Weggucken – das war die Haupt-Bewegungsrichtung, die ich heute auf der Bundespressekonferenz ausgemacht habe. Ich habe direkt zwei Leserfragen vorgetragen, die mir gleich mehrfach von Ihnen gestellt wurden, direkt von der Seite in die Bundespressekonferenz – die Reaktion sehen Sie weiter unten. Die bemerkenswerteste Frage des Tages war in meinen Augen die von Tilo Jung von „Jung und naiv“. Er wollte von der Bundesregierung wissen: „Sind Sie froh, dass es die Coronakrise gab, sodass die Klimaziele erreicht werden konnten?“ Auch dazu unten mehr.
Hauptthema war heute die Corona-Impfung. Ich fragte Merkels Sprecher Steffen Seibert zur Impfstoffbeschaffung durch die EU-Kommission: „Herr Fleischhauer hat im ‘FOCUS‘ einen großen Bericht geschrieben, Titel: „Merkels Impfstoff-Versagen: Die verheerendste Entscheidung der Kanzlerin in 15 Jahren Amtszeit“. Darin nennt er sehr viele konkrete Punkte. Ich verstehe, dass wir im Rahmen der Bundespressekonferenz nicht alle diese Punkte durchgehen können. Aber wird die Bundesregierung auf diese einzelnen Punkte, die sehr schwerwiegend sind, eingehen? Denn Sie haben hier jetzt sehr allgemein geantwortet. Wird es eine Antwort zu den einzelnen Punkten geben?“ (anzusehen hier).
Seiberts Antwort: „Ganz grundsätzlich kommentiere ich hier nicht einzelne Interviews, auch nicht das von Herrn Şahin. Ich gehe jetzt auch nicht Punkt für Punkt einzelne Artikel durch, die mir hier vorgehalten werden. Ich habe mich auch nicht so allgemein geäußert, sondern ich habe mich sehr konkret zu den Gründen geäußert, warum für uns, für die Bundesregierung wie für die anderen 26 Mitgliedsstaaten, der europäische Weg der richtige war. Deswegen müssten Sie jetzt einzelne Punkte benennen. Aber ich werde jetzt keine Liste aus einem Artikel, den ich auch nicht komplett kenne, durchgehen.“
Ich hakte nach: „Weil das im Rahmen der Bundespressekonferenz zu weit ginge, war die Frage ja explizit, ob das geliefert wird bzw. ob die Bundesregierung generell antworten will. Konkret ist hier die Rede davon, dass diese Entscheidung dazu führen könnte, dass viel mehr Menschen in der Bundesrepublik sterben und dass die Rückkehr zur Normalität sehr viel länger dauern werde. Ich denke, Sie sehen das nicht so. Vielleicht können Sie darlegen, warum Sie das nicht so sehen.“
Darauf Seibert: „Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass unser ganzes politisches Arbeiten als Bundesregierung darauf abgestellt ist, die Zahl der Infektionsfälle und natürlich auch die Zahl der Sterbefälle möglichst schnell möglichst deutlich zu verringern. Dafür arbeitet die Bundesregierung mit aller Kraft. Das Impfen ist ein ganz, ganz großes Hoffnungszeichen dafür, dass das gelingen kann. Aber jetzt, am 4. Januar, sind wir erwartungsgemäß noch nicht so weit, dass wir sagen können: Die Aufgabe ist erfüllt. Das haben wir aber auch immer so gesagt. Es wird langsam anlaufen; es wird zuerst nur bestimmte Bevölkerungsgruppen erreichen können. Wir arbeiten mit allem, was wir haben, daran, dass beispielsweise die Produktionsausweitung gelingen kann. Diesbezüglich ist das Paul-Ehrlich-Institut mit BioNTech auf einem guten Wege.“
Ich kommentiere das jetzt explizit nicht und überlasse jedem von Ihnen selbst die Einschätzung, inwieweit meine Frage damit beantwortet ist.
Da die Zahl der Fragen zum Thema Corona sehr hoch war, kam ich nur noch ein weiteres Mal an die Reihe. Und stellte dabei Ihre Fragen:
„Zwei Fragen. Die erste bewegt viele Leser. Darum stelle ich sie. Die haben schon gesagt: Im ersten Lockdown waren viele Regierungsmitglieder immer sehr gut frisiert. – Gibt es irgendwelche Sonderregelungen für Regierungsmitglieder? Herr Kautz, die zweite Frage stammt auch von den Lesern. Die sagen: Wir haben eine schlimme Pandemie, und an Weihnachten sind Labore zu und ist vieles zu und Krankenhäuser werden geschlossen. Wie passt das zusammen? – Das sind Leserfragen.“ (anzusehen hier).
