Von Sönke Paulsen
Wenn man eine so dreiste Behauptung aufstellt, muss man sie irgendwie belegen. Beim Versuch, diese These zu unterfüttern, war ich erstaunt, wie leicht das ist. Das Scheitern liegt auf der Hand!
Weder die SPD noch die Grünen sind in der Lage, ihre Programme ohne frisches Geld zu realisieren. Hinzu kommt, dass auch die EU auf frisches Geld aus Deutschland wartet, um den „Green New Deal“ umzusetzen. Das alles in einer Situation, in der wir zwei Bundeshaushalte an neuen Schulden gemacht haben, etwa vierhundert Milliarden Euro, um die Corona-Diktatur für die Bürger erträglich zu gestalten und nicht in einer beispiellosen Pleitewelle zu landen.
Das weiß Olaf Scholz sehr genau!
Insofern sind die „roten Linien“, die Christian Lindner vor den Verhandlungen gezogen hat, nämlich keine neuen Schulden und keine neuen Steuern, für die SPD ein absolutes No-Go. Für die Grünen erst recht.
Wie will man sich aus dem Dilemma, dass zwei Parteien an der Geldschraube drehen wollen und eine Partei auf der Schuldenbremse besteht, befreien? Ein bisschen von allem? Schulden, Steuern und Schuldenbremse? Damit wird keines der Programme von Rot-Grün finanzierbar.
Weder die Reform von Hartz 4 noch der grüne Umbau lässt sich ohne erhebliche Finanzmittel stemmen. Nebenbei gibt es einen ausgeprägten Investitionsstau, der mit der grünen Erneuerung überhaupt nichts zu tun hat. Kaputte Schulen, kaputte Energieinfrastruktur, rückständiges Internet und erforderliche Investitionsprogramme für den Wohnungsbau.
Die FDP wird auf den faktischen Notwendigkeiten bestehen und keine großen Umbaupläne mittragen. Sie ist ihren Wählern verpflichtet, ganz besonders den jungen Wählern der Liberalen, die zu einem Viertel die Partei gewählt haben, genauso viele junge Wähler also wie bei den Grünen.
Habecks Zweckoptimismus ist als solcher gut zu erkennen und wird immer wieder durch nichts begründet. Die Ampel ist die rot-grüne Wunschkoalition unter den bestehenden Mehrheitsverhältnissen, aber nur wenn die FDP ganz weit von ihrem Programm abrückt. Vielleicht geschieht das auch, aber nicht auf Dauer.
Zurzeit gibt es viele Symbole, die die Ernsthaftigkeit der Sondierungsgespräche vor allem zwischen FDP und Grünen zeigen sollen, gemeinsame Auftritte, verständnisvolle Kommentare für den anderen Part. Die FDP habe den längsten Weg, meint Habeck anerkennend. Damit will er wohl ausdrücken, dass Lindner ziemlich weit über den Verhandlungstisch gezogen werden muss, damit daraus eine Koalition wird.
Es sind grundverschiedene Politikprinzipien, die hier aufeinander treffen. Der Etatismus von SPD und Grünen und der Wirtschaftsliberalismus der FDP. Wo soll zwischen diesen extremen Positionen die Mitte sein?
Ein Erfolg der Sondierungen könnte auch vorgetäuscht werden, damit man die Jamaika-Option seitens Rot-Grün vom Tisch bekommt. Ein Scheitern der Koalitionsverhandlungen wäre dann vorprogrammiert.
Wenn man sich die Parteienlandschaft anschaut, ist die Ampel so ziemlich die unwahrscheinlichste Koalition, die vorstellbar ist. Jamaika wird derzeit von den Medien in Grund und Boden geschrieben, die Union wird demontiert.
Ob das die Kombination der absoluten Gegensätze befördert, darf aber bezweifelt werden.
Die heutige Pressekonferenz der Generalsekretäre zeigt vor allem, dass Lars Klingbeil und Michael Kellner von SPD und Grünen die Treiber eines Optimismus sind, den Volker Wissing von der FDP praktisch unkommentiert lässt. Kellners Äußerung, dass die Menge an Unterschieden kleiner geworden sei, hätte Wissing wohl so nicht getan. Er sagt nichts dazu.
Ein guter Teil der Medienberichte kommentiert die Gespräche heute so, als sei Scheitern keine Option. Das könnte ein Motto Merkels sein, die aber bekanntlich selbst an der FDP gescheitert ist.
Warum eigentlich nicht?
Die Jamaika-Option ist vor allem von den Medien nicht erwünscht, die sich eifrig mit der weiteren Demontage der Union nach Merkel beschäftigen. Aber es gibt auch eine Option ohne FDP und ohne Grüne. Gemeint ist die große Koalition, die erneut denkbar wäre. Schließlich gibt es die Möglichkeit, dass die beiden größeren Parteien – groß sind die Unterschiede ja nicht mehr – eine von den kleineren Parteien mit in ein Regierungsbündnis nehmen.
Koalitionsmöglichkeiten gibt es also genug. Die Ampel dagegen müsste eine FDP der Profillosigkeit offenbaren, wenn sie stattfände. Das ist eher nicht zu erwarten.
Die Ampel wird scheitern.
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Sönke Paulsen ist freier Blogger und Publizist. Er schreibt auch in seiner eigenen Zeitschrift „Heralt“. Hier finden Sie seine Fortsetzungsgeschichte „Angriff auf die Welt“ – der „wahre“ Bond.
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