht offenbar darum, Angst in der Gesellschaft zu schüren und Kritik im Keim zu ersticken.

Der Mann aus Bayern habe Habeck mit seiner Handlung „in seiner Ehre herabgesetzt“, stellte die Staatsanwaltschaft Wunsiedel fest und veranlasste eine hohe Geldstrafe für die Aussage.

Merke: Jedermann darf zwar mit dem Segen unserer Justiz Alice Weidel eine „Nazi-Schlampe“ nennen. Das ist Satire. Man darf auch Kinder als Ratten bezeichnen (Böhmermann) und Ungeimpfte als „gefährliche Sozialschädlinge“, die man einsperren sollte. All das geht.

Zu fragen, ob Habeck bis drei zählen kann, ist dagegen eine böse Majestätsbeleidigung und führt zu Hausdurchsuchung und Bestrafung.

Ebenso wie das Dokumentieren der Hetze gegen Ungeimpfte. Wenn die Volksverhetzung aus der „richtigen“, „guten“, also rot-grünen Ecke kommt, ist nicht sie strafbar – sondern der Hinweis auf sie (siehe hier).

Wir leben in einer Gesellschaft, die der polit-mediale Komplex pervertiert hat.

Ich frage mich: Wie viel Verdrängungs-Anstrengungen, wie viel Aufwand zum Wegsehen müssen all jene aufbringen, die solche Zustände schönreden oder einfach ignorieren. Gar nicht zu reden von denen, die auch noch auf die Straße gehen für diejenigen, die einen derartigen Terror gegen Andersdenkende ausüben.

Wie kann man in einem Atemzug Probleme mit der Meinungsfreiheit oder Schikanen der Opposition in anderen Ländern kritisieren, gleichzeitig im eigenen Land aber genau diese Entwicklung gutheißen oder zumindest ignorieren?

Es ist wohl eine der beängstigenden Fehlentwicklungen der letzten Jahre, dass ausgerechnet die vermeintliche Vergangenheitsbewältigung, das gut gemeinte „Nie wieder“ heute von den Demokratiefeinden in den Ämtern als Trojanisches Pferd genutzt wird, um erneut totalitäres Denken und Handeln in Deutschland salonfähig zu machen.

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