Darauf Seibert: „Wenn Sie die Fragen nach Regierungsmitgliederfrisuren für eine der relevanten Fragen in dieser Zeit halten, beantworte ich Ihnen die gerne: Ich kenne keine Sonderregeln, und es gibt natürlich auch keine.“
Spahn-Sprecher Hanno Kautz antworte: „Da ich die Leserfragen und auch die Krankenhäuser, die Sie adressieren, nicht kenne, kann ich das genauso wenig beantworten. Es tut mir leid, Herr Reitschuster. Vielleicht können Sie das noch einmal spezifizieren und direkt bilateral mit mir besprechen.“
Da ich eine Doppelfrage gestellt hatte, konnte ich getreu dem Reglement nicht mehr nachhaken, und da die Pressekonferenz auch schon dem Ende zuging (wegen Corona ist sie auf eine Stunde begrenzt), war für eine weitere, neue Wortmeldung keine Zeit mehr. Nach Ende der Bundespressekonferenz kam noch der Sprecher von Olaf Scholz, Dennis Kolberg auf mich zu, und übergab mir freundlich und lächelnd den Rat, ich solle einmal im Internet nach „Scholz“ und „Frisur“ googeln, das würde meine Frage beantworten. Von den anderen Ministerien kamen keine Rückmeldungen, auch nicht aus dem Amt der im Gegensatz zu Scholz stets, auch im Lockdown, sehr gut frisierten Bundeskanzlerin.
Seibert hatte zuvor erklärt: „Wir dürfen nicht vergessen: Die Tatsache, dass schon Ende des vergangenen Jahres und jetzt, Anfang Januar, Impfstoff verfügbar und im Einsatz ist, ist eine große Erfolgsgeschichte, und bei allen sehr berechtigten Fragen darf man diese Erfolgsgeschichte auch nicht untergehen lassen. Noch nie ist in einer Pandemie so schnell ein Impfstoff gefunden worden, und das nicht nur von einem, sondern gleich von mehreren Herstellern.“
Nikita Jolkver von der Deutschen Welle fragte. „Herr Kautz, direkt zu der Geschwindigkeit: In der ersten Prioritätengruppe sind ja nicht nur die Heimbewohner, sondern ältere Menschen über 80, Kranke, das Pflegepersonal usw. Mich würde schon interessieren, warum Sie sagen, dass es Luft nach oben gibt. Warum sind von den 1,3 Millionen Impfdosen erst eine knappe viertel Million verimpft, warum werden eben nicht alle Impfzentren geöffnet? Hier in Berlin arbeitet nur eins von sechs. Das ist eine Frage.
Die zweite, ganz praktische Frage: Was bedeutet die Impfung für die Reiserückkehrer? Wenn jetzt also ein Geimpfter aus einem Risikogebiet zurückkehrt, muss er auch in Quarantäne oder nicht mehr?“
Darauf Kautz: „Die erste Frage kann ich Ihnen im Detail nicht beantworten. Das ist in der Tat Sache der Länder, die für die Durchführung der Impfungen zuständig sind. Zur zweiten Frage hatte sich der Minister prinzipiell schon geäußert. Aber dieser Fall wird momentan nicht vorkommen. Wir unterhalten uns darüber, dass Leute in den Pflegeheimen prioritär geimpft werden. Da sehe ich noch keine Weltreisen.“
Hans Jessen fragte: „Wenn der richtige europäische Weg aber zum falschen Ergebnis führt, dass eben langsamer Impfstoffe zur Verfügung stehen, dass langsamer geimpft werden kann, akzeptieren Sie dann die Kritik? Sie ist zum einen von Herrn Lauterbach gekommen, der bislang sehr loyal zur Politik der Bundesregierung steht. Er hat gesagt: Europa hat falsch eingekauft und zu zögerlich agiert. Das Leopoldina-Mitglied, Frau Zipp, die ja nicht verdächtigt ist, der Bundesregierung unbewiesene Vorwürfe zu machen, sprach als Allererste von einem groben Versagen. Akzeptieren Sie das, was diese Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Lauterbach ist ja auch einer, inhaltlich sagen?“
