Was Lauterbach über uns aussagt Der Minister ist nicht die Krankheit, er ist das Symptom.

Kennen Sie den Film „Louis taut auf“ mit Louis de Funès? In dem der Großvater des von ihm gespielten Hauptdarstellers nach vielen Jahren im arktischen Eis gefunden wird und nach dem Auftauen in einer völlig anderen Welt aufwacht? Warum ich mich genau so fühle, und was das mit Karl Lauterbach und dem Gesellschaftsmodell der chinesischen Kommunisten zu tun hat, das bei uns immer lebendiger wird – das habe ich in meinem aktuellen Wochenbriefing beschrieben. Ebenso wie das ganz persönliche, kleine Osterwunder, das ich erlebt habe. Auf vielfachen Leserwunsch bringe ich es es hier auch auf meiner Seite. Sie können mein Wochenbriefing kostenlos und jederzeit widerrufbar hier abonnieren.   

Liebe Leserinnen und Leser,

Ostern ist das Fest der Wiederauferstehung. Und ich ertappe mich dieses Jahr an Ostern bei dem, was ich bei meiner Großmutter immer mit einem Schmunzeln quittiert habe: Sehnsucht nach einer Rückkehr – also Wiederauferstehung – dessen, was man die gute alte Zeit nennt. Klar – zu jeder Zeit gab es viel Negatives und vieles, was es zu kritisieren gibt. Sieht man in die Geschichte oder auch nur auf den Globus, weiß man sofort, dass man – was Zeit und Ort des eigenen Lebens angeht – zu einer ebenso glücklichen wie kleinen Minderheit auf dieser Welt gehört. Zumindest bislang noch. Die Menschen in Charkiv, Mariupol oder Cherson haben auf allzu dramatische und schreckliche Weise erfahren müssen, wie schnell sich das ändern kann.

Aber, dass anderswo großes Leid herrscht, darf uns nicht als Ausrede dafür dienen, selbstkritisch zu analysieren, wohin und wie sich unser Land entwickelt. Kennen Sie den Film „Louis taut auf“ mit Louis de Funès? Der von ihm gespielte Paul de Tartas bekommt einen Schock, als er erfährt, dass der Großvater seiner Frau, der bei einer Nordpol-Expedition vor ewigen Zeiten angeblich starb, im ewigen Eis gefunden wurde: Nach Jahrzehnten in eingefrorenem Zustand wurde er wieder aufgetaut. Um ihm den Schock der vergangenen Jahrzehnte zu ersparen, wird alles im Haus wieder in den damaligen Ursprung hergerichtet.

Die Zeiten ändern sich heute schneller als damals und ich fühle mich ein wenig wie der Nordpolforscher, der in einer anderen Zeit aufwacht, seit ich nach insgesamt 16 Jahren in Russland wieder in die Bundesrepublik zurückkam. Den Zurückgebliebenen – verzeihen Sie mir dieses Wort, Sie wissen, wie es gemeint ist – ging es, so mein Eindruck, in vielem wie den Fröschen, die gar nicht merken, dass sie gekocht werden, weil die Temperatur ganz langsam, aber eben dauernd erhöht wird. Meine Erfahrung nach dem abrupten Wurf in das kochende Wasser war: die alte Bundesrepublik, meine politische und reale Heimat, gibt es nicht mehr. Es ist ein Zwitter entstanden, mit sehr viel DDR-Gehalt. Was bei mir nur ein Gefühl war, hat mein Autor Alexander Fritsch schon Ende 2020 sehr ausführlich dargelegt in einem Mehrteiler. Den Beginn mit dem Link zu den anderen Texten finden Sie hier.

