Von Daniel Weinmann
2250 Spaziergänge wurden am gestrigen Montag auf den Telegramkanälen der Länder gemeldet – neun mehr als vor einer Woche.
Das Framing der Medien läuft offenbar ins Leere. „Sie schreien die Polizisten an, filmen und schubsen“, schreibt etwa die „Wolfsburger Allgemeine Zeitung“. „Wenn Gegner der Corona-Maßnahmen in Wolfsburg die Konfrontation suchen, kann das bei einigen schon mal laut und unangenehm werden. So wie am Montagabend in Wolfsburg.“ Der „Kölner Stadtanzeiger“ fragte derweil gleich in der Headline rhetorisch: „Wie rechts sind die Kölner Montagsspaziergänge?“
Noch tiefer in den Diffamier-Instrumentenkasten griffen eine ganze Reihe von Politikern, Künstler und sogar Kirchenvertretern in Berlin, um „demokratische Werte zu schützen“. „Uns bereitet es große Sorgen, dass umherziehende Protestler*innen (zuweilen im Verbund mit bekannten Pandemie-Verharmlosern und rechtsgerichteten Netzwerken) eine angebliche ‚Corona-Diktatur‘ herbeizureden versuchen“, heißt es in einer Erklärung der Berliner „Initiative Gethsemanekiez“. Zu den Prominenten, die bei der Initiative unterschrieben, zählen der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD), der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, der Generalmusikdirektor der Staatsoper Berlin, Daniel Barenboim, Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD), Kultursenator Klaus Lederer (Linke), die ehemalige Stasi-Unterlagen-Beauftragte Marianne Birthler und der evangelische Alt-Bischof Markus Dröge.
Wie es wirklich auf den Spaziergängen aussieht und wer dort tatsächlich teilnimmt, hätten die selbsternannten Retter der Demokratie nur wenige Kilometer entfernt erfahren können:
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„In Bautzen sind es montags immer über 4000 Leute, das sind mehr als zehn Prozent der Bevölkerung“, schreibt ein Leser:
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In Düsseldorf erwähnten die Spaziergänger auch Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke, die die friedlichen Demonstranten u.a. als „Staatsfeinde“ bezeichnet hatte:
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„#SolidarischMitDerJugend“, lautete in Vaihingen/Enz die Devise, nachdem dort am vergangenen Montag Boris Reitschuster und die freie Demokratie im Mittelpunkt standen. „Ich möchte ohne Regeln mit meinen Freunden ins Kino gehen“, wünscht sich eine 13-Jährige stellvertretend für viele Jugendliche:
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Volle Straßen gab es einmal mehr in Magdeburg:
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Gut gefüllte Straßen auch in Mannheim:
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Im Leipziger Stadtteil Engelsdorf waren über 1500 Menschen auf der Straße: https://twitter.com/doxograf/status/1493365810206810115
Rund 1000 Teilnehmer spazierten durch Münster:
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Auch die Rottweiler Bürger ließen sich nicht aus der Reserve locken.
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Spaziergang in die Freiheit, lautet die Parole in Neubrandenburg:
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Die Spaziergänger in Marburg verhielten sich trotz eines Gewaltaufrufs der Antifa friedlich:

In Paderborn grüßten die Spaziergänger den Autokorso:
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Pforzheim zählt längst zu den verlässlichen Größen:
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Singen ließ sich nicht von der Polemik des „Südkurier“ beeindrucken, für den der Protest „zunehmend politisch vereinnahmt werden“ soll:
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Bad Nauheim lief für FriedenFreiheitSelbstbestimmung:
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“Die rote Linie sind wir”, lautete das Motto in Suhl:
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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.
Bild: Sabrina WiedText: dw
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