Darauf Spahn-Sprecher Kautz: „Ich kann es nur noch einmal wiederholen, Herr Jessen, ohne jetzt auf einzelne Äußerungen von Politikern oder Wissenschaftlern eingehen zu wollen: Es ist genug Impfstoff für Deutschland da. Die Prämisse Ihrer Frage ist meiner Meinung nach falsch. Es hätte keinen Unterschied gemacht, ob wir national oder europäisch bestellen. Der Engpass ist nicht die Bestellmenge. Der Engpass, der Flaschenhals, ist die Produktionskapazität. Dass wir wenig Impfstoff zur Verfügung haben, das hat BioNTech im Dezember bereits gesagt, als klar war, dass eine Produktionslinie ausgefallen ist. Da haben sie gesagt: Bis Ende des Jahres werden 50 Millionen Impfstoffdosen für alle nicht nur für Deutschland, nicht nur für Europa, sondern für alle, zur Verfügung stehen. Dass man sich da zur Decke strecken muss, daran hätte eine andere Bestellpraxis nichts geändert.“
Jessen fragte nach: „Damit widersprechen Sie aber sowohl der Empirie als auch Wissenschaftlern, die sagen, auch mit Verweis auf andere Staaten, dass durch die Art des Einkaufsverfahrens andere schneller an größere Mengen des knappen Impfstoffs gekommen sind, sodass Impfen dort schneller geht als bei uns. Dieser Logik widersprechen Sie gerade.“
Kautz: „Wenn in anderen Ländern eine Notzulassung gemacht wird und sie früher mit dem Impfen anfangen, dann haben sie natürlich auch eine andere Situation.“
Nico Fried von der Süddeutschen fragte: „Herr Kautz, ich verstehe noch nicht ganz Ihren Satz: Es ist genug Impfstoff für Deutschland da. Es gibt ja zum Beispiel die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, die sagt: Hätten wir mehr Impfstoff, dann könnten wir auch mehr impfen. Es scheint ja nicht genug Impfstoff da zu sein. Können Sie diese Diskrepanz erklären?
Dann hätte ich noch eine Lernfrage zu den Zahlen, insbesondere was die USA und Israel betrifft, was diese schon von der Firma BioNTech geliefert bekommen haben: Ist das eigentlich auch aus der Produktion hier in Deutschland oder ist das aus der Produktion von Pfizer in den USA? Vergleicht man dann nicht Äpfel mit Birnen?“
Darauf Spahn-Sprecher Kautz: „Woher Israel den Impfstoff bezieht, das weiß ich nicht. Die USA bekommt ihn von Pfizer. Zu Ihrer ersten Frage: Auch die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern weiß, wann wie viel Impfstoff kommt. Das ist mehrfach mit den Gesundheitsministern kommuniziert worden. Es sind mehrfach mit den Ministerpräsidenten die Liefermengen, die am Anfang zu erwarten waren, kommuniziert worden. Deswegen ist die Kritik an den anfänglichen Liefermengen schwer nachzuvollziehen.“
Gernot Heller, mit dem ich früher in München gemeinsam gearbeitet habe, als er noch bei Reuters war, fragte: „Was kostet eine Verlängerung des Lockdowns um eine Woche an Haushaltsmitteln?
Bedarf es einer Verlängerung zusätzlicher Hilfsinstrumente für die Firmen?“
Die Antwort des Finanzministeriums-Sprechers Dennis Kolberg: „Ich kann es ganz kurz machen: Morgen werden die Gespräche stattfinden. Den Ergebnissen werden wir hier nicht durch Spekulationen vorgreifen. Im Übrigen haben wir zu den Kosten der Hilfsmaßnahmen, die ja sehr umfangreich sind, schon vielfach Stellung genommen. Dem habe ich hier nichts hinzuzufügen.“
PS: Bei großen Themen wie Corona, bei denen sich sehr viele Kollegen in der Bundespressekonferenz zu Wort melden, ist es wegen der begrenzten Zeit meist nicht möglich, oft zu Wort zu kommen und viele Fragen zu stellen. Es müssen ja alle drankommen. Wenn Journalisten dagegen andere Themen auf die Tagesordnung bringen, zu denen kaum jemand Fragen hat, können sie viel öfter zu Wort kommen. Ein Kollege verzichtete heute etwa extra auf seine Frage zu einem anderen Thema, damit am Schluss noch mehr Zeit für Corona blieb (denn die Vorsitzende hatte angekündigt, diesen Themenbereich, mit dem die Bundespressekonferenz heute auch eröffnet wurde, noch einmal auf die Tagesordnung zu stellen, sobald alle Fragen zu anderen Themen beantwortet seien). Vorbildlich und kollegial half der Kollege so mit seinem Frage-Verzicht, dass mehr Zeit für Fragen zu dem Thema blieb, das alle bewegt: Corona.
