Polen klagt gegen Klimaziele der Europäischen Union Beschwerde wegen „autoritärer“ Politik

Von Kai Rebmann

Kritische Stimmen bezeichnen den Machtapparat der EU gerne als einen Wolf im Schafspelz. Brüssel erinnere, so ist dann zu hören, mit seinen Strukturen immer mehr an einen europäischen Zentralstaat, der die Autonomie seiner Mitgliedsländer zunehmend einzuschränken versucht.

Um dem ganzen Gebaren aber dennoch den Anstrich einer demokratischen Legitimation zu geben, dürfen die EU-Staaten über neue Gesetzesinitiativen aus Brüssel sogar abstimmen. Oder besser gesagt: zustimmen! Denn von einer Abstimmung im Sinne einer freien Willens- bzw. Meinungsäußerung könne leider nur in den seltensten Fällen die Rede sein, so der Argwohn der Kritiker.

Zuletzt sorgte unter anderem das Verbrenner-Aus für hitzige Diskussionen. Ab 2035 sollen auf Europas Straßen keine Fahrzeuge mehr neu zugelassen werden, die Benzin oder Diesel tanken. Deutschland habe, so war es im Frühjahr in den hiesigen Medien zu lesen, das Gesetz wochenlang blockiert und Ausnahmen für „klimaneutrale synthetische Kraftstoffe“ durchgedrückt.

Nur im Kleingedruckten – wenn überhaupt – erfuhr man, dass sich Bulgarien, Italien und Rumänien bei der Abstimmung enthalten haben und Polen als einziges Land dagegen gestimmt hat. Jetzt hat sich Polen dazu entschlossen, gegen die aus seiner Sicht „autoritäre Klimapolitik“ der EU vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen.

Warschau zieht vor den EuGH

Dabei ist das Verbrenner-Aus nur einer von insgesamt vier Punkten, der der nationalkonservativen Regierung in Polen ein Dorn im Auge ist. Bereits vor knapp zwei Wochen reichte Warschau beim EuGH eine Beschwerde gegen die jüngst beschlossenen EU-Vorschriften zur Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft ein. In der vergangenen Woche folgten schließlich Klagen gegen das Verbot von Verbrennerfahrzeugen ab 2035, das Absenken des Emissionsziels bei Treibhausgasen sowie die weitere Begrenzung bei der Ausgabe kostenloser CO₂-Zertifikate.

Polens Umwelt- und Klimaministerin Anna Moskwa begründete diesen Schritt via Twitter in Form einer rhetorischen Frage: „Will die Union autoritär entscheiden, welche Art von Fahrzeugen die Polen fahren müssen und ob die Energiepreise in Polen steigen?“ Und die parteilose Politikerin legte unmissverständlich nach: „Die polnische Regierung wird Brüssels Diktat nicht zulassen.“

Im Klartext: Moskwa erdreistet sich, die nationalen Interessen ihres Landes und ihrer Bürger über jene der EU zu stellen – und damit genau das zu tun, wovor Brüssel am meisten Angst hat. Übertragen auf das vorliegende Beispiel erklärt die Ministerin das so: „In unserem Fall steht das Verbot von Verbrennern im völligen Gegensatz zur (nationalen) Klimapolitik, weil es zu einem Anstieg des Kohleverbrauchs führen wird, wenn wir die Stromproduktion erhöhen sollen.

Hintergrund: Die Verstromung von Kohle spielt in Polen eine deutlich größere Rolle als in den meisten anderen EU-Ländern. Und da Moskwa anscheinend die Marktgesetze kennt und dazu auch noch rechnen kann, weiß sie: Ein erzwungener Umstieg auf E-Autos wird zu mehr Nachfrage beim Strom und damit zu höheren Kosten führen.

