Ist der Westen schuld? Mein aktuelles Wochenbriefing

„Das müssen Sie auf die Seite stellen, das müssen mehr Menschen lesen“ – da mich zu meinem aktuellen Wochenbriefing über den Krieg mehrere solcher Zuschriften erreichten, möchte ich das machen – und veröffentliche gleich im Anschluss auch noch einige Leserzuschriften dazu und eine Antwort von mir. Mein Wochenbriefing können Sie hier abonnieren – völlig kostenlos, unverbindlich und jederzeit abzubestellen.

Liebe Leserinnen und Leser,

vorab möchte ich mich bei Ihnen entschuldigen – weil ich mit den Wochenbriefings ins Hintertreffen geraten bin. Verzeihen Sie mir bitte die Pause – aber aktuell bin ich wie so viele in einer Ausnahmesituation. Sowohl was die Arbeitsbelastung angeht als auch die emotionale Belastung. Ich bin ebenso wie mit Russland, wo ich 16 Jahre lebte, mit der Ukraine und mit vielen Ukrainern eng verbunden. Kiew, Lemberg (Lviv), Czernowitz – das sind Städte, in denen ich mich immer zuhause gefühlt habe. Der Großvater meiner kleinen Tochter lebt in Winnyzi. Mehrere Bomben sind in seiner Umgebung eingeschlagen. Der Krieg ist für mich leider sehr, sehr nahe. Unerträglich nahe. Einerseits. Andererseits muss ich dankbar sein, weit weg vom Kriegsgeschehen in Sicherheit zu leben.

Was mir meine alten Freunde und neu angekommenen Flüchtlinge erzählen, bricht mir das Herz. Es sind Geschichten, die einfach unerträglich sind. Vor meinen Augen bekam eine Frau, die mit dem Auto aus Kiew geflüchtet ist, einen Anruf aus ihrer Heimat. Das Nachbarhaus wurde getroffen, ihres steht noch. Aber wie lange noch? Ihre siebenjährige Tochter ist traumatisiert, sie selbst spricht zum Teil immer noch nur stockend, kann kaum schlafen. Meine eigene Tochter macht sich Sorgen um ihren Opa in Winnyzi, traut sich aber nicht, davon viel zu erzählen. Sie will tapfer sein. In ihrer (russischen) Schule beschwerten sich schon andere Eltern, dass sie über Putin schimpfte.

Der Krieg geht mir nahe, er ist in der Familie angekommen, nichts ist mehr so wie vorher. Es geht mir nahe, wenn ich unter meinen Artikeln und Posts in den sozialen Medien immer wieder Rechtfertigungen für Putin und seinen Krieg lese. Die teilweise so weit gehen, dass geschrieben wird, Putin möge Deutschland befreien. Für mich ist damit eine Schmerzgrenze erreicht. Ich akzeptiere gerne andere Meinungen, ja bin dankbar dafür, dass es unterschiedliche Meinungen gibt. Die Verurteilung eines Angriffskrieges und von Kriegsverbrechen muss aber in meinen Augen ein Minimalkonsens sein. Ganz egal, von wem dieser Angriffskrieg ausgeht.

Sympathie für Täter

Leider wird in diesen Tagen in einem fort Unrecht mit anderem Unrecht aufgewogen. Dieser Relativismus hat für mich fast schon etwas Nihilistisches. Aus dieser Logik heraus könnte man spätestens seit Adolf Hitler jedes Verbrechen damit rechtfertigen, dass es schon Schlimmeres gegeben habe. Aber genauso, wie man in Deutschland bei Straftätern oft den Eindruck hat, gar nicht so wenige würden sich vor allem auf Mitgefühl mit den Tätern konzentrieren, weil sie es doch so schwer hatten etc., und dem Opfer gegenüber viel weniger Anteilnahme aufbringen, so scheint das bei einigen auch im aktuellen Krieg in der Ukraine zuzutreffen.