Tilo Jung („Jung und naiv“) stellte diverse Fragen zu anderen Themen. Hier ein Auszug:
Tilo Jung: ‘Sind Sie froh, dass es die Coronakrise gab, sodass die Klimaziele erreicht werden konnten?‘
Zur Entscheidung eines britischen Gerichts, Wikileaks-Gründer Julian Assange nicht an die USA auszuliefern:
Jung: „Herr Seibert, haben Sie als Sprecher der Kanzlerin einen Kommentar zum heutigen Urteil? Frau Sasse, wenn das Statement für sich steht, dann teilen Sie die Sorge, die Frau Kofler dort bezüglich des britischen Justizsystems bzw. dieses Prozesses formuliert hat, nicht? Habe ich Sie da richtig verstanden?“
Dazu Seibert: „Ich kann mich der Kollegin aus dem Auswärtigen Amt nur anschließen. Wir haben das Urteil zur Kenntnis genommen.“
Und Außenamts-Sprecherin Sasse: „Was Ihre Frage angeht, ob das Auswärtige Amt die Sorge von Frau Kofler teilt: Ich habe gerade im Namen des Auswärtigen Amtes noch einmal unsere Position zum Fall Assange deutlich gemacht und auch erwähnt, dass wir das Statement von Frau Kofler auf unserer Website veröffentlicht haben, das sie in ihrer Funktion als Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung verteidigt.“
Tilo Jungs Nachfrage: „Sie haben sich in den letzten Monaten immer für das britische Justizsystem ausgesprochen und haben gesagt, dass sie dem auch in diesem Prozess vertrauen. Frau Kofler hat als Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung im Grunde das Gegenteil ausgesagt und ihre Sorgen mitgeteilt. Deshalb ist ja jetzt diese Disbalance interessant.“
Dazu Sasse: „Von einer Disbalance kann an der Stelle keine Rede sein. Das erwähnte Statement von Frau Kofler steht für sich. Sie hat in ihrem Statement auf verschiedene Punkte hingewiesen, die wir hier in der Vergangenheit immer wieder betont haben. Von daher gibt es überhaupt keinen Widerspruch. Es geht unter anderem darum, dass Großbritannien an die Europäische Menschenrechtskonvention gebunden ist, was sie in ihrem Statement erwähnt hat. Sie hat auch erwähnt, dass Julian Assange als australischer Staatsbürger von uns nicht konsularisch betreut werden kann und die Bundesregierung dementsprechend keine eigenen Erkenntnisse hat. Bei dieser Einschätzung bleibt es weiterhin.“
Eine weitere Frage Jungs: „Eine Frage an Herrn Seibert und das BMWi. Die Industriestaatenorganisation OECD spricht sich für eine Vermögenssteuer in Deutschland aus. Was plant die Bundesregierung bis zum Ende der Legislaturperiode bezüglich der massiven Ungleichheit in Deutschland zu tun? Wie wollen Sie dort gegensteuern? Wie bewerten Sie diese Empfehlung der OECD?“
Dazu Seibert: „Ich kann Ihnen für die Bundesregierung für diese Legislaturperiode einen solchen Plan hier nicht in Aussicht stellen. Mit anderen Worten: Ein solcher Plan wird nicht gehegt.“
Der Sprecher des Wirtschaftsministeriums Wagner: „Dem kann ich nichts hinzufügen.“
Jungs Nachfrage: „Halten Sie die Empfehlung der OECD für stichhaltig und nachvollziehbar?“
Dazu Wagner: „Ich persönlich habe diese Empfehlung nicht genau studiert. Ich kann auch nicht bestätigen, dass sie tatsächlich auch genau so klar ist, wie Sie sie formuliert haben. Grundsätzlich bewertet die Bundesregierung die Empfehlung der OECD nicht. Wie immer schauen wir uns alle Empfehlungen an, geben dazu aber keine Bewertung ab.“
Eine weitere Frage Jungs: „Es gibt Berichte, dass Deutschland das Klimaziel für 2020 erreicht hat. Deutschland habe 42 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen als 1990, was aber hauptsächlich an der Coronakrise liege. Das Ziel wäre sonst nicht erreicht worden. Herr Seibert, Herr Haufe, wie bewerten Sie das? Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Klimaschutzmaßnahmen der Bundesregierung nicht ausreichen, um im nächsten Jahr die weiteren Ziele bis 2030 zu erreichen. Sind Sie froh, dass es die Coronakrise gab, sodass die Klimaziele erreicht werden konnten?“
Seibert verdrehte nach dieser Frage demonstrativ die Augen.