Die alte Bundesrepublik hatte viele Fehler und ich habe mit ihr selbst gehadert. Aus heutiger Sicht wirkt sie wie eine Insel der Glückseligen. Politiker wie Helmut Schmidt, Helmut Kohl und Franz Josef Strauß, die ich als junger Mann heftig kritisierte (was ihnen herzlich egal sein konnte), wirken vor dem Hintergrund unserer heutigen Politik-Pygmäen (sorry, das Wort ist heute auch schon politisch ungerecht) wie Giganten. Sowohl was ihre intellektuellen als auch politischen Fähigkeiten angeht. Stellen Sie Verteidigungsministerin Lambrecht mal neben ihren Vorgänger Strauß. Das sind keine unterschiedlichen Welten, die da aufeinanderprallen, das sind unterschiedliche Universen.

Bei all ihren Fehlern und Unzulänglichkeiten hatten die großen Politiker der Bundesrepublik eine Gemeinsamkeit: Sie akzeptierten die Menschen so, wie sie sind. Sie wollten sie nicht umerziehen – solchen Unsinn überließen sie den sozialistischen Diktaturen. Wer auf dem Boden des Grundgesetzes stand, brauchte nicht ständig seine „Haltung“ zur Schau stellen. Das hat sich jetzt ins Gegenteil gewandelt. Wir leben im Erziehungs- und Belehrungsstaat. Man muss nur einmal die Twitter-Profile von Normalsterblichen ansehen und schon sticht einem ins Auge, wie oft dort völlig unverlangt „Haltung“ gezeigt wird. Ob da nun steht „gegen Rassismus“ oder „gegen rechts“. Wie absurd, ja in seiner Tiefe sogar totalitär der Gruppenzwang ist, der solchen Bekenntnissen vorausgeht, ist heute kaum noch jemandem bewusst. Zu sehr haben wir uns daran gewöhnt.

Die Corona-Politik ist ein besonders drastischer Auswuchs dieses Erziehungs- und Belehrungsstaates. Es ist kein Zufall, dass die Mittel, die bei uns angewandt wurden, wie etwa der Lockdown, im kommunistischen China eingeführt wurden. Und mit Hilfe einer China willfährigen Weltgesundheitsorganisation von ebenso willfährigen Politikern dann auch bei uns durchgesetzt. Man braucht nicht an eine große Weltverschwörung zu glauben, um hier eine Handschrift zu erkennen. Fanatiker wie Karl Lauterbach sind dabei das, was Lenin für den Kommunismus einst „nützliche Idioten“ nannte. Es sei dahingestellt, ob es dem Sozialdemokraten dabei um persönliche Vorteile wie den Karrieresprung oder materielle Pfründe geht – Hinweise auf eine frühere lukrative Lobby-Tätigkeit gibt es ja zur Genüge.

Erschreckend ist, dass jemand wie Lauterbach, dem ich nie im Leben einen Gebrauchtwagen abkaufen würde, zu einer Hoffnungsfigur hochgeschrieben wurde, selbst vom politischen Gegner – konkret CSU-Chef Markus Söder – mit ins Amt gehievt und dann für viele Menschen zu einem Hoffnungsträger wurde. Ja zeitweise sogar zum beliebtesten Politiker Deutschlands. Wie grundlegend muss eine Gesellschaft desorientiert, ja deformiert sein, dass sie solchen Gestalten auf den Leim geht. Ich würde sogar sagen: Sie muss stark entwurzelt und vom gesunden Menschenverstand entfremdet worden sein. Wie genau und warum das geschah, ist Thema für eine weit umfangreichere Analyse, als sie in diesem Wochenbriefing möglich ist. Aber ohne diese Prozesse zu erkennen und schonungslos zu analysieren, wird es nicht möglich sein, sie zu stoppen und dann auch umzukehren.

Ich beschreibe das auch so ausführlich, weil ich immer wieder Kommentare bekomme, in denen es heißt, man solle Lauterbach ignorieren. Das wäre fatal: Lauterbach ist nicht die Krankheit, er ist das Symptom. Und wer Symptome ignoriert, der kann nicht gegen ihre Ursachen vorgehen. Nicht Lauterbach und sein schräges Verhalten sind das Erschreckendste – es ist der Rückhalt, den er genossen hat in der Bevölkerung und zum Teil noch genießt. Gestalten wie er, so meine Überzeugung, hätten es in der alten Bundesrepublik nicht über eine Rolle als Statisten hinausgebracht. Ja, es gab auch damals zwielichtige Gestalten – aber die waren dann in der Regel schillernd und keine jämmerlichen Heulbojen und Panikmacher.