Man kann lange und trefflich darüber streiten, ob der Westen Russland schlecht behandelt hat. Meine persönliche Meinung: Ja. Und hätte er das nicht getan, hätten wir jetzt auch kaum diesen Krieg. Allerdings sehe ich die Fehler des Westens vor allem in der Jelzin-Zeit und viel weniger da, wo sie Putins Verteidiger üblicherweise sehen. Aber auch wenn der Westen – so oder so – mit zu der Entwicklung beigetragen hat, die jetzt Putin diesen schrecklichen Überfall hat beginnen lassen: Das nimmt ebenso wenig die Schuld von ihm wie es die Schuld von einem Vergewaltiger nimmt, wenn er von seinem Opfer oder deren Freunden zuvor schlecht behandelt wurde.

Sieht man sich die Kommentare unter meinen Artikeln und den Posts in den sozialen Netzwerken an, bekommt man fast den Eindruck, eine erdrückende Mehrheit meiner Leser und Abonnenten seien überzeugte Putinisten. Rund um die Uhr, wie auf Knopfdruck, kommen sofort unzählige Reaktionen, manchmal mit identischen sprachlichen Fehlermustern. Die direkten Reaktionen sind dagegen ganz andere: Viele nachdenkliche Leser, die – wie ich – das Vertrauen in die großen Medien verloren haben, danken ausdrücklich für meine Informationen, weil sie ihnen helfen, alles einzuordnen. Viele haben konkrete Frage, etwa zu den Berichten über Nazis in der Ukraine.

Rechtextremisten in der Ukraine

Ich habe gestern in einem ausführlichen Bericht versucht, dies einzuordnen – auch wenn es eigentlich eher Stoff für ein Buch als für einen Artikel böte (nachzulesen hier). Ja, die meisten westlichen Medien verschweigen das. Aber so falsch es wäre, jede Form von Rechtsextremismus (wie jeden Extremismus) zu verharmlosen, und noch weniger staatliche Zusammenarbeit mit diesen Kräften: Das Zerrbild von einer „faschistischen“ Ukraine hat mit der Realität nichts zu tun. Dann könnte man schon eher Berlin als linksextrem durchgehen lassen, als die Ukraine als rechtsextrem. Formen des politischen Extremismus sind leider in den postsowjetischen Ländern nach den epochalen Umwälzungen der 1990er Jahre sehr häufig. Auch in Russland. Auf manchen Treffen muss man sich als Deutscher dort anhören, es wäre besser gewesen, wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte. Aufmärsche von Rechtsextremen sind in Moskau keine Seltenheit, auch hier geduldet und teilweise sogar gefördert vom Staat. Es gibt eine regelrechte Stalin-Renaissance – ebenfalls gefördert vom Staat. Aber wie gesagt: Das Thema postsowjetische Gesellschaften und ihre Verwerfungen ist viel zu komplex für ein Wochenbriefing.

Meine Überzeugung ist: Genauso wenig, wie man Putin vorwerfen kann, dass er kein „lupenreiner Demokrat“ ist – wir werden wohl nie einen im Kreml erleben –, genauso wenig kann man an die Kiewer Regierung westliche Maßstäbe anlegen, was den Umgang mit rechtsextremen Splittergruppen angeht. Die Ukraine leidet wie die meisten postsowjetischen Gesellschaften unter massiven Verwerfungen. Sie ist weit von einer Musterdemokratie entfernt. Aber auch weit von der Despotie, die Putin in Russland errichtet hat. Es gibt freie Wahlen, es gibt friedliche Machtwechsel. Davon kann der einfache, arme Bürger „nicht runterbeißen“, wie man in der Ukraine sagt – also es zahlt sich nicht sofort in barer Münze aus. Aber es ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg weg von den Krebsübeln aus der kommunistischen Vergangenheit.

Sympathien für Putin

Ich frage mich immer wieder: Woher kommt die völlige Verachtung mancher Deutscher gegenüber der Ukraine und die große Sympathie für Putin? Erstere ist wohl vor allem auf Unwissen zurückzuführen. Die Antwort auf die zweite Frage ist komplizierter. Wegen des Vollversagens unserer Politik suchen viele Menschen händeringend nach Alternativen. Und der KGB-Mann Putin ist ein Meister im Täuschen – und hat es gut geschafft, sich als Alternative zu inszenieren. Deshalb verehren ihn Kommunisten ebenso wie stramm Konservative – was per se zeigt, dass es sich hier um Illusionen handeln muss. Das zerstörte Vertrauen in unsere Politik und Medien führt zudem dazu, dass viele – aus verständlichen Gründen – glauben, wenn diese eine Position einnehmen, müsse die andere richtig sein.

