„Jetzt schon bei der siebten, achten Impfung“ Brisante Aussagen vom Gesundheitsminister auf der BPK finden kein Gehör

Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Thomas Rießinger

Er hat es schon wieder getan, und kaum einer schaut hin.

Vor kurzer Zeit war festzustellen, wie die geplante Neufassung des Infektionsschutzgesetzes bei Millionen von Menschen, die keine Freude mehr am Tragen sinnloser Gesichtsmasken verspüren, zu einer vierteljährlich erfolgenden Covid-Neuimpfung – selbstverständlich noch immer mit bedingt zugelassenen Impfstoffen – und in der Summe bis zum nächsten Frühjahr zu sieben Impfungen führen kann. Nun hat unser Minister der Herzen, der allseits geschätzte Karl Lyssenko Lauterbach, dessen liebstes Hobby darin besteht, nächtens medizinische Studien zu überfliegen und dann die Zusammenfassung nicht zu verstehen, erneut die siebte Impfung ins Spiel gebracht, wenn auch in einem anderen Zusammenhang.

Am 12. August 2022 trat der Minister zusammen mit Leif Erik Sander, einem Charité-Infektiologen, der seine wissenschaftliche Auffassung mit Vorliebe an der jeweiligen Richtlinie der Regierung orientiert und auch gerne einmal mit der Pfizer Pharma GmbH bei Fortbildungen über Sars-CoV-2-Impfstoffe zusammenarbeitet, bei der Bundespressekonferenz auf. Das ist in diesen Zeiten kein großes Risiko für einen Minister, da man kritische Journalisten, die zu unbotmäßigen Nachfragen neigen, nicht mehr in den Reihen der Bundespressekonferenz duldet, und tatsächlich hat sich diese Strategie wieder einmal ausgezahlt.

Nachdem Sander erwartungsgemäß das Hohelied der vierten Impfung gesungen hat, möchte auch der Minister noch einen Beitrag leisten, den er insbesondere in sprachlicher Hinsicht gründlich vorbereitet hat. Man kann ihn in der Mediathek der ARD ab Minute 42:26 bewundern, aber nicht jeder hat eine Vorliebe für Horrorfilme, und so habe ich die ministeriellen Ausführungen aufgeschrieben, wörtlich und ungeschönt: „Vielleicht zu diesem Punkt, ich will, ich möchte Herrn äh Kollegen Sander hier nicht nur recht geben, sondern auch auf eine Gruppe hinweisen, die epidemiologisch ganz gut untersucht ist, nämlich diejenigen, die deutlich mehr Impfungen benötigen, damit die Impfwirkung dargestellt werden kann. Also äh Leukämiererkrankte zum Beispiel, Krebs- bestimmte Krebserkrankungen, Autoimmunerkrankungen, dort wird ja mit mehr Impfungen gearbeitet. Da sind einige jetzt schon bei der siebten, achten Impfung, die werden natürlich sehr genau überwacht, weil wir da sicher sein wollen, dass wir nicht, also, in einen Schaden hineinkommen. Auch dort haben sich diese, also, theoretischen, also, meines Wissens nur im Tierexperiment be-, also, beobachteten, also äh sagen wir mal, Gefah-, ich nenn es jetzt mal so, Gefahren durch vieles Impfen, diese Gefahren haben sich dort auch nicht bestätigt.“

