In der US-Science-Fiction Serie „Raumschiff Enterprise“ landen die Helden eines Tages in einem Parallel-Universum. Das ist äußerlich nicht von ihrem zu unterscheiden. Nur sind die Charakter „umgedreht“ – „die Guten“ sind in dem Parallel-Universum „die Bösen“. Alles ist auf den Kopf gestellt.
An diese Episode meiner Lieblings-Serie muss ich in diesen Tagen immer häufiger denken. Und auch heute wieder. Als ich einen Tweet des FDP-Mitglieds Mic de Vries las. Der eifrige Twitter-Nutzer ist einer der Köpfe hinter der Kampagne „Wir haben mitgemacht“. Darin werden die schlimmsten Fälle von Hetze und Diskriminierung gegen Menschen zusammengestellt, die sich nicht gegen Corona impfen lassen woll(t)en (siehe mein Beitrag „Die ultimative (Selbst-)Entlarvung der Corona-Hetzer – Hashtag #ichhabemitgemacht sorgt für Wirbel).
Viele der so gesammelten Aussagen empfindet man zumindest als juristischer Laie als Beleidigung, üble Nachrede und/oder Verleumdung sowie Volksverhetzung. Hier ein paar Beispiele:
- „Impfgegner sind Bekloppte“.
- „Kein Impfgegner wird wie ein Staatsfeind behandelt. Er darf nur, hoffentlich bald, nicht mehr unter Leute gehen, weil er ein gefährlicher Sozialschädling ist.“
- „Wäre die Spaltung der Gesellschaft wirklich etwas so Schlimmes? Sie würde ja nicht in der Mitte auseinanderbrechen, sondern ziemlich weit rechts unten. Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essentiell für das Überleben des Gesamtkomplexes.“
- „Zuerst einmal müssen wir eine klare Botschaft an die Ungeimpften senden: Ihr seid jetzt raus aus dem gesellschaftlichen Leben.“
- „Wer sich nicht impfen lässt, ist ein asozialer Trittbrettfahrer!“
- „Tyrannei der Ungeimpften“
- „Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich um gesellschaftliche Nachteile für all jene ersuchen, die freiwillig auf eine Impfung verzichten. Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen…. Der Staat hat schon umstrittenere Sachen durchgepaukt!“
- „Impfgegner sind Bekloppte“
- „Kein Ungeimpfter mehr im Büro, kein ungeimpfter Fußballspieler mehr auf dem Rasen, kein ungeimpfter Abgeordneter mehr im Bundestag, kein ungeimpfter Student mehr im Hörsaal.“
- „Die Gesellschaft muss das jetzt selbst regeln: Wenn Du nicht geimpft bist, dann möchte ich auch nicht, dass Du mit meinen Kindern spielst!“
- „Ungeimpfte dürfen nicht als Minderheit die Mehrheit terrorisieren.“
- „Was Ratten in der Zeit der Pest waren, sind Kinder zurzeit für Covid-19“
- „In Deutschland reicht es nicht, den Ungeimpften auf die Nerven zu gehen, da muss man mehr tun“
- „Ungeimpfte brauchen nun Peitsche statt Zuckerbrot“
- „Vermeiden Sie Kontakt mit Ungeimpften!“
- „Nur die Ungeimpften, die Deserteuren gleichen, sind zu bestrafen!“
Wenn Sie nun glaubten, dass die Staatsanwaltschaft gegen diejenigen vorgehen würde, die solche Aussagen machten, irren Sie sich.