Zudem klingen viele der Argumente der Putin-Verteidiger auf den ersten Blick logisch. Ganz ehrlich: Würde ich das System Putin nicht seit 20 Jahren aus nächster Nähe kennen, wäre es durchaus möglich, dass ich auch versuchen würde, es mir schön zu denken. Zu glauben, er würde hier einfach schlecht geschrieben. Gebasht. Denn wer, der nicht Russisch kann und auch nicht oft in Russland war, hat schon eine Vorstellung davon, wie dort seit 20 Jahren alles auf einen großen Krieg ausgerichtet ist, wie schon Kinder auf Krieg getrimmt werden, wie Revanche für den Zweiten Weltkrieg, die vermeintliche „Erniedrigung und Beleidigung“ Moskaus und die Wiederherstellung Russlands in alter Größe zu den zentralen Themen wurden. Selbst die Rückeroberung Alaskas wird regelmäßig besungen. Ich habe in meinem Buch „Putins Demokratur“ (siehe hier) schon 2006 die aktuelle Entwicklung vorausgesagt. Sie war vor Ort abzusehen. Das Buch wird von den deutschen Medien totgeschwiegen. Warum wohl? All die Auswüchse von Militarismus, Imperialismus und Mafia-Herrschaft, die von mir ausführlich beschriebenen Parallelen zum faschistischen Italien unter Mussolini, über all das wurde hierzulande in den großen Medien kaum oder nur mit angezogener Handbremse berichtet – weil das Regierungs-Narrativ war, Putin sei zwar kein lupenreiner Demokrat, aber man könne Partner sein.

Ja, die Medien haben uns über Putin in die Irre geführt. Aber nicht durch „Bashing“. Sondern durch Verharmlosung. Merkel wirkt rückwirkend wie eine Handlangerin Putins in Berlin. Worte und Taten gingen diametral auseinander. Sie hat uns abhängig gemacht von Russland. Immer wieder erlebte ich auf meinen Vorträgen, wenn ich die russische Propaganda im Original vorführte mit deutscher Übersetzung, dass die Menschen danach entsetzt waren und meinten, davon hätten sie aus der deutschen Berichterstattung keinen blassen Schimmer (hier, hier, hier und hier finden Sie solche Videos, die ich bei meinen Vorträgen zeigte). Ja, auch unsere Medien betreiben Propaganda. Ich kritisierte sie dafür ausgiebig. Aber so eine Kriegstreiberei ist mir bei uns noch nie vor die Augen gekommen. Und sie ist durch nichts zu rechtfertigen. Aber sie ist der Kern des Systems Putin. Ich bin zutiefst überzeugt: Der Zynismus, die Verlogenheit und die Aggressivität dieses Systems kann man sich, wenn man kein Russisch kann, wenn man es nicht aus der Nähe erlebt hat, nur schwer vorstellen.

So sehr ich die Fehler unseres Systems erkenne und heftig verurteile, so sehr sich der Westen sein eigenes Grab schaufelt – in Moskau haben wir es noch einmal mit einer anderen Dimension zu tun. Das Totalitäre aus den 1930er Jahren, das in Russland nie aufgearbeitet wurde, ist wieder auferstanden. In neuer, moderner, getarnter Version. Der große russische Denker Alexander Herzen warnte einst vor einem „Dschingis Khan mit Telegraphenmast“. Es kam schlimmer, als Herzen es sich vorstellen konnte: Heute haben wir einen mit Internet und Atomwaffen. Ich habe in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny im Jahr 2000 mit eigenen Augen gesehen, wie Putin eine Stadt dem Erdboden gleichmachen ließ, mit welcher unfassbaren Brutalität, und wie schrecklich die Menschen – auch Russen selbst – litten (siehe hier). Jetzt in der Ukraine ist die gleiche Handschrift Putins zu erkennen. Anders als bestialisch kann ich sie leider nicht nennen. Selbst Putins eifrigste Unterstützer von der „Linken“ setzen sich jetzt ab. Fraktionschef Bartsch, stets ein Kreml-Freund, nennt Putin jetzt einen Kriegsverbrecher, Gysi rief die Russen zum Widerstand auf (siehe hier).