Eine interessante Information. Es gibt tatsächlich Bevölkerungsgruppen, die bereits sieben oder acht Mal die heilversprechende Impfung erhalten haben? Und es gab Tierexperimente – der Minister ist sich da nicht so ganz sicher – in deren Verlauf man Gefahren dieses Vorgehens festgestellt hat? In der Presse scheint das noch keinen Niederschlag gefunden zu haben, und dabei soll es wohl auch bleiben, denn die versammelte Journalistenschaft denkt nicht im Traum daran, die eine oder andere Nachfrage zu stellen. Wie zum Beispiel: Auf Basis welcher Erkenntnisse hat man sieben oder acht Impfdosen verabreicht? Gab es dazu Empfehlungen? Kann man hier überhaupt noch von Impfungen sprechen, müsste man nicht den treffenderen Begriff der Gentherapie verwenden? Und wo findet man die Resultate der sehr genauen Überwachung, die der Minister angeführt hat? Ganz zu schweigen von den Ergebnissen der Tierexperimente, wo man anscheinend – die sprachliche Ausdruckskraft des Ministers erlaubt hier keine ganz genaue Interpretation – die nur theoretischen Gefahren auch praktisch erleben konnte? Mit all dem hätte man, wenn man denn dem stammelnden Minister wirklich in Journalistenmanier zugehört hätte, Karl Lauterbach konfrontieren können. Stattdessen zeigt die Aufzeichnung anschließend eine Frage einer Journalistin über den Umgang mit Fehlern, die während der staatlichen Maßnahmen mit der jungen Generation begangen worden seien. Für sich genommen keine üble Frage, nur dass sie leider keine Nachfrage zu den vorherigen Ausführungen darstellt und vom Minister für Ignoranz und Panik im Wesentlichen mit den Aussagen beantwortet wird, Fehleranalysen müsse man mit Abstand durchführen, und im Übrigen sei er im ständigen Kontakt mit vielen weltweit verteilten Wissenschaftlern, „das ist, also, wenn man so will, Markenzeichen meiner Arbeit.“ Das wollten wir wissen. Über die siebte und achte Impfung erfahren wir nichts, weil keiner danach fragt.

'Sieben Mal wirst du Geimpfter sein, und beim achten Mal sagst du auch nicht Nein'

Sollte der begabte Minister nicht wieder einmal seiner Phantasie etwas zu freien Lauf gelassen haben, so hat sich dieser Songtext nur zu schnell bestätigt.

Wie soll man solchen Leuten begegnen? Argumente hat man ihnen lange genug vorgehalten, die interessieren sie nicht; wer in seinem ideologischen oder gar psychiatrisch relevanten Bau verschanzt ist, dem braucht man nicht mit Argumenten zu kommen, auch wenn man trotzdem nicht davon ablassen darf, sie wieder und wieder zu präsentieren. Aber manche Äußerungen der letzten Zeit weisen darauf hin, dass in solchen Kreisen Angst vor denen besteht, die es sich nicht nehmen lassen, auf die Straße zu gehen. Friedlich, selbstverständlich, ohne jede Gewalt oder auch nur Bedrohung, wenn man die von den Einsatzkräften ausgehenden Gewalt- und Bedrohungsszenarien einmal außer Acht lässt. Schon jetzt werden zukünftige Demonstranten diskreditiert, nicht umsonst hat Herbert Reul, der Innen- und damit auch Verfassungsminister von Nordrhein-Westfalen, kommende Demonstranten als „so was wie neue Staatsfeinde“ bezeichnet. Da passt es hervorragend, dass unser charismatischer Kanzler kürzlich geäußert hat: „Niemand in diesem Land hat vor, dass auf Demonstranten geschossen wird.“ Sehen wir einmal ab von der Nähe zu Walter Ulbrichts bekanntem Satz „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten,“ und von der Ehrlichkeit, mit der dieser Satz ausgesprochen wurde. Niemand will auf Demonstranten schießen. Aber wenn Demonstranten nicht mehr als Demonstranten betrachtet werden, die ihr verfassungsgemäßes Recht wahrnehmen, sondern als Staatsfeinde, wie es Reul vorgemacht hat – muss man sich dann noch an diese Zusage halten? Im besten Deutschland, das es je gab, kann man sich dessen nicht mehr sicher sein.

Soll man sich davon beeindrucken lassen? So ist es gewünscht, so darf es nicht sein. Wir dürfen diesen Menschen, die schon lange jeden Bezug zur Realität verloren haben und sich grundlos für eine Elite halten, nicht einfach das Feld überlassen. Wir dürfen nicht erlauben, dass sie die Grundrechte kaltlächelnd noch weiter aushebeln, als sie es ohnehin schon getan haben. Wir dürfen sie aber auch nicht allzu ernst nehmen, denn das wäre, wenn man ihre kognitiven Fähigkeiten betrachtet, eine unangemessene Wertschätzung.

Vielleicht erinnert sich der eine oder die andere an meine Umdichtung des alten Partisanenlieds „Bella Ciao“. Ein Text alleine wirkt nur wenig motivierend, weshalb interessierte Musiker das Lied aufgenommen und mit einem Video im Comicstil versehen haben. Es geht darum, nach draußen zu gehen und sich nicht alles gefallen zu lassen; das ist, wie es scheint, wichtiger als je zuvor.

David gegen Goliath
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.

Bild: Boris Reitschuster
Text: Gast

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