Weltweite Menschenrechtslage durch Corona massiv verschlechtert Jahresbericht von Amnesty International

Von Christian Euler

Die Coronakrise hat im vergangenen Jahr auf der ganzen Welt die Ungleichheit, Diskriminierung und Unterdrückung verstärkt, schreibt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International im 408 Seiten umfassenden Jahresbericht 2020/2021, der heute offiziell vorgestellt wurde.
„Die Pandemie hat die Mittelmäßigkeit und Verlogenheit, den Egoismus und den Betrug unter den Machthabenden dieser Welt verstärkt“, resümiert Amnesty-Generalsekretärin Agnès Callamard in ihrem Vorwort zu dem Bericht.

„Verschlimmert wurde dieses Phänomen durch eine rigide Sparpolitik, die die öffentliche Infrastruktur und die Gesundheitssysteme geschwächt hat, sowie durch eine in Form, Funktion und Führung kraftlose internationale Gesamtstruktur.“ Was sich viele Politiker ins Gebetsbuch schreiben könnten, ist eine Einschätzung von Callamard, für die ein „Querdenker“ hierzulande möglicherweise als Schwurbler verunglimpft würde: „Und alles wurde noch viel schlimmer, weil Regierende Druck ausübten, dämonisierten und ausgrenzten, archaische Konstrukte staatlicher Souveränität durchsetzten und sich gegenüber der Wirklichkeit, der Wissenschaft und universellen Normen ablehnend verhielten.“

„Rechtswidriges Verhalten der Polizei“

Ein Ergebnis, das auch hier aufhorchen lassen sollte: Die Krise sei von vielen Staaten missbraucht worden, um Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit weiter einzuschränken. Dazu zählt Amnesty auch zunehmende Restriktionen der Versammlungs- und Pressefreiheit. „Kritische Stimmen, die auf Missstände aufmerksam machten, wurden vielerorts gezielt verfolgt und unterdrückt“, so der Jahresbericht, der die Lage der Menschenrechte in 149 Ländern betrachtet.

Mit Blick auf Deutschland werden nicht zuletzt „rechte Aktivitäten“ bei der Polizei kritisiert. „Weder auf Landes- noch auf Bundesebene wurden unabhängige Beschwerdestellen eingerichtet, um diskriminierendes und rechtswidriges Verhalten der Polizei unabhängig zu untersuchen“, heißt es. Ein weiteres Manko: Ende vergangenen Jahres habe es in sechs Bundesländern keine individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizeikräfte gegeben. „Der deutsche Rechtsstaat weist ausgerechnet dort Lücken auf, wo es um Transparenz und Kontrolle der Polizei geht – wichtige internationale Menschenrechtsstandards werden hier nicht eingehalten“, kommentiert Amnesty-Rechtsexpertin Maria Scharlau.

Die Pandemie habe die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass die Welt derzeit unfähig ist, bei einem Ereignis mit globalen Auswirkungen effektiv und gerecht zusammenzuarbeiten. Als Beispiele führt sie den Impfnationalismus und Exportbeschränkungen in 90 Ländern für medizinisches Gerät, Schutzausrüstung, Arznei- und Nahrungsmittel an.

„Werden wir klug genug sein, um zu erkennen, was getan werden muss?“

„Zahlreiche Staaten missbrauchten die Gesundheitskrise, um weiter rechtsstaatliche Prinzipien aufzulösen und Rechte einzuschränken oder nahmen billigend den Tod von Menschen aus Risikogruppen oder dem Gesundheitssektor in Kauf“, moniert Markus Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.

Zum allzu selbstbezogenen Handeln vieler Staaten passt, dass Grenzschließungen Menschen ohne Grundversorgung stranden ließen. Viele sind laut Amnesty in Lagern ohne sanitäre Grundausstattung festgesetzt worden, oft fehlte sauberes Wasser. Ebenfalls brisant: In 42 von 149 untersuchten Ländern haben staatliche Stellen Gesundheitspersonal im Zusammenhang mit der Pandemie drangsaliert oder eingeschüchtert. Sogar zu Festnahmen sei es gekommen.

„Dies sind außergewöhnliche Zeiten“, schreibt Amnesty-Generalsekretärin Agnès Callamard. Und sie stellt Fragen, die den Polit-Protagonisten in Berlin gut zu Gesicht stehen würde: „Aber stellen wir uns dieser Herausforderung auch richtig? Werden wir klug genug sein, um zu erkennen, was getan werden muss – und mutig genug, um es zu tun?“ Ihre Antwort ist ebenso naheliegend wie offensichtlich unerfüllbar: „Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Antworten und verlangen nach außergewöhnlicher Führung.“

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!
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Dipl.-Volkswirt Christian Euler widmet sich seit 1998 intensiv dem Finanz- und Wirtschaftsjournalismus. Nach Stationen bei Börse Online in München und als Korrespondent beim „Focus“ in Frankfurt schreibt er seit 2006 als Investment Writer und freier Autor u.a. für die „Welt“-Gruppe, Cash und den Wiener Börsen-Kurier.
Bild: Shutterstock
Text: ce

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