'Haltung' und Position

Ich könnte mich nicht mehr im Spiegel anschauen, würde ich – nur um ein anderes Narrativ zu bedienen als die großen Medien – die Gefahr, die von Putin ausgeht, verharmlosen, oder einfach dazu schweigen. Ich bin zwar für Journalismus ohne „Haltung“ – aber dieses Seitenmotto habe ich in Anführungszeichen gesetzt. Denn was uns ARD und ZDF als „Haltung“ verkaufen, ist eine linksgrünrosa Ideologie, die in vielem mit dem Sozialismus wesensverwandt ist. So wenig, wie ich Ihnen eine Ideologie vorsetzen will – ich habe keine –, so wenig kann ich gegen meine eigenen Überzeugungen anschreiben. Meinungsvielfalt entsteht nicht dadurch, dass ein Journalist in sich gegensätzliche Überzeugungen vereinigt. Das wäre im besten Fall kognitive Dissonanz, im schlimmsten Schizophrenie. Meinungsvielfalt besteht dann, wenn es unterschiedliche Medien gibt, in denen unterschiedliche Meinungen zu finden sind (anders ist es mit zwangsfinanzierten Medien, die müssen die Meinungsvielfalt auch intern abbilden).

Wer pluralistisch gesinnt ist, der kann mit abweichenden Meinungen nicht nur gut leben – der versteht, dass diese die Quintessenz von Demokratie und Meinungsvielfalt sind. Der schätzt nicht Journalisten, die ihm nach dem Mund reden – wie das Autokraten tun –, sondern der schätzt es, auch mit anderen Meinungen und Sichtweisen konfrontiert zu werden. Ich war überzeugt, dass die ganz, ganz große Mehrheit meiner Leser so tickt. Und ich freue mich riesig, dass die jetzige Situation dies bestätigt. Es gab zwar Kündigungen – aber die Gesamtzahl der Abonnenten von Newsletter und Wochenbriefing ist gestiegen. Auch Patenschaften wurden gekündigt. Aber die überwiegende Mehrzahl meiner Unterstützer bleibt mir treu. Mehr noch: Gerade erst erreichte mich ein bewegender Brief von einem Leser, der ankündigte, seine Patenschaft auszuweiten – weil er ein Zeichen setzen will. Wörtlich schrieb er: „Journalismus bedeutet für mich nicht, stets die eigene Meinung 1:1 abgebildet zu bekommen, sondern zum Nachdenken angeregt zu werden und dazu neue Informationen zu erhalten.“ Schöner hätte es kein Lehrbuch ausdrücken können.

Diesen Journalismus, der zum Nachdenken anregt, will ich Ihnen nach Kräften auch weiterhin bieten.

Bundespressekonferenz

Vor lauter Krieg hätte ich um ein Haar andere wichtige Dinge vergessen. Nach fast dreimonatiger Ruhe hat der Vorstand der Bundespressekonferenz jetzt meinen Widerspruch gegen den Ausschluss zurückgewiesen – mit einer fadenscheinigen Begründung (Details siehe hier). Der Ausschluss kam so rechtzeitig, dass ich kritische Fragen in Sachen Ukraine nicht mehr stellen kann. Etwa dazu, dass in meinen Augen die Regierung, zumindest die SPD, ein doppeltes Spiel spielt (siehe hier). Ich muss ganz ehrlich sagen: Menschlich ist es für mich eine Erleichterung, nicht mehr in der Bundespressekonferenz zu sein. Aber journalistisch ist es faktisch ein Berufsverbot. Und ein ungeheuerlicher Akt der Zensur und Willkür. Ich werde mich deshalb dagegen wehren und gegen den Ausschluss vor Gericht gehen. Auch wenn das Nerven und Geld kostet.

Facebook

Nerven und Geld kostet auch Facebook bzw. der Bertelsmann-Konzern, der für das Unternehmen als Zensor tätig ist. Kaum habe ich mich dank Anwalt erfolgreich gegen eine Sperrung gewehrt (siehe hier), kommt die nächste (siehe hier). Ich habe mein Profil mit mehr als 100.000 Abonnenten jetzt bis auf weiteres deaktiviert. Denn sonst glauben meine Leser wie bei der ersten Sperrung, ich würde mich einfach wegducken und schweigen. Ob ich auch gegen die neue Sperrung vorgehe, weiß ich noch nicht: Einerseits kann man solches Unrecht nicht hinnehmen. Allerdings hat der Konzern einfach finanziell den längeren Atem, wenn er es darauf anlegt.

