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Auch als medizinischer Laie bilde ich mir ein, dass Viren immer gleich Viren sind, egal, ob sie von einem Mitglied oder Sprecher der Bundesregierung kommen, oder von einem Journalisten. Zumindest sind mir anderweitige wissenschaftliche Erkenntnisse bislang nicht bekannt. Insofern wundere ich mich schon lange über die Regelung auf der Bundespressekonferenz. Denn dort sitzen die Sprecher der Bundesregierung mit dem Gesicht zu den Journalisten ohne Masken. Was auch Sinn macht, da nur so eine vollwertige Kommunikation möglich ist. Denn auch Mimik ist ein Teil der Kommunikation.
Umgekehrt behalten aber die Journalisten während ihrer Fragen in der Regel die Masken auf – sie sind damit ihrer Mimik beraubt. Gleichwertige Kommunikation sieht anders aus. Wäre der Saal prall gefüllt, und würde Journalist an Journalist sitzen, wäre das noch nachvollziehbar. Inzwischen sind aber Mindestabstände vorgesehen. Und heute waren, so habe ich es zumindest überschlagen, rund zehn Journalisten übrig, die sich auf den grob geschätzt 200 Plätzen verteilten. Also das Gegenteil von drängender Enge. Der Vorstand der Bundespressekonferenz trug dem auch Rechnung, indem er es beim Anbehalten der Masken während des Redens bei einem Appell beließ – aber bislang nicht bei einem Zwang. Die überwiegende Mehrheit der Kollegen behielt die Maske beim Sprechen freiwillig an. Was manchmal zu Kommunikationsschwierigkeiten führte.
Ich handhabte es immer so, dass ich die Maske dann auf dem Mund ließ, wenn es etwa bei Minister-Pressekonferenzen nicht ganz so leer war im Saal wie bei den „normalen“ Regierungspressekonferenzen mit Steffen Seibert & Co. Ende Januar wurde das Hygiene-Konzept der Bundespressekonferenz aber dahingehend geändert, dass bis auf die Regierungssprecher auf dem Podium im Saal alle auch beim Sprechen die Maske aufbehalten müssen – eine Änderung, die mir bis vor wenigen Stunden nicht bekannt war, aber offenbar auch vielen anderen nicht. Wer die Maske abnimmt, kann jetzt des Saales verwiesen werden.
Ich habe heute wie bisher konform zur alten Regelung angesichts der Leere im Saal und der Tatsache, dass vor mir alle Mindestabstände mehr als gewahrt waren, für meine Frage die Maske abgenommen. Das war zunächst auch kein Problem. Ich konnte nicht ahnen, dass hinter mir zwischenzeitlich die Kollegin Kristina Dunz vom Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), zu dessen Eigentümern die SPD gehört, Platz genommen hatte. Dunz ist langjährige Kanzleramtskorrespondentin und als solche nahe dran an der Kanzlerin. Und sie hat in meinen Augen in der Einschätzung von Angela Merkel eine Meinung, die völlig konträr ist zu meiner. Während ich anfing, nach vorne meine Nachfrage an Seibert zu stellen, wurde ich von hinten von Dunz lautstark unterbrochen (anzusehen hier).
Zuerst war ich so auf meine Frage konzentriert, dass ich nicht richtig zuhörte, aber die Kollegin wurde so laut und eindringlich, dass es nicht mehr zu überhören war. Sie forderte, dass ich die Maske aufsetze. Ich warf die Frage in den Raum, ob die Ansteckungsgefahr von den Regierungssprechern ohne Maske weniger groß sei als von Journalisten, zumal ja die Abstände teilweise identisch sind. Es entwickelte sich ein heftiger Wortwechsel, den ich wörtlich nicht mehr wiedergeben kann. Kollegin Dunz berief sich jedenfalls darauf, dass sie Angst habe, wenn ich ohne Maske spreche. Als höflicher Mensch nehme ich Rücksicht auf die Ängste anderer Menschen – und zog meine Maske an.
Ich frage mich: Wenn die Mutationen so extrem gefährlich sind, wäre es dann nicht sinnvoll, wenn diejenigen, die vor ihnen warnen, wenigstens während dieses Warnens maximale Sicherheitsmaßnahmen ergreifen würden – die sie ja auch allen anderen raten? Könnte es nicht kontraproduktiv sein, wenn ohne Maske und gut frisiert zum Durchhalten und strengen Maskentragen aufgerufen wird?
Als die Konferenz zu Ende war, standen Spahns Sprecher Hanno Kautz und Kristina Dunz noch zu einem Gespräch zusammen. Dass Sprecher und Journalisten vor und nach der Pressekonferenz miteinander sprechen, ist üblich, das mache ich auch. Ebenso wird auch oft vor der Pressekonferenz per Video aufgenommen, und selbst die Liveübertragungen, etwa bei Phoenix, zeigen oft noch Szenen nach der offiziellen Beendigung der Bundespressekonferenz. Spahn-Sprecher Hanno Kautz verwahrte sich dagegen, dass ich aufnehme, und zwar in einer Art, die ich, diplomatisch ausgedrückt, für nicht sehr zuvorkommend hielt.
Geld vom Staat
Sodann machte er mir kaum verhohlen Vorwürfe, dass meine Seite von den Zuwendungen der Leser lebt (sinngemäß: Sie lassen sich von Ihren Lesern bezahlen). Ich kann gut nachvollziehen, dass Herr Kautz offenbar eine Finanzierung von Journalisten durch Gebühren oder durch Subventionierung mit Steuergeldern einer direkten Finanzierung durch die Leser vorzieht. Dass ein Sprecher der Regierung einen freien Journalisten unter diesen Bedingungen wegen seiner Arbeitsweise despektierlich angeht, ist bemerkenswert. Ich fasse es als Kompliment auf. Auch an Sie, liebe Leserinnen und Leser.
In Kürze mehr zu der Bemerkung von Kautz – und auch zu meinen heutigen Fragen auf der Bundespressekonferenz und vor allem zu den Antworten der Bundesregierung.
Bild: Boris Reitschuster / Phoenix/Screenshot/Youtube
Text: br