EU-Emissionshandel als Kostenfalle

Diese nüchterne Tatsache führt die Regierung in Warschau zum zweiten und dritten Punkt ihrer aktuellen Klage vor dem EuGH. Länder, die wie Polen einen Großteil ihrer Energie aus Kohle gewinnen, werden von Brüssel kräftig zur Kasse gebeten. Das Zauberwort heißt in diesem Zusammenhang „EU-Emissionshandel“. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als die Bepreisung des Ausstoßes von CO₂. Für „besonders effiziente Unternehmen“, man könnte wohl auch von „systemrelevanten Unternehmen“ sprechen, stellt die EU sogenannte „Gratisscheine“ aus, also kostenlose CO₂-Zertifikate, die entsprechende Emissionen in einem bestimmten Umfang erlauben.

Im März und April dieses Jahres sprachen sich sowohl der Europäische Rat als auch das EU-Parlament für weitreichende Änderungen dieses Systems aus. Bis zum Jahr 2030 sollen im Vergleich zum Jahr 2005 jetzt nicht mehr „nur“ 43 Prozent weniger CO₂ ausgestoßen, sondern die Emissionen um stolze 62 Prozent reduziert werden. Für Polen – und viele andere Länder – ein faktisches Ding der Unmöglichkeit.

Darüber hinaus sollen Unternehmen aus weiten Teilen der Industrie und der Luftfahrt vom Zugang zu kostenlosen CO₂-Zertifikaten ausgeschlossen werden. Zudem sollen diese „Gratisscheine“ bis zum Jahr 2034 schrittweise vollständig abgeschafft werden.

Warschau vertritt in seiner Klage den Standpunkt, dass derart ambitionierte Klimaziele von der EU nur mit Einstimmigkeit ihrer Mitglieder beschlossen werden können und nicht, wie bisher, mit einer qualifizierten Mehrheit.

Unterstützung kommt aus Ungarn

Ferner hat sich Anna Moskwa bei ihrem Rundumschlag auch das sogenannte „Fit für 55“-Paket der EU zur Brust genommen. Auch diese Agenda rückt die Reduktion der Emissionen in den Mittelpunkt und wird für alle EU-Bürger mehr oder weniger drastische Konsequenzen nach sich ziehen. In diesem Fall lautet das ausgerufene Ziel: 55 Prozent weniger Emissionen bis zum Jahr 2030, wobei hier das Jahr 1990 als Referenz dient.

Die Klimaministerin schreibt dazu, offenbar auch im Namen ihrer gesamten Regierung: „Es ist kein Geheimnis, dass wir das ganze Paket abgelehnt haben, wir sind gegen die Anhebung der Klimaziele sowie die Art und Weise des Vorgehens und wie diese aufgezwungen werden.“ Polen hatte das „Fit für 55“-Paket nicht nur in einzelnen Punkten abgelehnt, sondern in seiner Gesamtheit.

Unterstützung erhält Moskwa aus Ungarn. Bence Tuzson, direkt unterstellter Staatssekretär von Premierminister Viktor Orbán, äußerte sich in der vergangenen Woche in der Sache zwar zurückhaltend, die Kritik am Vorgehen der EU fiel dafür aber umso deutlicher aus. Er warf Brüssel vor, „die Gesetzgebung zu diktieren“, was letztlich nur dazu führen werde, dass sich die Mitgliedsstaaten über kurz oder lang nicht mehr an solche Vorgaben gebunden fühlen.

Europäisches Recht dürfe nicht gegen nationales Recht ausgespielt werden, erklärte Tuzson. Vielmehr müsse Brüssel darauf Wert legen, dass EU-Recht mit dem jeweiligen nationalen Recht vereinbar ist – und nicht umgekehrt. Andernfalls sei es Aufgabe der Verfassungsgerichte – oder wie im vorliegenden Fall eben Sache des EuGH – diesem „schädlichen Trend“ Einhalt zu gebieten. Schließlich forderte der Staatssekretär, der „heimlichen Gesetzgebung“ und der von Brüssel betriebenen „Aufweichung von Rechtsbegriffen“ einen Riegel vorzuschieben.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Nicolas Economou/Shutterstock

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