Von Kai Rebmann
Bei einer Sekte handelt es sich um eine „kleinere Gemeinschaft, die in meist einseitiger, radikaler Weise bestimmte Ideologien oder religionsähnliche Grundsätze vertritt, die nicht den ethischen Grundwerten der Gesellschaft entsprechen.“ Diese Definition stammt aus dem Duden und beschreibt in einem Satz den Kern von Ersatzreligionen wie der Klimabewegung oder auch der LGBTQ-Community.
Ein wichtiges Wesensmerkmal praktisch aller Religionen ist nicht nur das Leben selbst, sondern vor allem auch der Umgang mit dem Tod bzw. die Frage, was danach kommt, auch wenn die jeweiligen Ansichten dabei sehr unterschiedlich sind. Und so war es nur eine Frage der Zeit, ehe jemand auf die Idee kommen würde, eigene Grabfelder für die LGBTQ-Gläubigen einzufordern. Schließlich haftet dem „Gottesacker“ schon seit jeher etwas Religiöses an.
In der Schweiz ist es jetzt soweit, in Zürich sollen die ersten Regenbogen-Grabfelder entstehen. So jedenfalls lautet die Forderung des Vereins „queer Altern“. Konkret soll in Sihlfeld ein eigener Sektor geschaffen werden, um dort Grabfelder nur für Mitglieder der LGBTQ-Sekte zu errichten. „Wir erhoffen uns, dass sich Menschen mit ähnlichen Biografien hier treffen und einander weiterhelfen können“, wird die Vorsitzende Barbara Bosshard in der „Weltwoche“ zitiert.
Keine Extra-Wurst bei letzter Ruhe
Auch die Begründung für die vermeintliche Notwendigkeit eigener Grabfelder kommt einem wohl bekannt vor. „Nicht heterosexuelle Personen“ würden in ihrem Leben nach wie vor auf viel Ablehnung stoßen, behauptet Bosshard, die sich und ihre Glaubensgenossen damit in die Opferrolle hievt, in der sich die LGBTQ-Community ohnehin am wohlsten fühlt.
Und wenn es im Leben für die Regenbogen-Jünger angeblich schon nichts zu lachen gibt, dann soll das bitte schön doch wenigstens im Jenseits anders werden? Die „queere Gemeinschaft“ sei für viele ihrer Mitglieder zu so etwas wie einer „neuen Familie“ geworden und mit eben dieser Familie wolle man auch über den Tod hinaus verbunden bleiben, so die weitere Argumentation.
Ginge es nach Bosshard, so könnte es mit den woken Bestattungen in Zürich schon im kommenden Herbst losgehen. Auf dem eigens ausgewiesenen Grabfeld in Sihlfeld soll dann „mit farbenfrohen Blumen der Regenbogen-Charakter nachgezeichnet“ werden, so die Vorstellungen.
Doch daraus wird wohl nichts, jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Bruno Bekowies, stellvertretender Leiter des Bestattungsamtes, verweist auf die fehlende rechtliche Grundlage und stellt klar: „Grundsätzlich können wir zurzeit für Interessengruppen kein eigenes Grabfeld machen.“
Die Stadt Zürich will vorerst also keinen Präzedenzfall auf ihren Friedhöfen schaffen und das aus gutem Grund: Denn es wäre wohl nur eine weitere Frage der Zeit, bis dann die nächste „Interessensgruppe“ um die Ecke käme, um ein spezifisches Grabfeld für ihre Mitglieder bzw. Glaubensbrüder zu fordern – oder sich demnächst vielleicht sogar auf Friedhöfen festklebt.
Woke Forderung mit ernstem Hintergrund
Es gibt aber noch mindestens einen weiteren Grund, die Forderung der LGBTQ-Community in Zürich zumindest kritisch zu sehen. Die heutige Friedhofskultur, also die Bestattung der Toten an einem zentralen Ort, geht auf das frühe Christentum zurück. Während bei den Griechen und Römern noch Bestattungen in zumeist außerhalb der Städte gelegenen Nekropolen üblich waren, entstanden im Laufe des 4. Jahrhunderts erstmals gemeinschaftliche Grabfelder, die rund um die Kirchen angelegt wurden.
Die Behörden in Zürich und anderswo scheinen also gut beraten, genau zu überlegen, ob sie letztlich auch eine Bestattungskultur, die sich über Jahrtausende entwickelt hat, der Beliebigkeit preisgeben wollen. Für den Friedhof Sihlfeld gelten deshalb bis auf Weiteres die Worte von Bruno Bekowies: „Es ist kein Grabfeld nur für queere Menschen.“
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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