Es tut mir sehr leid, dass dieses Wochenbriefing so wenig erfreulich ausfiel.

Für mich ist es dennoch erfreulich, so viele kritische Leser zu haben, die für echte Demokratie und Meinungspluralismus stehen. Und die ehrlichen Journalismus mögen, an dem sie sich auch einmal reiben können!

Nachtrag – einige Kommentare von Lesern auf diesen Beitrag:

Lieber Herr Reitschuster,

vielen Dank für die Worte und ihre Arbeit.

Wir verfolgen ihre Berichte – meist über Telegram – nun schon viele Monate (i.d.R. täglich) und tatsächlich haben wir aufgrund der Nähe zu ihren Aussagen und durch das Teilen Ihrer Artikel mehr als einen Freund verloren. Was ich in der Zeit gelernt habe ist, selber nachzulesen. Bei Ihnen und eben in anderen Kanälen.

Das ganze Thema Ukraine und Russland irritiert mich zutiefst. Ich weiß ehrlich nicht, wem ich glauben soll. Mein Vertrauen zu den alten Medien ist völlig dahin. Die fallen also per se raus. Ich kann denen einfach nichts mehr glauben und werde mich auch nie wieder in eine Informationsabhängigkeit von diesen Medien bringen.

Mir ist völlig klar, dass KEIN Krieg eine Rechtfertigung finden kann. Ich trenne zwischen Putin (sein Regime) und den Russen. Ich möchte auch nicht mit unserer Regierung gleichgesetzt werden. Das Töten von Menschen ist babarisch.

Nun (endlich) zu meiner Frage:

Wie ist aus ihrer Sicht der Machtwechsel in 2014 in der Ukraine abgelaufen und ist die Regierung dort demokratisch? Und, hat der Westen überhaupt die Möglichkeit, irgendwie zu reagieren?

Neben ihrem Kanal verfolge ich auch den Kanal von Dr. Daniele Ganser. Und ich bekomme Ihre beiden Darstellungen zur Vergangenheit nicht ganz zusammen. Ich frage mich auch, wie wir wirklich zur Findung von Frieden in der Ukraine beitragen können.

Viele Grüße und weiterhin viel Kraft!

Liebe Frau Licher-Stahlschmidt,

Was für ein toller Brief!

1000 Dank! Ich verstehe nur zu gut, was Sie bewegt. Auch bei mir ist das Vertrauen hinweg.

Ein großes Problem ist, dass so viele, die sich als Fachmänner von dem Gebiet fühlen, über das sie urteilen, keine Ahnung haben. Ich kann wenig zur USA sagen. Und halte mich da deshalb zurück. Andererseits fühlen sich sehr, sehr viele berufen, über Russland und die Ukraine zu sprechen – obwohl sie nicht mal die Sprache beherrschen, geschweige denn das Land gut kennen.

Ich war 2014 die ganze Zeit in Kiew. Ich kenne die Position von Herrn Ganser nicht, kann mir aber denken, es ist die Russische. Putin ist überzeugt, dass es ein Putsch war, den die Amerikaner bezahlt haben. Ich habe die Million Menschen selbst auf der Straße erlebt. Sie waren sauer wegen der Wahlfälschungen, wegen der Korruption, weil die Oligarchen Milliardäre waren und die Mehrheit bitterarm. Dass genauso wie Moskau auch Washington über Thinktanks etc. versuchte, Einfluss zu nehmen – klar. Aber kein Thinktank bringt eine Million auf die Straße, sonst hätte die USA das längst in Moskau gemacht.

An der Ukraine kann man viel kritisieren, das tue ich auch. Aber sie ist anders als Russland auf dem Weg zu einer Demokratie. Entscheidender Faktor: Gibt es friedliche Machtwechsel, können die Menschen eine Regierung abwählen? Nur wenn Regierende wissen, dass sie nicht ewig an der Macht sind, halten sie sich an Spielregeln. Genau das fehlt in Moskau, und genau das hat sich in der Ukraine entwickelt. Friedliche Machtwechsel. Das ist der erste Schritt weg von den Krebsübeln der Diktatur, die leider in allen postsowjetischen Staaten noch mehr oder weniger da sind (am wenigsten im Baltikum, das aber auch früher schon Demokratie kannte).

