Wenn der Abgrund zurückblickt Wer das Land verachtet, kümmert sich weder um Landesverrat noch um Landfrieden

Ein Gastbeitrag von Boris Blaha

Das Bonmot stammt von Nietzsche: „Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein“. Wer diesem Blick nicht standhält, kann nicht verstehen, was auf dem Spiel steht. Wenn einer nach 25 Jahren im Ausland heute nach Deutschland zurückkommt, erkennt er sein Land nicht wieder. Im Zug bittet der Schaffner eine Gruppe von Fahrgästen, kurz auf seine weibliche Kollegin aufzupassen, er müsse nach vorne, um die nahende Ankunft in der nächsten Station durchzusagen. Ein Blick in das Gesicht seiner Kollegin verrät: Wenn sie morgens ihren Dienst im Zug antritt, weiß sie nicht, ob sie abends körperlich und seelisch unversehrt nach Hause kommt. Ist man ausgestiegen, empfangen selbst die architektonisch reizvollen Bahnhöfe den Heimkehrer mit dem Charme vermüllter Hinterhöfe, die nach Urin stinken. Die Menschen wirken gehetzt und unwillig, es herrscht eine misstrauische und unterschwellig aggressive Stimmung. Die meisten ziehen die Schultern ein.

Von den Geschäften hat nur noch ein Teil geöffnet. Wer die sinnlosen Corona-Zwangsmaßnahmen gerade noch überstanden hat, kämpft mit Inflation, ausufernder Bürokratie und ideologisch überteuerten Energiekosten. Qualifiziertes Personal ist nicht mehr zu bekommen. Der Wohlfahrtsstaat hat den Markt erfolgreich leergefegt und ein Prekariat herangezüchtet, das mit den eingewanderten Familien-Clans um Reviergrenzen kämpft. Hinweisschilder warnen vor Taschendieben.

In Dänemark kann man bis heute Bargeld in frei zugänglichen Boxen ablegen. Eine Galeristin antwortete auf die verwunderte Frage, warum sie ihre Galerie mit wertvollen Kunstwerken nicht abschließt: Die Dänen vertrauen einander. Im neuen Deutschland undenkbar. Die über Jahrhunderte gewachsene, gewohnte Sittlichkeit zerfiel im Ersten Weltkrieg und hatte seither keine Gelegenheit, sich zu regenerieren. Es gab auch kaum jemanden, der das überhaupt als Herausforderung wahrnahm. In Deutschland kann man gleichzeitig ein erfolgreicher Kanzler und ein politischer Totalversager sein, dafür ist Adenauer das beste Beispiel, mit Merkel dicht auf den Fersen. Heute hat die Kluft zwischen Propaganda und Wirklichkeit stalinistische Ausmaße erreicht.

Mein Lesetipp

In nur einer Generation wurde vieles von dem zerstört, was Generationen nach dem Krieg aufgebaut hatten. Um die zentralen Aufgaben jeder Regierung scheint sich niemand mehr zu kümmern. Eine in Jahrzehnten konsequenter Negativauslese verrottete Elite träumt davon, für die Weltrettung auserwählt zu sein und ignoriert vor lauter Größenwahn den wachsenden Dreck vor der eigenen Haustür. Der fängt irgendwann an zu stinken. Kommt dann vor lauter Utopismus eine tatsächliche Flutwelle um die Ecke, flüchtete eine hoch bezahlte Landesministerin in den Urlaub, der jämmerliche Rest duckte sich weg. Wer sich an Helmut Schmidt in Hamburg erinnert, kann das Ausmaß des Verfalls erahnen.

Wer das Land verachtet, kümmert sich weder um Landesverrat noch um Landfrieden

Innere und äußere Sicherheit kommen bestenfalls in Lippenbekenntnissen vor. Über „bedingt abwehrbereit“ regt sich heute niemand mehr auf. „Spiegel“-Mann Augstein brachte es 1962 kurzfristig Gefängnis ein und kostete Franz-Josef Strauß den Posten als Verteidigungsminister. Das versteht heute keiner mehr. Wer das Land verachtet, kümmert sich weder um Landesverrat noch um Landfrieden. Fragen Sie doch mal die Jungen von heute, warum am Lübecker Holstentor der Begriff „Concordia“ steht. Die Infrastruktur zerfällt, wer es sich leisten kann, wandert aus, die anderen ziehen sich in ihre privaten Räume zurück, meiden die Öffentlichkeit und hoffen, das Elend irgendwie aussitzen zu können. Millionen von Menschen werden als leicht manipulierbares Stimmvieh ins Land gelockt. Wer beißt schon die Hand, die einen füttert. Sie kommen aus Gegenden, die das Recht als Verhältnis eines zivilisierten Umgangs nicht kennen. Sie verhalten sich so, wie sie es gewohnt sind. In einem Land ohne eigene Gewohnheit haben sie leichtes Spiel. Über die zahlreichen Opfer dieser verantwortungslosen Politik deckt man den Mantel des Schweigens. Reichen die gekauften Stimmen nicht, reduziert man flugs das Wahlalter, lässt unmündige Kinder wählen und verkauft den Streich den verdutzten Helikopter-Eltern als progressive Tat.

