Karlsruhe schließt Ungeimpfte aus – und geht sogar noch weiter 2G-Plus-Plus für Verhandlung eingeführt

Ausgerechnet im Bundesverfassungsgericht, das neutral und objektiv über die Corona-Maßnahmen urteilen sollte, werden jetzt so drakonische Corona-Sicherheitsmaßnahmen eingeführt wie bislang nirgends im Land. Um in das oberste Gericht zu kommen, reicht nun teilweise selbst ein 2G-Plus nicht mehr aus. Das heißt, selbst Geimpfte und Genesene mit einem normalen Antigen-Test kommen nicht mehr in die heiligen Hallen – wie das bei einem klassischen „2G-Plus“ der Fall ist. Alle, die am 14.12. für eine  Verhandlung das Gerichtsgebäude betreten wollten, mussten neben einem Impf- oder Genesenen-Zertifikat auch noch den Nachweis eines negativen PCR-Tests vorlegen, der nicht länger als 48 Stunden zurückliegen durfte, wie der „Spiegel“ berichtete und auch viele andere großen Medien in Deutschland. Auf der Homepage des Gerichts ist noch eine alte Anordnung vom 1. Dezember zu sehen, der zufolge 3G gilt. Diese gelte auch weiter für alle anderen Verhandlungen außer der erwähnten, wie das Gericht zwischenzeitlich auf Anfrage von mir mitteilte (siehe Aktualisierung unten),

Die neue 2G-Plus-Plus-Regelung für die besagte Verhaltung gilt laut einem Bericht von Focus Online nicht nur für Besucher und Journalisten, sondern auch für Prozessbeteiligte, Mitarbeiter des Gerichts und sogar die Richter selbst: „Auch eine bereits erfolgte Boosterimpfung würde daran nichts ändern, wie es auf Nachfrage heißt.“ Damit setzt sich Karlsruhe noch einmal von den Regeln in normalen Gerichten ab, in denen, je nach Bundesland und Gericht, 3G oder 2G gilt. „Dass die Richterinnen und Richter des Ersten Senats solche schwerwiegenden Zugangsbeschränkungen für zulässig erachten, könnte die Pandemie-Regeln auch über das Gericht hinaus beeinflussen“, schreibt Focus Online: „Somit könnten auch andere Gerichte nachziehen, beziehungsweise auch weitere Behörden und Unternehmen diese Regelung übernehmen wollen.“

Die Kosten für einen PCR-Test belaufen sich auf rund 60 Euro. Bezahlen müssen Besucher diesen Test selbst. Wer positiv getestet wird oder keinen Test vorlegt, wird von den Verhandlungen ausgeschlossen. Dabei gilt für alle Verhandlungen des Verfassungsgerichts, ebenso wie generell für Gerichte in der Bundesrepublik, der Grundsatz der Öffentlichkeit. Ungeimpfte können, wenn sie keinen Genesenen-Status haben, damit in der besagten Verhandlung weder ihre Interessen in eigener Sache selbst vor dem Gericht vertreten, noch als Berichterstatter, Rechtsbeistand oder Beobachter an dem Verfahren teilnehmen. Sie sind in dem Fall von der Verfassungsgerichtsbarkeit quasi ausgeschlossen. Ein einmaliger Vorgang. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass gerade die Prüfung, ob ihre Interessen gewahrt sind, ein wichtiges Augenmerk des obersten Gerichts sein sollte.

Gerichts-Präsident Harbarth mit Merkel 2013.

Kritiker werfen den Verfassungshütern in Karlsruhe vor, in der Corona-Krise stramm auf Regierungskurs zu sein und Einschränkungen der Grundrechte im Zuge der Corona-Maßnahmen regelrecht durchzuwinken. Ihrer Ansicht nach ist Karlsruhe nicht mehr neutral. Besonders kritisiert wird der Präsident des Gerichtes, Harbarth, ein Vertrauter von Angela Merkel, der direkt vom Posten des Unions-Vize-Fraktionschefs nach Karlsruhe wechselte und in Skandale verwickelt war. Ein Vorgang, der wohl lautstarke Kritik Berlins und Brüssels hervorgerufen hätte, wäre er in Polen passiert. Dass nun ausgerechnet Karlsruhe die schärfsten Corona-Regeln einführt, und gegen den Rat von kritischen Medizinern Ungeimpfte und Nicht-Genesene generell ausschließt, und auch den Sinn von Antigen-Test faktisch negiert, dürfte die massiven Zweifel an der Neutralität des Gerichts noch einmal deutlich erhöhen. 

+++ Aktualisierung vom 15.12.2021 +++

Auf meine Presseanfrage hin teilte das Gericht heute mit: 
Eine 2 G Plus Plus-Regel galt lediglich für eine mündliche Verhandlung, die am 14.12.2021 um 10.00 Uhr stattfand. Danach mussten alle Richterinnen und Richter des erkennenden Senats, alle an der Verhandlung beteiligten sonstigen Mitarbeiter/innen des Gerichts (z. B. Protokollführer/innen, Amtsmeister/innen etc.), Verfahrensbeteiligte (Beschwerdefüher/innen und deren Bevollmächtigte), Zuhörer/innen, Journalisten bzw. Journalistinnen neben einem Impf- oder Genesenen-Nachweis einen aktuellen PCR-Test vorweisen. Insoweit handelte es sich um eine sitzungspolizeiliche Anordnung (§ 176 Absatz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes), die speziell für diese Verhandlung galt.

Bild: Screenshot
Text: br

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