Sehr interessant auch dieser Beitrag: Das rechtsextreme Asow-Regiment und seine Rolle in Kiew – INNENANSICHTEN AUS DER UKRAINE

Was machen die Putin-Versteher? Sie greifen sich die – ohne Zweifel vorhandenen – Probleme in Kiew auf, verschweigen aber, dass diese genauso – und viele im Quadrat – in Moskau herrschen. Sie verschweigen, wie kriegslustig und menschenverachtend das Regime in Moskau ist (vielleicht wissen sie es ja auch gar nicht, mangels Sprachkenntnissen). Und wenn man Putin für einen ganz normalen Akteur im politischen Geschehen hält, weil man ihn im Original nicht versteht, die Realität in Russland nicht kennt, dann kommt man zu ganz anderen Schlüssen als jemand, der alles aus erster Hand kennt. Ich würde über die USA sicher genauso falsch urteilen, wenn ich es mir anmaßen würde, ein Urteil zu fällen.

Lieber Herr Reitschuster,

danke für diesen aufklärenden Brief. Es ist sehr wichtig von Ihrer Seite, die Sie mehr Einblick haben, eine Einschätzung der Ukraine/Putin-Situation zu hören.

Es tut mir leid, dass Sie persönlich von der Kriegssituation betroffen sind und Sie immer wieder als Journalist in Ihrer freien Berichterstattung und Einschätzung behindert werden.

Vielen Dank für Ihre Arbeit und alles Gute

Lieber Herr Reitschuster,

vielen Dank für dieses hochinformative Wochenbriefing zusammen mit den kriegstreibenden Videos des Kriegsschwerverbrechers Putin.
Nehmen Sie es bitte nicht zu tragisch, wenn es Leser und Leserinnen gibt, die in ihrem mangelnden Verständnis meinen, Putin verteidigen zu müssen, seien Sie vielmehr froh, wenn Sie diesen Ballast an unverfrorener Dummheit wieder los werden. Wahrscheinlich wird dieses Publikum erst jammernd aufwachen, wenn Putin seine Eroberungszüge nach dem Westen ausdehnt und diesen Mitbürgern ihre Villen in der Toskana wegnimmt oder mit Panzern ihre SUVs i Berlin zusammenfährt. Und was noch schlimmer ist, deren 15-jährige Töchter in Gruppen auf offener Straße grölend vergewaltigt – so wie ich das, Jahrgang 1941, noch beim Kriegsende an der uns überrollenden russischen Front miterleben musste. Dabei mussten nicht nur junge Mädels daran glauben, sondern auch alte Mütterchen, denen anschließend mit dem Bajonett die Gurgel durchgeschnitten wurde. Die Schattenseite der großmütigen und tiefen russischen Seele ist deren abgründige und erbarmungslose Brutalität.

Gut, dass Sie dies im putinfreundliche Westen fast unbekannte Geschehen in Tschetschenien beschrieben haben – Gnade Gott der Ukraine, sollten das russische Kriegsverbrechermilitär dort die Oberhand gewinnen! Man mag über die sicher noch nicht gelungene neue Gesellschaftsordnung der Ukraine denken wie es den Vorurteilen offenbar leicht fällt: vieles ist doch als die Reaktion auf die Verbrechen Stalins und seiner sowjetischen Nachfolgegesellschaft an den Ukrainern zuzurechnen: aus deren Untaten ist der Hass auf die russischen “Brüder” zu verstehen, sowie die unglaubliche Tapferkeit der Verteidigung ihrer Unabhängigkeit. Tröstlich ist dabei lediglich, dass man sich vor der Effizienz des russischen Militärs nicht zu fürchten braucht, lediglich vor deren Überzahl.

Bleiben Sie bei Ihrer menschlichen Haltung einer offenen, unideologischen Berichterstattung und Gott schütze Sie bei Ihrer Arbeit vor gefährlichen Fanatikern.

