Polizeieinsatz gegen spielende Kinder "Nicht mehr draußen spielen!"

Seit Jahren wird vor den Augen der Polizei im Görlitzer Park mit Drogen gehandelt. Die Beamten greifen nicht ein. Nicht einmal in der Neujahrsnacht, als für normale Berliner eine faktische Ausgangssperre herrschte und Teile der Stadt abgeriegelt waren. Vielen einfachen Beamten stinkt es, dass ihnen die politische Führung unter Innensenator Andreas Geisel (früher SED, heute SPD) das Vorgehen gegen die Drogendealer nicht gestattet.

Umso konsequenter muss die gleiche Polizei indes auf Anweisung von oben dagegen vorgehen, wenn etwa Kinder im Freien miteinander spielen. Das zeigt ein 28-sekündiges Video, das mir jetzt ein Leser geschickt hat. Besonders pikant: Der Mann ist Bundestagsabgeordneter. Und zwar nicht von der Opposition. Sondern von einer der drei Regierungsparteien (und er ist treuer Leser meiner Seite, die er nach eigenem Bekunden sehr schätzt). Er hat den Streifen selbst aufgenommen. Bevor er von der Polizei aufgefordert wurde, das Filmen zu beenden.

Der Volksvertreter schrieb mir folgenden Text dazu: „Die Info der Polizei an rund sieben Kinder im Alter zwischen sechs und zehn Jahren war, dass jetzt Kinder unter zwölf auch nicht mehr draußen spielen dürfen, zumindest nicht auf ausgewiesenen Freizeitplätzen. In Moabit an der Ecke Jagowstraße.“

Er schickte dann noch folgenden Kommentar hinterher: „Es wird Zeit, dass wieder über die Sinnhaftigkeit von Eingriffsmaßnahmen des Staates offen in der Gesellschaft und im Parlament diskutiert werden kann und nicht jedes kritische Nachfragen mit einem Schubs in die rechte Ecke verbunden wird. Völlig sinnfreie und widersprüchliche Maßnahmen helfen keinem einzigen Menschen auf der Intensivstation, sondern führen zu viel mehr heimlichen Umgehungen wie aktuell in vielen Sektoren zu erkennen ist. Man denke nur an die Friseure.“

Mich hat der Streifen, in all seiner Kürze, in all seiner vermeintlichen Harmlosigkeit massiv bestürzt. Und befremdet. Ich habe prinzipiell hohe Achtung vor der Polizei und der Arbeit, die sie macht. Doch aktuell leidet diese Arbeit. Etwa wenn ich Szenen sehe, wie in Frankfurt Beamte Menschen beim Essen eines Apfels oder Trinken eines Kaffees zur Eile auffordern. Unter meinen Lesern sind viele Polizisten, wie ich aus zahlreichen Zuschriften weiß. Viele verzweifeln gerade an ihrer Polizei (siehe auch den Bericht „Das ist nicht mehr die Polizei, bei der ich anfing“ hier). Die Polizei wirkt tief gespalten. Selbst in dem Video glaube ich das zu erkennen: Die Beamten wirken nicht sehr glücklich in ihrer Haut.  Umso patziger die Reaktion von einem der drei, der auf den Bundestagsabgeordneten zugeht: „Gibt es einen Grund, dass Sie uns filmen?“

Oh ja, den gibt es.

Und jeder, der den Sinn von Demokratie verstanden hat, braucht den nicht erklärt zu bekommen.

Mehr noch: Dass der Beamte nicht möchte, dass gefilmt wird, zeigt, dass er offenbar nicht stolz ist auf das, was die Polizei hier tut.

Ich würde mir wünschen, die Polizeiführung würde den Beamten erlauben, gegen Drogendealer so konsequent vorzugehen wie gegen spielende Kinder und ihre Eltern.

PS: Leser schickten mir einen Link auf dieses Video, in dem einer Rentnerin Handschellen angelegt werden.

YouTube player

https://twitter.com/KarlAuer18/status/1353673697127768064

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Bild: photocosmos1/Shutterstock
Text: br

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