Virtuelle Agenten gegen den Rechtsextremismus Ausspähung auf Kosten der Steuerzahler

Von Daniel Weinmann

Es ist geradezu unheimlich, wie schnell in diesen Tagen reichweitenstarke Medien mit Themen aufwarten, die noch vor Jahresfrist die berufliche Existenz ihrer Autoren gefährdet hätten. Vor wenigen Tagen war es mit der „SZ“ die Zeitung, die hierzulande laut Statista auf dem zweiten Platz der auflagenstärksten überregionalen Tageszeitungen rangiert.

Genau jene Zeitung, die sich bisher stramm regierungstreu und fernab aller Verschwörungstheorien geriert, präsentiert das Porträt einer Agentin des Verfassungsschutzes, der laut eigener Website „im Bund und in den 16 Ländern die Sicherung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sorgt“. Doch statt sich wie zu früheren Zeiten in das von ihr zu durchleuchtende Milieu zu begeben, agiert sie im Internet. Vielmehr ist sie Teil der wachsenden Gruppe von Menschen, die neuerdings bei den sozialen Netzwerken für den Inlandsgeheimdienst agieren, um bei Rechtsradikalen den Anschein zu erwecken, dass sie dazugehören.

Nach Recherchen der Zeitung hat die Behörde seit 2019 massiv in „virtuelle Agenten“ investiert, die sie mit Steuergeldern finanziert. „Das ist die Zukunft der Informationsbeschaffung“, betont ein ungenannter Leiter eines entsprechenden Landesamtes. „Wir sollen mitschwimmen, gucken, was die anderen machen“, erzählt die Agentin aus Fleisch und Blut dem „SZ“-Autor – und auch selbst ein bisschen rechtsradikal spielen.

Rechtsextremismus als größte Bedrohung für die Bundesrepublik

Natürlich ist sie, wie könnte es anders sein, auf die rechtsextreme Szene angesetzt, in der sich laut Bundesregierung vornehmlich Verschwörer und Corona-Leugner tummeln, wie diejenigen genannt werden, die die Agenda der Herrschenden hinterfragen. Erst im Juni hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser bei der Vorstellung eine neue Beobachtungskategorie geschaffen: die „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“, worunter vor allem die Aktivitäten von Corona-Maßnahmen-Skeptikern fielen.

Überhaupt gilt Rechtsextremismus spätestens seit dem Beginn der Coronakrise als größte Bedrohung für die Republik – obwohl viele Daten zeigen, dass Linksextremisten und der radikale Islam eine größere Bedrohung darstellen. Wie schön vor diesem Hintergrund, dass die Agentin vor einem Jahr aus Idealismus zum Verfassungsschutz gekommen ist.

Über gemeinsame Freunde pirscht sie sich virtuell den dicken Fischen an. In Kreisen der Reichsbürger etwa kommt sie mit esoterischen Themen gut an. „Viele Radikale ahnen wahrscheinlich gar nicht, wie viele Accounts in ihren Chatgruppen inzwischen schon von Verfassungsschutz-Agenten geführt werden“, weiß der „SZ“-Autor. Die vielen Menschen, die als Opfer von rechter Online-Hetze betroffen sind, würden vermutlich staunen, wenn sie wüssten, was da im staatlichen Auftrag inzwischen so alles gepostet und gelikt wird.

»Der Staat muss das Grundrecht der Meinungsfreiheit respektieren«

Zum Mantra der „Süddeutschen Zeitung“ passt, dass es für die Agentin am schwierigsten ist, in der Bubble der neueren Verschwörungstheorien unterwegs zu sein. Laut „SZ“ sind dies solche Menschen, „die in den Corona-Maßnahmen der Regierung einen diabolischen Plan sehen“.

Inzwischen gibt es so viele Fake-Konten, die von verschiedenen deutschen Behörden betrieben werden, dass eine bundesweite Vereinbarung notwendig geworden ist. Sonst könnte es passieren, dass sich diese verschiedenen Agenten gegenseitig überwachen und kontrollieren würden.

Verfassungsjuristen sehen das Vorgehen des Inlandsgeheimdienstes kritisch. „Der Staat darf sich für die politischen Meinungen der Bürger nur interessieren, soweit er dabei das Grundrecht der Meinungsfreiheit respektiert“, zitiert die „Neue Zürcher Zeitung“ den Hamburger Staatsrechts-Professor Hans Peter Bull. Diese Grenze sei in der Vergangenheit häufig überschritten worden. „Die Verfassungsschutzbehörden hätten in großem Masse „Gesinnungsschnüffelei“ betrieben, indem sie Mitbürger wegen ihrer radikal kritischen Meinungen beobachtet und Dossiers über sie angelegt hätten.

Für den emeritierten Staats- und Verwaltungsrechtler ist klar: „Die Verfassungsschutzbehörden sollen Nachrichten sammeln und auswerten, aber nicht selbst an der Entstehung von Nachrichten mitwirken.“

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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

Bild: ThePhotoFab/Shutterstock

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