PürnerIn meinem Ostertext habe ich beschrieben, wie ich mir einen Ausweg aus der schrecklichen Situation mit einer völlig gespaltenen, ja mutwillig zerrissenen Gesellschaft vorstellen kann. Mein Wunsch mag derzeit allzu fromm und irreal wirken – doch wer nicht das Unmögliche anstrebt, wird auch nicht das Mögliche erreichen (nachlesen können Sie meinen Text hier). Ich hoffe, wir können uns auf einen gemeinsamen minimalen Osterwunsch einigen, dass wir viel – natürlich nicht alles – aus der alten Zeit zurück bräuchten. Und der gezielten, von oben, von den Ideologen betriebenen Entwurzelung, die bei der Familie anfängt und über Traditionen bis hin zu Lebensgewohnheiten reicht, Einhalt gebieten müssen. Feste wie Ostern sind ein solcher Traditionsanker, auch für die Familie. Darum sind sie so wichtig.

Und möchte Ihnen am Ende noch ein winziges eigenes Osterwunder berichten. Am Ostersamstag habe ich mir – hektisch wie ich leider allzu oft bin – beim Versuch, noch schnell auf einem Zebrastreifen vor einem Auto die Straße zu überqueren, den Fuß verstaucht. Ich knickte derart heftig um, dass sofort Passanten zur Hilfe kamen und erleichtert waren, dass ich wieder aufstehen konnte. Ich humpelte zur nächsten Apotheke, um mir ein Eis-Paket zur Kühlung zu holen (woran Sie sehen, dass es nicht das erste Mal war, dass mir so etwas passierte).

Der Knöchel schwoll stark an, ich hatte ein Elefanten-Bein. Ich beriet mich mit einer Ärztin, die ich über meine Seite kennengelernt habe und die inzwischen schon fast zur Familie gehört. Mein Vorsatz war – ich lasse mir Ostern nicht kaputt machen und das Leben (und vor allem das Bein) weiter laufen. Mit ärztlichem Segen biss ich die Zähne zusammen und lief weiter – genauer gesagt humpelte ich weiter. Die Quittung kam am Tag darauf, am Sonntag: Das Bein tat jetzt deutlich mehr weh als am Tag des Umknickens.

Das hatte mir die Ärztin auch vorhergesagt – verbunden mit dem Hinweis, dass dafür aber die Heilung schneller eintrete. Und prompt erlebte ich heute am Ostermontag mein kleines Osterwunder: Ich kann wieder fast normal gehen. Kaum noch Schmerzen. Und das, nachdem ich mich – aufgrund leidiger Erfahrung – mindestens auf eine Woche Humpelei eingestellt habe.

Verzeihen Sie mir, dass ich Sie mit einer Krankheitsgeschichte behellige – aber ich empfinde eine tiefe Demut und Dankbarkeit, dass ich so schnell genesen bin. Und es hat auch etwas Symbolträchtiges. Die Zähne zusammenbeißen, weitermachen statt zu klagen – und auf das zu vertrauen, was die einen Gott nennen und die anderen Schicksal. Meine Stoßgebete jedenfalls wurden erhört und das bewegt und freut mich sehr. An jedem anderen Tag hätte ich diese Geschichte für mich behalten. Aber an Ostern wollte ich sie mit Ihnen teilen.

Nochmals – ein frohes Osterfest! Und auf dass Ihre Leiden (und ehrlich – wer hat keine!) – so schnell verfliegen wie dieses Mal die meinen!

Ich sende Ihnen ganz herzlichen Dank und alle guten Wünsche

Ihr
Boris Reitschuster

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!
Bild: Shutterstock
Tex: br

Mehr zum Thema auf reitschuster.de

gesellschaft

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert