Der Spalter im Schloss: Präsidiale Hetze gegen Andersdenkende Frank-Walter Steinmeier diffamiert erneut Kritiker der Corona-Maßnahmen

Von Alexander Wallasch

Am heutigen Montag um 14 Uhr trifft Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue erneut mit ausgewählten Bürgern zu einer „Gesprächsrunde“ zusammen. Thema dieses Durchgangs:

„Hass und Gewalt in Zeiten der Pandemie – Erfahrungen und Reaktionen“

Eingeladen zum Gespräch wurden „Gäste aus Medizin, Kommunalpolitik, Polizei und Zivilgesellschaft“. Die Presse bekam vorab den Initiativ-Redebeitrag des Bundespräsidenten zur Veranstaltung zugesandt. Eine Rede, die es auf ganz besondere Weise verdient hat, veröffentlicht und dokumentiert zu werden.

Denn dieses Papier wird für zukünftige Historikern und Soziologen wertvoll sein, wenn es darum geht, zu analysieren, wer damals für die Spaltung der Gesellschaft in den 2010er und 2020er Jahren maßgeblich verantwortlich war.

Frank-Walter Steinmeier jedenfalls hat sich mit seiner im Folgenden ungekürzt abgebildeten hetzerischen Rede an vorderster Stelle mit eingetragen. Diese Rede beschädigt das Amt des Bundespräsidenten und den inneren Frieden nachhaltig.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei einer Gesprächsrunde zu „Hass und Gewalt in Zeiten der Pandemie – Erfahrungen und Reaktionen“ am 24. Januar 2022 im Schloss Bellevue:

„Das Wort Spaziergang hat in den vergangenen Monaten seine Unschuld verloren. Hygiene-Regeln und Corona-Auflagen werden bewusst umgangen, Arztpraxen und Impfbusse auf Marktplätzen attackiert, die Wohnhäuser von Politikern – insbesondere Kommunalpolitikern – belagert, Polizeikräfte gezielt verletzt. Fackelträger und Morddrohungen machen Schlagzeilen.

Hass und Gewalt gegen Menschen, die in unserem Land Verantwortung tragen, haben nicht erst in dieser Pandemie ein erschreckendes Ausmaß erreicht.

Natürlich erinnern wir uns in diesen Tagen wieder mit Sorge und Entsetzen an die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. An lebensgefährliche Messerattacken auf die Oberbürgermeisterin von Köln, Henriette Reker, und den damaligen Bürgermeister von Altena in Nordrhein-Westfalen, Andreas Hollstein. Wir wissen: Wir dürfen nicht verharmlosen. Die Gefahr ist real, und sie ist konkret. Manche Betroffene reden lieber nicht über Bedrohungen, um den Tätern keine Bühne zu bereiten. Ich glaube allerdings, wir müssen darüber reden, wenn wir etwas verändern wollen. Deshalb bin ich Ihnen sehr dankbar, liebe Gäste, dass Sie Ihre Erfahrungen heute mit uns teilen.

Wegen Corona ist unsere Gesprächsrunde klein, die Fallzahl der Bedrohungen ist aber zweifellos groß. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ordnungsämtern, Busfahrerinnen, Straßenbahnfahrer oder Verkäuferinnen und Verkäufer könnten uns erzählen, wie aggressiv Maskenverweigerer mitunter auftreten.

Ich wiederhole: Wir dürfen nicht verharmlosen. Es war am 18. September des vergangenen Jahres, als ein Maskenverweigerer in Idar-Oberstein einen zwanzigjährigen Tankstellenangestellten mit einem gezielten Kopfschuss ermordete. Schulleiterinnen und Schulleiter wissen, wie bedrohlich es wird, wenn Reichsbürger Briefe schreiben und versuchen, schon die Jüngsten vom Impfen abzuhalten. Oder Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie es sich anfühlt, nach der neuesten Veröffentlichung in Messengerdiensten wie Telegram oder auf Facebook mit brutaler Hetze überschwemmt zu werden.

Auch diejenigen, die beruflich über all das berichten, werden zunehmend angefeindet und sind gefährdet. Wenn mir Lokaljournalisten erzählen, dass sie nicht mehr ohne Security zu den Corona-Demonstrationen gehen können, weil in kleineren Orten jeder jeden kennt, dann sollte uns das erschrecken. Ich zitiere einen Bürgermeister, aber es könnte ebenso eine Lehrerin, eine Ärztin oder ein Feuerwehrmann sein: „Wir sind zu Freiwild geworden. Wer tut etwas, um uns zu schützen?“ Ein solcher Hilferuf ist Anlass genug für unsere heutige Gesprächsrunde.

In diesen Wochen ist oft von Mehrheit und Minderheit die Rede. Die Zahlen dazu sind eindeutig: An jedem einzelnen Tag lassen sich bundesweit zigfach mehr Bürgerinnen und Bürger impfen als die Zahl derer, die provozierend gegen Corona-Regeln verstoßen. Es gibt sie, die große Mehrheit der Vernünftigen, der Menschen, die Verantwortung für andere zeigen. Millionen halten sich an die Auflagen. Aber es gibt eben auch all das andere. Jede gewaltsame Eskalation ist eine zu viel. Denn es geht dabei nicht nur um die Missachtung von Versammlungsrecht oder Hygieneregeln. Es geht um die Missachtung des sozialen Friedens in unserem Land. Hass und Gewalt zerstören das Fundament unseres Miteinanders.

Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut unseres Grundgesetzes. Unsere Demokratie braucht die lebendige Debatte. Sie braucht den öffentlichen Raum, in dem Widerspruch geäußert werden kann. Dieses Gut zu beschneiden, muss, wie alle Grundrechtseinschränkungen während der Pandemie, wohlbegründet sein. Doch die rote Linie ist eindeutig. Sie verläuft nicht da, wo jemand das Versammlungsrecht für Forderungen nutzt, die den Regierenden missfallen. Die rote Linie verläuft genau da, wo Gewalt ins Spiel kommt.

Das Gleiche gilt für die Meinungsfreiheit. Wir brauchen sie, und wir schützen sie. Ich selbst habe hier in Schloss Bellevue nicht nur Befürworter, sondern auch Skeptiker und Gegner der Impfung zu Wort kommen lassen. Meinungsfreiheit ist nie bequem. Das macht ihren Wert aus. Sie fordert uns heraus. Aber ein Gewaltaufruf, ein Mordaufruf ist keine Meinungsäußerung.

Wer sich gegen unser Recht stellt und sich mit selbsterklärten Staatsfeinden und verfassungsschutzbekannten Rechtsextremisten gemein macht, der kann sich nicht mehr glaubwürdig auf Demokratie und Freiheit berufen. Schon gar nicht auf die mutigen Ostdeutschen von 1989! Wie perfide, die Proteste von damals mit den heutigen gleichzusetzen. Und die Selbstinszenierung als Opfer mit gelbem Stern ist mehr als das. Sie ist eine Bagatellisierung des Antisemitismus und eine Verhöhnung der jüdischen Opfer des Holocaust.

Lieber Herr Oberbürgermeister Neumann, ich weiß, wie sehr die Demonstrationen gegen Corona-Regeln Sie gerade in Thüringen beschäftigen. Und es muss uns allen Sorgen machen, wenn es Regionen oder Orte in unserem Land gibt, wo Menschen, die offen für die Demokratie eintreten, sich fragen, ob die Mehrheit eigentlich hinter ihnen steht. Eine solche Erosion dürfen wir niemals achselzuckend hinnehmen. Aber zugleich will ich in aller Klarheit sagen: Hass und Gewalt sind ein bundesweites Problem. Kassel, Köln, Altena oder Idar-Oberstein sind keine ostdeutschen Städte. Wir müssen bundesweit mit allen Mitteln reagieren – rechtsstaatlichen wie gesellschaftlichen.

Sie, Herr Oberbürgermeister Lewe, können als Präsident des Deutschen Städtetages und als Vorsitzender der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände sicher das große Bild in den Blick nehmen. Eine ähnliche Kombination von Nahaufnahme und breiter Draufsicht findet sich bei unseren beiden Stimmen aus dem medizinischen Bereich. Sie, Frau Knaup, bringen als leitendende Medizinische Fachangestellte Ihre Eindrücke aus Paderborn mit. Und Sie, Herr Dr. Reinhardt, neben den Erlebnissen aus Ihrer Hausarztpraxis in Bielefeld auch die Perspektive als Präsident der Bundesärztekammer.

Mit Ihnen, Frau Weihe, haben wir zudem die Leiterin einer Hundertschaft der Berliner Polizei in unserer Runde, stellvertretend für die tausenden deutschen Polizistinnen und Polizisten, die seit der Pandemie besonders gefordert sind. Was Sie an Corona-Wut auf den Straßen erleben, war auch ausschlaggebend für das besondere Engagement unseres sechsten Gastes:

Pfarrer Christian Tiede aus Bautzen. Sie, Herr Tiede, haben im Dezember gemeinsam mit Anwohnerinnen und Anwohnern eine zivilgesellschaftliche, ausdrücklich überparteiliche Erklärung verfasst – „Bautzen gemeinsam“ – und inzwischen mehr als 47.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner gefunden: aus Kultur, Bildung, Wirtschaft, örtlich wie überregional. Was für eine Zahl! Ich will auch an die Initiative der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus Sachsen und Thüringen erinnern, die sich gegen die Gewalt stemmen und an die stille Mehrheit appellieren, sich zu wehren. Alle vereint in dem Gedanken, unsere Gesellschaft eben nicht dem Hass zu überlassen, sondern den feindseligen Parolen etwas entgegenzusetzen.

Sie sagen: Mehrheit sein, das reicht nicht. Die Mehrheit muss politisch erkennbar werden. Sie darf sich nicht zurückziehen. Die Bürgerschaft darf nicht schweigen. Die stille Mitte muss sichtbarer, selbstbewusster und auch lauter werden! Denn auch damit ermutigen, ja schützen wir Menschen, die angegriffen werden.

Ich freue mich auf das Gespräch mit Ihnen.“

reitschuster.de hat sich für das Gespräch akkreditieren lassen. In Kürze folgt hier unser Bericht zur Gesprächsrunde im Schloss Bellevue mit dem Bundespräsidenten zum Thema „Hass und Gewalt in Zeiten der Pandemie – Erfahrungen und Reaktionen“.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine.

Alexander Wallasch ist gebürtiger Braunschweiger. Er schrieb schon früh und regelmäßig Kolumnen für Szene-Magazine. Wallasch war 14 Jahre als Texter für eine Agentur für Automotive tätig – zuletzt u. a. als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin. Über „Deutscher Sohn“, den Afghanistan-Heimkehrerroman von Alexander Wallasch (mit Ingo Niermann), schrieb die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Das Ergebnis ist eine streng gefügte Prosa, die das kosmopolitische Erbe der Klassik neu durchdenkt. Ein glasklarer Antihysterisierungsroman, unterwegs im deutschen Verdrängten.“

Bild: Golden Brown/Shutterstock
Text: wal

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