Herzlichst

Sehr geehrter Herr Reitschuster,

zu Weihnachten habe ich von meiner Frau alle ihre Bücher geschenkt bekommen. Ich bekomme tolle Einblicke in die russische Seele. Herzlichen Dank dafür. So kann ich ihre Berichte über Putin besser verstehen. Lassen sie sich von den vielen negativen Kommentaren nicht davon abbringen, weiter ihre Erfahrungen auf Reitschuster.de zu veröffentlichen. Da meine Frau in der XXX ihren Dienst als Berufssoldat leistet, erhalte ich auch tiefe Einblicke darüber, wie die Führung der Bundeswehr über das System Putin debattiert. Durch ihre Bücher und der aktuellen militärischen Situation erlaube ich mir zu behaupten, dass ihre Einblicke und Gedanken völlig auf den Punkt gebracht werden. Hierdurch wurde ich ein noch größerer Fan von Ihnen.

Es grüßt sie herzlichst

Sehr geehrter Herr Reitschuster,

dieser Brief von Ihnen hat mich vor einem schweren Irrtum und politischen Fehler bewahrt und rechtzeitig „geheilt“: ich war auf dem besten Wege ein „Putinversteher“ zu werden!

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie von Herzen Gottes guten Segen!

Guten Morgen lieber Boris!

Vorneweg: ich bin so frei und nehme die Anrede in „Du!“-Form.
Ich selbst bin 55 Jahre und habe in meinem Leben auch so manches erfahren müssen.

Nachdem ich aber deinen Bericht und deine Story zu Grosny aus 2001 gelesen habe, musste ich feststellen, dass was den Krieg in Ukraine anbelangt, dass mir ganz Angst und Bange wird.
Gefühlt sind für mich die Ansätze analog dem Kriegsgeschehen in Grosny, welche du ja geschildert hast (Putins Terror gegen Zivilisten in Grosny) bereits schon erkennbar.
Ich würde mich freuen, wenn du mich diesbezüglich beruhigen würdest und deiner Einschätzung nach es so nicht kommen wird.
Aber untern Strich müssen wir den Taten Putins einfach wahrnehmen und können nichts dagegen tun oder täusche ich mich da?

Was mich aber im Nachhinein erschüttert, ist die Tatsache, wie damals zu Grosny die Berichterstattung ausgelegt war und wie ich dadurch als normal denkender Mensch in die Irre geleitet wurde.
Sprich: die Russen als Befreier, Helden ….
Einfach erschreckend.

Eine persönliche Frage an dich: Wird die Welt irgendwann mal besser als wie es jetzt ist?
Wenn ja, da gib mir bitte einfach paar Inputs, damit ich wieder als Optimist die Zukunft betrachten kann.

Danke für Ihr inzwischen längst unverzichtbar gewordenes Wochenbriefing, das auch dieses Mal sehr aufschlusreich und wichtig ist für die eigenen Meinungsbildung. Da ich Ihr Buch schon vor vielen Jahren gelesen und auch jetzt wieder zur Hand genommen habe, fühle ich mich viel besser informiert. Dieser Krieg ist durch nichts zu rechtfertigen, das war sehr vielen Menschen, zumindest den um Meinungsfindung bemühten, doch wohl von Anfang an klar. Wir können nur hoffen, dass die Situation nicht noch weiter eskaliert, und da kommt es eben auch auf die Politik an, da habe ich allerdings, was unser Personal so angeht, meimne Zweifel. Halten Sie durch, bewahren Sie Nerven und bleiben Sie uns allen, Ihren treuen Anhängern, gewogen!

Lieber Herr Reitschuster,

ich sehe den „Krieg“ in der Ukraine als einen Befreiungskrieg Putins, der die ukrainische Bevölkerung von 8 Jahren Zivilkrieg befreit. Diese Neonazis sind doch diejenigen, die Schulen und Kindergärten, und auch Familien zerstören. Sie nehmen sogar kleine Jungens in ihre Kampfwut mit hinein! Ich glaube nicht, daß Putin auch nur 1 Zivilisten in Absicht tötet. Er zielt genau auf Militärbasen, und auf die Biowaffenlabore. Doch diese Asow-Satanisten verstecken sich in der Zivilbevölkerung, weil sie wissen, daß die Russen anständig kämpfen und nicht dem Volk schaden wollen.

Mit lieben Grüßen

Leider haben Sie Ihr Fein-Gespür bei dem Russland-Angriff abgeschaltet und berichten unfair.

