Die Liebe in der Krise Geschichten zum Schmunzeln – Mein Krisen-Alternativ-Programm

Hand aufs Herz: Haben Sie es nicht auch satt, ständig negative Nachrichten zu lesen? Bei denen man denkt, es seien „Aufzeichnungen aus einem Irrenhaus“? Was sie aber leider nicht sind – denn es sind reale Neuigkeiten aus Deutschland. Ich möchte Ihnen ein Kontrastprogramm bieten, aus meiner Zeit in Russland. Zum Entspannen und Schmunzeln. Voilà – eine Geschichte von 2008:

Mann und Frau reagieren ganz unterschiedlich auf harte Zeiten wie diese: Während die russischen Herren der Schöpfung sich in der Krise von ihren Liebschaften lossagen, setzen Frauen auf romantische Gefühle und riskieren damit, Opfer von einem „Alfons“ zu werden.

So groß schien ihr das eigene Glück, dass Maria gar nicht daran glauben wollte. Dass sie es dennoch tat, war ihr Fehler. Dabei hatte alles so vielversprechend begonnen. „Einsame, unabhängige Frau, 44, möchte einen normalen Mann kennen lernen. Ihre Wohnung, Ihr Auto und Ihre Datscha interessieren mich nicht“: Als sie diese Anzeige auf einer beliebten russischen Internet-Seite für Bekanntschaften aufgegeben hatte, bekam die Chefbuchhalterin einer großen Moskauer Baufirma mehrere Anrufe – die aber alle weniger auf eine dauerhafte Beziehung als auf ein erotisches Erlebnis für eine Nacht aus zu seien schienen. Bis plötzlich „Er“ auftauchte: „Ein bezaubernder Mann, leicht schüchtern, mit Blumen.“

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Für Maria war es beinahe Liebe auf den ersten Blick. Er erzählte ihr von seinem tragischen Schicksal, von seiner erfolgreichen Karriere als Unternehmer, die in die Brüche geriet, als seine geliebte Frau an Krebs erkrankte; sein ganzes Vermögen, seine Wohnung, alles, was er hatte, verlor er im Kampf gegen die Krankheit seiner besseren Hälfte; jetzt sorgte er sich um die zehnjährige Stieftochter, suchte ein Internat für sie in Frankreich. „Ich hörte ihm zu und konnte meinem Glück nicht glauben, dass es wirklich noch so edle und männliche Männer gibt“, erinnert sich Maria. Ihre neue Flamme war einfühlsam wie kaum eine zuvor, und sie passte selbst in Details wie beim Horoskop ideal zu ihm: Wie es der Zufall wollte, hatte sie das gleiche Sternzeichen wie die Frau, die er so geliebt hatte.

Nur als er ihre Wohnung sah, wunderte er sich: „Alles ein bisschen arm für eine Chefbuchhalterin.“ Maria machte das nicht stutzig, und so wurde sie auch nicht misstrauisch, als er wenige Tage später anrief und um ihre Hilfe bat: „Ich habe falsch gewendet, die Polizei will mein Auto beschlagnahmen, ich flehe Dich an, bring mir schnell 50.000 Rubel, ich gebe sie Dir zurück.“ 50.000 Rubel – ca. 1.200 Euro – waren genau der Betrag, den sie für ihre nächste Hypotheken-Zahlung zurückgelegt hatte, was ihr neuer Bekannter auch wusste. In der U-Bahn übergab sie ihm das Geld, er murmelte ein „Danke“ vor sich hin, und sie sah ihn nie wieder.

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So wie Maria werden in Russland in diesen Wochen und Monaten immer mehr betuchte Frauen Opfer von einem „Alfons“, wie in Anlehnung an den westeuropäischen Vornamen in Russland Gigolos genannt werden – und andere Männer, die es auf materielle Beglückung von Seiten einer Frau angelegt haben. Das zumindest berichtet die russische Ausgabe der „Newsweek“, die auch das Schicksal von Maria erzählt. Die Warnung vor den „Alfonsen“ kommt demzufolge aus berufenem Munde: Von der Polizei. Ursache für die besondere Aktivität der Gigolos sind nicht etwa Mondphasen oder der Winter: Es ist die Krise, die das vermeintlich starke Geschlecht vermehrt schutzsuchend in die Arme des schwachen Widerparts treibt. Und auch anderweitig dem Liebesleben der Menschen ihren Stempel aufdrückt.

