Faktenfinder stellen selbst Fake-Behauptung auf – und widerlegen sie dann Köstliches Eigentor – die bizarren Methoden von Correctiv & Co.

In Russland wunderte ich mich immer über Propaganda-Texte aus der Sowjetunion – weil sie in der Regel schlicht nicht lesbar waren und der Logik-Faden oft schon im ersten Absatz riss. Sie glichen mehr absurdem Theater als Journalismus. Heute habe ich beim Lesen der sogenannten „Faktenfinder“ oft ein Déjà-vu-Erlebnis. Mit welch stilistischen, sprachlichen und logischen Volten die vom Staat gepäppelten „Wahrheits-Wärter“ da regelmäßig versuchen, Weiß für Schwarz zu verkaufen, hat schon etwas Tragikomisches. Meistens ist es ein Ritterschlag für den Autor, wenn die vom Staat „outgesourcten“ Propaganda-Kombinate einen Artikel aufgreifen.

Inzwischen erhöhen sich dabei auch die Eigentore der „Faktenchecker“, die hierzulande oft jene Rolle spielen, die in autoritären Staaten Geheimdienste und politische Polizei erfüllen (eine besonders aktive Seite, der ich hier gar nicht die Ehre erweisen will, sie namentlich zu nennen, hat bei uns intern inzwischen den Spitznamen „Kindergarten-Stasi“).

Besonders putzig ist auch Correctiv. Einer der Männer, dessen Name im Zusammenhang mit dem „Recherchebüro“ auftaucht, ist der Vertraute Gerhard Schröders und Sozialdemokrat Bodo Hombach, der bis zu seinem Rückzug in der Correctiv-Ethikkommission saß. Hombach ist Vorsitzender des Vorstands der Brost-Stiftung, die Correctiv zwischen 2014 und 2016 mit mehr als drei Millionen Euro förderte. “Correctiv” wird von diversen anderen Unterstützern mit Millionen an Spenden ausgestattet, etwa George Soros’ Open Society Foundation, Google, Facebook, Deutsche Telekom etc. Auf Facebook ist „Correctiv“ als „Wahrheitspolizei“ im Einsatz – und biegt dreist Fakten so zurecht, dass sie ins pseudolinke Weltbild passen.  

Was sich Correctiv nun wieder leistete, ist zum Schreien komisch. Aber lassen wir die Faktenchecker erst einmal im Original zu Wort kommen:

Blöd nur, dass die Behauptungen von „Correctiv“ Fake-News sind, also falsche Behauptungen. Denn in dem Artikel behaupte ich nicht, dass es „Betrug“ sei, was die Sprecher der Bundesregierung sagen. Ich stelle lediglich die Aussage des DIVI-Chefs und die der Bundesregierung gegenüber. Unkommentiert. Der Betrug fällt vielleicht vielen gar nicht auf, weil „Correctiv“ meinen Original-Artikel so verlinkt, dass zumindest ich den Link gar nicht öffnen kann (vielleicht haben Sie mehr Glück – wenn nicht, hier für Sie der Original-Link). Man unterstellt mir eine Aussage, die ich nie getätigt habe, widerlegt sie dann, und folgert daraus, ich würde Falschmeldungen verbreiten. So viel Chuzpe muss man erstmal haben! 

Hier die Überschrift meines Beitrags – sie besteht aus einem Zitat und einer Frage – aber der Unterschied zwischen Frage und Behauptung ist den „Faktencheckern“ offenbar nicht bekannt (deshalb hier ein kleiner Hinweis: Wenn ich frage, ob die Faktenchecker bei Correctiv dumm sind, behaupte ich das damit nicht).

Ich mache dann in meinem Artikel etwas, was für die Ideologen von „Correctiv“ wohl eine Ursünde ist: Ich schreibe den Lesern nicht vor, was sie zu denken haben. Nachdem ich ausschließlich Zitate aufführe, kommt lediglich eine Anmerkung zur Einordnung: „Hinweis: Die Aussage von Marx schließt natürlich nicht aus, dass man gewisse Tendenzen kennt bzw. erkennt. Aber dann hätten Politiker und Medien das auch immer so deutlich machen müssen und nicht den Eindruck erwecken dürfen, sie hätten genaue Daten.“

Die erneute Bauchlandung von „Correctiv“ geht aber noch weiter. Die „Faktenchecker“ schreiben: „Die Divi ist nicht zuständig für die Erfassung, sondern das RKI. Dort liegen Daten zum Impfstatus für die Mehrheit der hospitalisierten Covid-19-Patienten vor.“

Was „Correctiv“ verschweigt: Noch im Oktober antwortete der Sprecher des Gesundheitsministeriums auf meine Frage nach der Erfassung des Impfstatus von Hospitalisierten: „Das RKI hat eine methodische Umstellung vorgenommen. Bis zum 22. September wurden Patienten mit einer Coronainfektion, die ins Krankenhaus aufgenommen wurden, von denen man den Impfstatus nicht sicher kannte, als ungeimpft registriert.“ (nachzulesen hier). Und weiter: „Jetzt werden nur noch die Fälle ausgewiesen, von denen man den Impfstatus tatsächlich einwandfrei kennt.“

Und jetzt wird es spannend: Correctiv zitiert nun das RKI mit gefetteten Lettern in einer Zwischenüberschrift mit der Aussage, Anfang November hätten Daten zum Impfstatus für 81 Prozent aller COVID-19-Fälle vorgelegen. Erst im Kleingedruckten erfährt der geneigte Faktencheck-Leser, sofern er den vorhergegangenen Logik-Volten folgen konnte und wollte und nicht längst aufgegeben hat, dass – Achtung! – „für 68 Prozent der hospitalisierten Covid-19-Patienten Daten zum Impfstatus übermittelt“ wurden. Also für ca. zwei Drittel. 

Für ungefähr ein Drittel fehlen also diese Daten. Womit genau das bestätigt ist, was in meinem ursprünglichen Bericht thematisiert wird – die Widersprüche in den Angaben. 

Aber so weit hat wohl kaum jemand den Faktencheck durchgelesen. Und Hauptsache, es bleibt das hängen, was in der Überschrift steht: Ich hätte eine falsche Behauptung aufgestellt.

In der sowjetischen Presse hätten solche „Faktenchecker“ große Karrierechancen gehabt.

Der eigentliche Hammer aber: Die neue Zahl, mit der „Correctiv“ das RKI zitiert, ist im besten Falle sehr merkwürdig und im schlimmsten entlarvend. Denn für die Diskrepanzen zwischen den Angaben zu Impfdurchbrüchen in den Wochenberichten des RKI und den Angaben in den Tagesberichten, die ich aufgedeckt habe, hatte ich bisher nur die Erklärung, dass in einem großen Teil der Fälle eben der Impfstatus nicht bekannt ist. Stimmen aber die Angaben des RKI in der Version von „Correctiv“ und ist bei 68 Prozent der hospitalisierten Fälle der Impfstatus bekannt, wäre diese Erklärung zumindest in Zweifel zu ziehen. Und das würde die große Frage aufwerfen: Wie bitte kommen die Diskrepanzen zwischen Wochen- und Tagesberichten dann zustande? (Details sind hier nachzulesen.) Die Folgefrage wäre: Hat „Correctiv“ hier beim Versuch, mir eine Grube zu graben, aus Versehen dem RKI eine ausgehoben? Fragen über Fragen.



Bild: Alexandre Rotenberg/Shutterstock
Text: br

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