Vom politischen Wagnis, das Brandt ankündigte, ist eine gescheiterte Generation übriggeblieben, die sich mit immer kriminelleren Methoden an die Fleischtöpfe klammert, weil sie zu nichts anderem zu gebrauchen ist. Obwohl diejenigen, die Medien, Politik und politiknahe Institutionen unterwandert haben, über keinerlei ernsthafte Fähigkeiten mehr verfügen, konnten sie bislang auf die politische Infantilität der Deutschen zählen. Das absolutistische Prinzip funktioniert unverändert und sorgt bis heute für den Erhalt der Kakistokratie (Herrschaft der Schlechtesten): Räsoniert so viel ihr wollt, aber gehorcht. Wo die Gegenwart sprachlos bleibt, echauffieren sich, wortgewaltig angeführt von den gebildeten Profilneurotikern, Millionen an Belanglosigkeiten, die vor 35 Jahren vorgefallen sein sollen. Wer die Übersicht verloren hat, kümmert sich um leere Klopapierrollen, frotzelt der Volksmund. Das war, ganz nebenbei, auch das Problem von Zar Nikolaus II., der sich in den Details verlor und Armee und Land ruinierte. Russland hat sich davon bis heute nicht wieder erholt.

Es wird Zeit für uns, etwas zu tun, worin wir im Westen wenig Übung haben

Man könnte es bei diesem Schwall eines zornigen weißen Mannes belassen, wenn es da nicht das eine oder andere Anzeichen gäbe, das darauf hindeutet, dass wir uns langsam der Kehre nähern. Zentrales Element der grünen Hegemonie war bislang ihre Kampagnenfähigkeit. Das hat zuverlässig funktioniert, man konnte sich auf seine gut bezahlten propagandistischen Wadenbeißer verlassen. Am Phänomen der Endlichkeit kommen aber auch die Grünen nicht vorbei: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Einem gestandenen Mann vorzuhalten, was er vor 35 Jahren als Minderjähriger verfasst hat, war so dermaßen absurd, dass nur die Intellektuellen scharenweise darauf reingefallen sind. Wer noch über gesunden Menschenverstand verfügt, hat sich kurz daran erinnert, was er selbst mit 17 verfasst hätte und gelangweilt die Achseln gezuckt. Der Denunziant hat sich selbst denunziert. Mit dieser Kampagne haben sich jene am meisten geschadet, die sie angezettelt und weiterverbreitet haben.

Und die Moral von der Geschicht: Es wird Zeit für uns, etwas zu tun, worin wir im Westen wenig Übung haben: eine „Elite“ austauschen, die nur noch Schaden anrichtet. Es gelang uns nach dem Ersten Weltkrieg nicht, es gelang uns auch nach dem Zweiten Weltkrieg nicht und es gelang auch nicht nach 1989. Das sind schwerwiegende politische Versäumnisse, die sich in ihren Auswirkungen jetzt aufsummiert haben. Andere Länder waren da erfolgreicher, dafür liefern die 80er in Mitteleuropa ausreichend lehrreiche Beispiele.

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Mein Dechiffrier-Video über die Methoden von Markus Lanz hat das ZDF dreimal auf Youtube sperren lassen. Der Schuss ging nach hinten los. Ich habe es im freien Internet auf Rumble hochgeladen. Da wurde es sage und schreibe 6,5 Millionen Mal aufgerufen. Offenbar, weil die Algorithmen „kritische“ Inhalte nicht ausbremsen wie bei Youtube. Ein Leser rechnete aus, dass damit mehr Zuschauer meine kritische Analyse der Sendung gesehen haben als die Sendung selbst. Auch mein Dechiffriert-Video zu dem Hetzstück des ZDF über Hans-Georg Maaßen wurde auf Rumble 6,2 Millionen Mal geklickt. Das macht Mut! Aber es kostet auch sehr viel Zeit und Energie – im konkreten Fall eine Nachtschicht. Umso dankbarer bin ich für Ihre Unterstützung. Ohne die wäre meine Arbeit nicht möglich, weil ich weder Zwangsgebühren noch Steuermillionen bekomme, und auch keinen Milliardär als Sponsor habe. Dafür bin ich unabhängig!
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Dieser Beitrag erschien zunächst auf Hannah-Arendt.de.

Boris Blaha ist geb. 1960 in München; Studium von Geschichte, Soziologie, Sozial- und Kulturwissenschaften an den Universitäten Würzburg, Regensburg und Bremen; Abschluss M.A., Gründungsmitglied „Hannah Arendt Preis für politisches Denken“
Bild: Shutterstock

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