Maria ist nicht allein

Maria veröffentlichte nach ihrem bösen Erwachen auf der Internet-Seite, auf der sie ihren „Alfons“ kennen gelernt hatte, einen Warnhinweis: „Vorsicht, Betrüger!“. Prompt meldeten sich zwei Leidensgenossinnen, die dem gleichen Mann auf den Leim gegangen waren. Mehr Glück hatte die 23-jährige Moskauerin Oxana. Im Fitness-Studio lernte sie Ende November einen sympathischen jungen Mann kennen, der sie prompt auf einen Kaffee einlud. Beim ersten Restaurant-Besuch hatte er seinen Geldbeutel vergessen – und Oxana half ihm gutgläubig aus der Patsche. Als er später beim gemeinsamen „Shopping“, so das neurussische Wort für Einkaufen, im Handelszentrum „Jewropeiski“ einen ebenso teuren wie gut sitzenden Anzug fand und kaufen wollte, war die Börse „gestohlen“ – und so bat er wieder Oxana um Nothilfe. Die wurde misstrauisch, stellte ihn zur Rede – und er gestand, dass er sich als „Alfons“ versuche – weil er seinen Arbeitsplatz als Bar-Mann verloren hatte und nichts beherrschte außer dem Mischen von Getränken und Flirten.

Um ein Haar wäre Oxana damit doppelt zum Opfer geworden: Erst Ende Oktober hatte ihr vermögender Liebster der 23-Jährigen nach sechs Jahren den Laufpass gegeben: Er sagte, er habe nicht mehr genug Geld, um zwei Frauen zu ernähren, und werde sich deshalb auf die gesetzlich Angetraute konzentrieren.

Laut „Russki Newsweek“ liegt der flüchtige Partner angesichts der Krise weltweit im Trend: Nach einer Umfrage von „Prince Associates“ in den USA unter 518 Millionären gaben 80 Prozent von denen, die außereheliche Liebschaften haben, an, sie wollten die Ausgaben für ihre Auserwählten verringern; zwölf Prozent der Untreuen sagten gar, sie würden künftig wieder ganz in den Hafen der Ehe zurückkehren und auf einen Luxus wie Untreue verzichten.
Rückzug der holden Männlichkeit

Moskauer Soziologen glauben den Angaben zufolge, dass sich Russlands Reiche kaum anders verhalten: „Außer der Tatsache, dass Männer heute versuchen, alle unnötigen Ausgaben zu vermeiden, ist seit langem bekannt, dass sie in schweren Zeiten auch kein besonderes Bedürfnis nach Sex haben“, glaubt die Psychologin Lidija Orlowa laut „Newsweek“. Wie der 38-jährige Moskauer Manager Juri, der sich nach einer einschneidenden Gehaltskürzung von seiner Liebsten verabschiedete, weil kein Geld mehr für sie da war und die Parfüms, Schmuckstücke und teuren Designer-Kleider, die er ihr früher immer geschenkt hatte: „Hätte ich ihr zu Neujahr eine Schokolade kaufen sollen? Lieber ein für alle Mal Schluss machen“, so Juri. Drei Bekannte von ihm hätten die gleichen Konsequenzen gezogen, sagt er laut „Newsweek“.

Weiter berichtet das Blatt unter Berufung auf den Mitarbeiter einer Moskauer Parfümerie-Kette, dass im vergangenen Monat die Zahl der männlichen Kunden, die zweimal ein und dasselbe Parfüm kaufen, stark gesunken ist: Ein solches Kaufverhalten sei typisch für Männer mit Nebenbeziehungen, die ihrer Frau und Freundin die gleiche Geruchsnote schenken, um in intimen Situationen nicht in Erklärungsnöte zu kommen. Auch Modehäuser wie „Wilde Orchidee“ oder „Podium“, die auf teure Unterwäsche spezialisiert sind – demnach das typische Geschenk für Maitressen – senkten ihre Einkäufe für 2009 um 30 Prozent.

Die Geschlechter reagieren also höchst unterschiedlich auf die Krise. Obwohl in Russland vordergründig noch das alte Rollenbild herrscht, in dem der Mann der Ernährer ist, hat sich in Wirklichkeit alles geändert. Zumindest laut „Newsweek“. Demnach sind die Frauen in Russland sehr selbständig und erledigen ohne Probleme das, was früher als Männer-Aufgabe galt. Bis hin zum Liebesleben: Während sich die Herren der Schöpfung in der Krise ungalant zeigen, sich auf Materielles konzentrieren und sich von der Liebesfront zurückziehen, wollen Frauen auch in harten Zeiten nicht auf Gefühle verzichten – im Gegenteil, sie sind bereit, noch mehr auszugeben für die Liebe. Was nicht nur „Alfonsen“ gefallen dürfte.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Bilder: Shutterstock

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