Dank des Covid-Reglements: Deutsche sind gesamtdeutsch unterschiedlich vereint „Freiheit ist nicht alles, aber ohne Freiheit ist alles nichts!“

Ein Gastbeitrag von Gunter Weißgerber und Annette Heinisch

Das beispielhaft unlogische und desaströse Covid-Management der im Willen zum Freiheitsentzug der Bevölkerung vereinigten Bundes- und Landesregierungen machte möglich, was zweiunddreißig Jahre Aufbau-Ost-Politik leider nicht erreicht haben. Lauteten mediale Losungen vor wenigen Jahren noch „Zwanzig Prozent der Ostdeutschen wollen die Mauer wiederhaben“, obwohl damit offenkundig achtzig Prozent der Ostdeutschen ohne Mauer in einem in Freiheit vereinten Deutschland leben wollten, so ist diese plumpe Diskussion inzwischen offenbar ins mediale Nirwana entwichen. Zwar ab und an wieder ans virale Tageslicht gezerrt, wenn es gegen viele Ostdeutsche und vor allem gegen die Sachsen gehen muss, aber eigentlich doch verschwunden.

Hohe Inzidenzen und Spaziergänge sind medial willkommen, wenn diese in Regionen Sachsens, Thüringens, Brandenburgs, Sachsen-Anhalts, Mecklenburg-Vorpommerns zeitgleich ihr Unwesen treiben. Fallen die Amplituden der Inzidenzen und die Amplituden der Spaziergänge zeitlich weit auseinander, dann erfährt der hauptstrommäßig (Manfred Haferburg) gewogene Obrigkeitsfanatiker in Deutschland nichts davon. Jedenfalls nichts im medialen Hauptstrom.

In den letzten beiden Jahren wuchs nun zusammen, was bislang wenig voneinander wusste. Unverständnis, Empörung und Widerstand wurden durch gemeinsame Erfahrung zu einer gesamtdeutschen mentalen Basis. „Wir sind ein Volk“ – langsam wird es Wirklichkeit.

Jede Regierung, ob undemokratisch oder demokratisch an der Macht, erzeugt ihre eigenen Gegner und je doller es eine Administration treibt, umso stärker wird die Aversion. Sehr, sehr viele den Institutionen der Bundesrepublik bislang zugetane Staatsbürger machten seit 2020 den ihnen amtlich aufgezwungenen Erkenntnisprozess durch, wonach die Freiheit flüchtig ist und Institution für Institution im Dominosteinprinzip als Wahrer der Freiheit ausfällt. Das erfuhren schmerzhaft viele Menschen im Westen der Republik, das erfuhren wie an einem alten Gespenst von vor 1989 viele im Osten der Republik erneut.

Polizeikessel mit dem Ziel, die Menschen zusammenzutreiben, ihnen dann die dadurch entstandenen Regelverstöße vorzuwerfen und diese erzwungenen Verstöße zum Anlass für den Einsatz von Wasserwerfern zu nehmen, das ist einer Demokratie nicht würdig und rückt diese in die Nachbarschaft von Demokraturen.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, welches der DDR näher als der alten Bundesrepublik ist, und die meist vereinigte und sehr oft verlogen und diffamierend berichtende öffentliche Zunft tun ein Übriges. Covid-Regierungspolitik und viele Medien verwischen den Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur. Für viele Normalbürger wird es zunehmend unübersichtlich. Res Publica und Demokratie leben in der Freiheit vom Recht des Staatsbürgers auf Einmischung in die Angelegenheiten von Staat und Gesellschaft. Wenn der Staat beispielsweise die Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit wegnimmt, die Rückgabe von Freiheiten nur im Wohlverhaltensfall (sic!) in Aussicht stellt, dann wird der Unterschied zur DDR sehr, sehr, sehr, sehr klein.

Dank des repressiven Covid-Reglements in Bund, Ländern und Gemeinden machen seit zwei Jahren viele West- und Ostdeutsche haargenau dieselben Erfahrungen und sind sich dadurch nähergekommen.