Denn es geschieht genau das Gegenteil: Mic de Vries bekam jetzt als einer derjenigen, der diese Aussagen sammelte, um sie zu dokumentieren, eine Vorladung von den Ermittlern. Das vermeldete er auf Twitter – und kommentierte es mit Galgenhumor:
Polizeiliche Ermittlung wegen meiner #Zitatensammlung! Really? 🧐
Nun ja: Wir lassen uns auf den Spaß ein. Lasst die Spiele beginnen. 🤡 pic.twitter.com/zVPAFsdjL0— The Liberal Mind 💛 🗽 (@micliberal) September 30, 2022
Eine Nutzerin antwortet de Vries auf Twitter: „Oha. Sie haben öffentlich zugängliche Daten und Informationen verbreitet, die die Betroffenen selbst veröffentlicht haben? Datenschutz scheint der letzte Strohhalm zu sein, an dem sich die Rachsüchtigen nun klammern.“ Ein anderer Nutzer schreibt: „Das ist doch jetzt ein Witz, oder? Für sowas werden unsere Steuergelder verschwendet, weil ein paar Snowflakes nicht mit der Realität Ihrer EIGENEN geäußerten Worte klarkommen? Ich bin fassungslos.“
Ganz ehrlich – man kommt sich vor wie in einem Parallel-Universum. Nicht die Diffamierer, Verleumder und Volksverhetzer werden von den Ermittlern verfolgt – sondern diejenigen, die deren Taten dokumentieren. Öffentliche Aussagen mit Hass und Diffamierung von Ungeimpften zu dokumentieren, ist für die Staatsanwaltschaft also ein „gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten“. Das wäre zum Lachen, wäre es nicht so traurig.
Es scheint sich nichts geändert zu haben in Deutschland seit der Zeit, in der Kurt Tucholsky konstatierte: „In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als derjenige, der den Schmutz macht.“
Tatsächlich haben wir es mit einer Instrumentalisierung von Polizei und Justiz gegen Menschen mit anderer Meinung zu tun, die für die Bundesrepublik beispiellos ist. Und wie man sie sonst nur aus autoritären Staaten kennt. So gab es etwa gerade erst wieder eine Untersuchungsaktion bei der AfD und der Zeitung „Deutschlandkurier“. Mit Hausdurchsuchungen bzw. der Angst vor diesen werden Kritiker der Regierung regelrecht terrorisiert. Die Liste der Beispiele ließe sich schier endlos fortführen. Wer nicht greifbar ist wie ich mit Wohnsitz im Ausland, muss damit rechnen, dass die Polizei bei seiner Familie und in seinem Umfeld in Deutschland vorstellig wird.
Selbst die linke „New York Times“ klagt jetzt in einem Artikel ausführlich über Gesinnungsjustiz in Deutschland und die Instrumentalisierung der Strafverfolger für politische Zwecke. Vorspann des Beitrags: „Wo Online-Hassreden die Polizei vor Ihre Tür bringen können. Im Kampf gegen den Rechtsextremismus ist Deutschland weiter als jede andere westliche Demokratie gegangen, um Einzelpersonen für das zu verfolgen, was sie online sagen, und die Grenzen der freien Meinungsäußerung im Internet getestet.“
Beachtet man, dass heute jedes Abweichen vom „woken“, also rotgrünlila Zeitgeist als „Rechtsextremismus“ diffamiert wird, stellt der Beitrag in der „New York Times“ einen Abgesang auf den Rechtsstaat in Deutschland dar. Was da beschrieben wird, dürfte dem US-Durchschnittsleser die Sprache verschlagen: So ein Vorgehen des Staates gegen „Meinungsverbrechen“ kennt man aus autoritären Staaten. Aber nicht aus pluralistischen Demokratien.
Weil die großen Medien diese Missstände und diesen Missbrauch der Justiz zur Bekämpfung Andersdenkender aber entweder verschweigen oder decken bzw. rechtfertigen, ist er einer Mehrheit der Bundesbürger schlicht nicht bekannt. Die großen Medien bzw. ihre Journalisten sind somit Komplizen bei diesem für eine Demokratie beispiellosen Generalangriff auf die Freiheit insgesamt und die Meinungsfreiheit im Besonderen.
Eine künftige Vergangenheitsbewältigung wird das nicht nur historisch, sondern auch juristisch aufarbeiten müssen. Etwa durch Verfahren wegen des Verdachts der Rechtsbeugung im Amt.
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