Krieg ist niemals zu befürworten, da sind wir uns einig. Wenn aber der Krieg da ist, muss die Frage gestellt werden, warum.
Selbst bei dem kleinsten Konflikt zwischen zwei kleinen Kindern fragt man als erwachsener Mensch, warum der Streit entstanden ist und wer ihn verursacht hat. Um es dann dem entsprechend zu schlichten und den Frieden wieder herzustellen.

Der Russland-Ukraine-Krieg hat nicht am 24.02.2022 angefangen, sondern spätestens schon in 2014, mit dem Maidan-Putsch. Eigentlich durch die NATO-Osterweiterung auch schon viel früher.

Russland hat mit viel Geduld sich die militärische Einkreisung lange anschauen müssen und musste sich verteidigen, nachdem die US-geführte Aggression die “Rote Linie“ überschritten hat.

Es geht hier nicht um “Putinismus“. Es geht um die Existenz des russischen Volkes, bzw. des russischen Staates. Dabei ist es gleichgültig, wer die souveräne Existenz verteidigt.

Lieber Boris Reitschuster,

Ich danke Ihnen und Ihrem Team von Herzen für den Mut, sich den Dingen immer wieder auszusetzen. Auszuhalten, dass Sie mundtot gemacht werden sollen, auszuhalten, was jetzt ganz nahe zu Ihnen gekommen ist und immer wieder auszuhalten, dass Sie Dinge sehr genau wissen, aus eigener Erfahrung- und sich jahrelang ansehen zu müssen, wie alle Warnungen ignoriert werden.
Ich lebe in Mecklenburg und in Berlin, es ist kaum zu ertragen, wie es Freundeskreise sprengt- sowohl das Thema Corona wie jetzt dieser entsetzliche Krieg.

Die allermeisten Menschen hier in XXX sehen aber sehr klar, was Putin angeht.
Bitte passen Sie gut auf sich auf, Sie sind wichtig für viele Menschen.

Lieber Boris Reitschuster,

herzlichen Dank für den o.g. Artikel!! Ich bin eine Corona-Massnahmen-Gegnerin, die ganz verzweifelt ist, weil sich so viele der Massnahmen-Gegner gegen die Ukraine stellen und auf die Seite von Putin – das finde ich ganz schrecklich. Und es wird den Massnahmen Gegnern einen ganz unguten Namen geben i.d. Gesellschaft, als Putin-Versteher sozusagen. So traurig.

Viele Gruesse

Herr Reitschuster, der Grund für die Putin- Verehrung hierzulande ist Angst. Während die Angst vor Russland in Osteuropa zu Abwehr, Widerstand und Protest führt, führt sie bei uns zu Unterwerfung. Das liegt an den schwer traumatischen Kriegserlebnissen der sowjetischen Verbrechen 1945, über die nicht nur in der DDR unter schwerster Strafandrohung nicht gesprochen werden durfte, sondern über die bis heute nicht gesprochen wird, denn wer über Verbrechen an Deutschen redet, wird in der psychologisch verbogenen Nachkriegsgesellschaft reflexartig und unerbittlich angegriffen.

Die russische Propaganda benutzt ganz bewusst diese Angst; sie basiert darauf. Deswegen die andauernden Drohungen mit Atomwaffen Richtung Westen. Nur vor diesem Hintergrund wirkt diese extrem verlogene, sich selbst widersprechende, abstoßend aggressive Propaganda überhaupt.

Am 9. Mai schickt Putin seine Nachtwölfe und Militärorchester in Sowjet-Uniformen und mit Sowjet-Flaggen nach Berlin. Diese für uns demütigenden, einschüchternden Gesten verwenden die Russen ganz bewusst. Putin hat die russische Identität auf dem Sieg im Zweiten Weltkrieg aufgebaut, er gilt als Höhepunkt der russischen Zivilisation. In der russischen Führung hat man ganz starke Siegermacht-Allüren.

Nehmen Sie kein Blatt vor den Mund. Beschreiben Sie schonungslos und drastisch die Abgründe dieses russischen Systems. Immer wieder. Ich beschäftige mich seit über 15 Jahren mit Russland, war oft und lange dort und trotzdem überraschen mich immer wieder Seiten der Russen, die mir verborgen waren. Wie sollen da seelisch verflachte, spießbürgerliche Westler Russland verstehen?

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Bild: Shutterstock
Text: br

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