In der Not erkennen sich Freunde. Die Trennlinie in Deutschland ist nicht mehr zwischen West und Ost festgemacht. Die Grenze ist neu gezogen und obwohl alle Deutschen Covid-Gegner sind, hat es die Politik fertiggebracht, Hass zwischen denen zu erzeugen, die das Reglement richtig finden, und denen, die das Reglement als freiheits- und demokratiefeindlich erfahren. „Divide et impera“.

Dass dadurch eine neue Kraft entstanden ist, nämlich die Kraft der Einigkeit, die nach Recht und Freiheit strebt, ist der in ihrer eigenen Welt gefangenen Politik entgangen. Sie denkt, dass der Protest ein Kätzchen ist, und verkennen, dass es ein Tiger wird, der nur von wenigen hätte eingehegt werden können. Die Liberalen haben wieder einmal ihre historische Chance verpasst. Würden sie geschlossen hinter Kubicki stehen, so hätten sie den Verzweifelten Hoffnung geben können. Aber wie zuvor bei der Euro-Rettung und der Energiewende sind sie als Partei rückgratlose Steigbügelhalter der Anderen.

PürnerAuch die Union hätte mit Friedrich Merz einen Joker haben können. Ein Oppositionsführer aber, der als Jurist bei der höchst umstrittenen Impfpflicht nur technische Umsetzungsprobleme sieht, dem die Grundrechte offenbar völlig egal sind und der bereit ist, die Ermächtigung für einen Impfzwang zu installieren, der für ein lediglich eventuelles Geschehnis schwerwiegende Grundrechtseingriffe mit ungewissen Folgen an Voraussetzungen knüpft, deren Vorhandensein Politik und Verwaltung vollständig kontrollieren, offenbart seinen völlig fehlenden Instinkt nicht nur für Menschenrechte, sondern auch für politische Entwicklungen.

Bei der friedlichen Revolution 1989 kam zunächst der Ruf „Wir sind das Volk“ und dann „Wir sind ein Volk“. Vielleicht läuft es diesmal genau anders herum. Niemand, keine Gruppe und keine Partei, besitzt das ausschließliche Copyright auf die Inanspruchnahme des Begriffs „Volk“. Keine Gruppe kann anderen Gruppen die Bezugnahme auf „Volk“ verwehren.

Am 27. November 1989 galt die Aussage vor Hunderttausenden bunt zusammengewürfelter Demonstranten „Es gibt kein Volk der DDR! Es gibt ein deutsches Volk und das lebt in zwei deutschen Staaten.“ (GW)

2022 sagen die Autoren dieses Textes mit gleicher Überzeugung „Es gibt kein Volk der Geimpften, so wie es kein böses Volk der Ungeimpften gibt! Es gibt ein Volk der Bundesrepublik und das streitet um den besten Weg in der Virusbekämpfung, ohne die Freiheit unter die Räder kommen zu lassen. Denn „Freiheit ist nicht alles, aber ohne Freiheit ist alles nichts!“ (Zitat Ilse Obenland)

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Annette Heinisch. Studium der Rechtswissenschaften in Hamburg, Schwerpunkt: Internationales Bank- und Währungsrecht und Finanzverfassungsrecht. Seit 1991 als Rechtsanwältin sowie als Beraterin von Entscheidungsträgern vornehmlich im Bereich der KMU tätig.

Gunter Weißgerber war Montagsdemonstrant in Leipzig, Mit-Gründer der Ost-SPD und saß dann 19 Jahre für die SPD als Abgeordneter im Deutschen Bundestag. 2019 trat er aus der Partei aus. Der gelernte Bergbauingenieur ist heute Publizist und Herausgeber von GlobKult. Im Internet zu finden ist er unter www.weissgerber-freiheit.de. Dieser Beitrag ist zunächst auf GlobKult erschienen.

 

Bild: Shutterstock
Text: Gast

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