Der Sprecher des Umweltministeriums Haufe antwortete: „Die Zahlen, die heute veröffentlicht wurden, sind Schätzungen, und zwar wiederholte Schätzungen. Wir werden im März die amtlichen Zahlen vorlegen, wie sich der Treibhausgasausstoß in Deutschland entwickelt hat. Es ist mir wichtig, zu sagen das hat die Ministerin heute auch betont, dass der Trend doch sehr klar ist: Wir haben das dritte Jahr in Folge eine Minderung des CO2-Ausstoßes. Das ist im Grunde genommen nicht ohne die Maßnahmen der Politik möglich gewesen, die wir in den letzten Jahren vorgenommen haben. Ich erinnere daran, dass das Angebot an Solar- und Windenergie gestiegen ist, Kohlestrom aber an sich rückläufig ist. Die Energieeffizienz ist gestiegen. Wir haben einen kontinuierlich hohen Zertifikatspreis, der heute bei 34 Euro liegt und vor fünf Jahren bei acht Euro lag. Wir haben trotz einer wirtschaftlichen Krise einen sehr hohen CO2-Zertifikatspreis, der auch dazu beiträgt, dass die Emissionen zurückgegangen sind. Gerade mit Blick auf den Fokus der Coronapandemie ist interessant, dass die CO2-Zertifikatspreise nicht zurückgehen. Das war bisher bei wirtschaftlichen Krisen in dieser Weise nicht der Fall. Der Preis bewegt sich auf einem ziemlich hohen Niveau. Deswegen kann man sagen, dass dieser Trend jetzt durch die Coronapandemie verstärkt wird. Das ist klar und liegt auf der Hand. Das ist ein kurzfristiger Trend, eine kurzfristige Emissionsminderung, die zusätzlich auffällt und natürlich wirkt. Die aktuellen Zahlen werden wir aber, wie gesagt, erst im März vorlegen, wie es das Bundesklimaschutzgesetz, das seit dem letzten Jahr gilt, vorsieht.“
Jung fragte nach: „Es wird auch berichtet, dass es die einzigen echten Klimaschutzeffekte im Stromsektor gegeben habe, weil dort mehr erneuerbare Energien eingesetzt wurden. Ich habe Sie so verstanden, dass Sie dem widersprechen, dass Sie auch andere Klimaschutzeffekte in anderen Sektoren sehen. Wo?“
Dazu Haufe: „Ich habe gerade die verschiedenen Bereiche genannt. Natürlich ist der Energiesektor der Bereich, in dem die Emissionsminderung am stärksten zu sehen ist, weil dort einerseits die meisten Maßnahmen erfolgt sind und weil dort andererseits natürlich überhaupt der größte CO2-Ausstoß vorhanden ist. Deswegen setzen wir dort in erster Linie an. Jetzt geht es eher um den Bereich Verkehr, also der Bereich, in dem am wenigsten passiert ist. Das ist die nächste große Baustelle. Deswegen ist natürlich vor allen Dingen der Energiebereich derjenige, der in Bezug auf die Emissionsminderungen am meisten liefert. Es ist eben nicht nur der Ausbau der erneuerbaren Energien, sondern es gibt auch andere Effekte. Ich würde, wie gesagt, noch einmal betonen wollen, dass man sich genau den CO2-Zertifikatspreis anschaut. In der Wirtschaft wird damit gerechnet, dass dieser Trend weiter anhält, dass CO2 teurer wird, dass man entsprechende Investitionen vornimmt. Das ist genau das, was wir mit den Maßnahmen im Emissionshandel erreichen wollten.“
Auch hier erspare ich mir jeden Kommentar, da sich jeder selbst ein Urteil bilden kann. Es gilt das gesprochene Wort.
Bild: Boris Reitschuster/Pixabay
Text: red